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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Ich rannte in die Richtung, in die sie verschwunden war, und versuchte, ihr zu folgen, erwischte sie jedoch nicht mehr.
    Als ich wieder zu Hause war, rief ich Regan an und berichtete, was geschehen war. Schon beim Erzählen kam es mir lächerlich vor. Eine Frau hatte vor meinem Haus gestanden. Na und? Auch Regan wirkte schwer unbeeindruckt. Ich redete mir ein, dass es nicht weiter wichtig gewesen sei, nur eine neugierige Nachbarin. Dann legte ich mich ins Bett, schaltete den Fernseher ein und schloss schließlich die Augen.
    Doch die Nacht war noch nicht zu Ende.
    Um vier Uhr morgens klingelte mein Telefon. Ich befand mich in jenem Zustand, den ich jetzt Schlaf nenne. Echte Tiefschlafphasen erreiche ich gar nicht mehr. Ich liege mit geschlossenen Augen im Bett. Die Nächte vergehen ebenso langsam wie die Tage. Beide sind nur durch einen hauchdünnen Schleier voneinander getrennt. Meinem Körper gelingt es, nachts zu ruhen, aber mein Kopf weigert sich abzuschalten.
    Mit geschlossenen Augen ging ich im Kopf zum tausendsten Mal den Morgen des Überfalls durch und hoffte, irgendwelche neuen Erinnerungsfetzen herauszukitzeln. Ich fing mit meinem gegenwärtigen Aufenthaltsort an: dem Schlafzimmer. Ich erinnerte mich an das Klingeln des Weckers. Ich war mit Lenny zum Racquetball verabredet. Wir spielten seit ungefähr einem Jahr jeden Mittwoch, und inzwischen war unser Niveau von jämmerlich auf leichte Reha-Übung gestiegen. Monica war bereits aufgestanden und duschte. Ich hatte um elf einen Operationstermin in der Klinik. Ich stand auf, ging zu Tara ins Zimmer und sah sie an.
Dann ging ich zurück ins Schlafzimmer. Monica war fertig mit dem Duschen und zog sich gerade ihre Jeans an. Ich ging, noch im Pyjama, nach unten in die Küche, öffnete den Schrank neben dem Westinghouse-Kühlschrank, entschied mich für den MüsliRiegel mit Himbeeren, nicht für den mit Blaubeeren (diese Einzelheit hatte ich Regan vor kurzem mitgeteilt, als spiele das irgendeine Rolle), und beugte mich beim Essen über die Spüle …
    Peng, das war’s. Nichts, bis ich im Krankenhaus wieder aufgewacht war.
    Das Telefon klingelte zum zweiten Mal. Ich öffnete die Augen.
    Ich tastete nach dem Telefon, nahm den Hörer ab und meldete mich: »Hallo?«
    »Detective Regan hier. Ich bin zusammen mit Agent Tickner auf dem Weg zu Ihnen. Wir sind in zwei Minuten da.«
    Ich schluckte. »Was ist passiert?«
    »Zwei Minuten.«
    Er legte auf.
    Ich erhob mich und sah aus dem Fenster. Fast rechnete ich damit, die Frau dort zu erblicken. Doch da war niemand. Ich zog die zerknitterte Jeans vom Vortag und ein altes Sweatshirt über, ging die Treppe hinunter, öffnete die Haustür und spähte hinaus. Ein Polizeiwagen bog um die Ecke. Regan fuhr. Tickner saß auf dem Beifahrersitz. Ich glaube nicht, dass ich sie je zuvor gemeinsam in einem Wagen gesehen hatte.
    Mir war klar, dass das nichts Gutes bedeuten konnte.
    Die beiden Männer stiegen aus. Übelkeit überfiel mich. Seit der misslungenen Lösegeldübergabe hatte ich mich auf diesen Besuch vorbereitet. Ich hatte mich sogar dabei erwischt, wie ich ihn im Kopf durchspielte — wie sie mir den endgültigen K.-o.-Schlag versetzen würden und ich darauf nicken, ihnen danken und mich entschuldigen würde. Ich hatte meine Reaktion einstudiert. Ich wusste genau, wie alles ablaufen würde.

    Jetzt jedoch, als ich sah, wie Regan und Tickner auf mich zukamen, versagten sämtliche Schutzmechanismen. Panik erfasste mich. Ich fing an zu zittern. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten. Meine Knie gaben nach, und ich musste mich am Türrahmen festhalten. Die beiden Männer gingen im Gleichschritt. Das erinnerte mich an eine Szene aus einem alten Kriegsfilm, in der zwei Offiziere mit ernsten Gesichtern auf das Haus der Mutter zugehen. Ich schüttelte den Kopf und versuchte, solche Gedanken zu vertreiben.
    Als ich die Tür öffnete, schoben sich die beiden Männer an mir vorbei ins Haus.
    »Wir müssen Ihnen was zeigen«, sagte Regan.
    Ich drehte mich um und folgte ihnen. Regan schaltete eine Lampe an, die das Zimmer jedoch nur schwach erhellte. Tickner setzte sich auf die Couch. Er öffnete seinen Laptop. Der Bildschirm wurde hell und tauchte den FBI-Agenten in LCD-blaues Licht.
    »Wir haben eine Spur«, verkündete Regan.
    Ich trat näher.
    »Sie erinnern sich doch, dass Ihr Schwiegervater uns eine Liste mit den Seriennummern der Scheine aus dem Lösegeld gegeben hat?«
    »Ja.«
    »Einer dieser Scheine ist gestern Nachmittag

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