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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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verlassen noch
Zia hier allein mit der Organisation sitzen lassen — und mich auch nicht einfach so von den Geistern der Vergangenheit trennen. Irgendwo auf der Strecke zwischen meinen Lippen und ihren Ohren zerfiel das Gefühl zu Staub.
    Rachel drehte sich um und ging. Sie verabschiedete sich kein zweites Mal. Ich sah zu, wie sie den Einkaufswagen zur Tür schob. Sah, wie die Tür mit einem elektrischen Grunzen aufschwang. Sah, wie Rachel, die Liebe meines Lebens, wieder verschwand, ohne einen Blick hinter sich zu werfen. Ich blieb stehen. Ich lief ihr nicht nach. Ich spürte, wie mein Herz in tausend Stücke zersprang, aber ich tat nichts, um sie aufzuhalten.
    Vielleicht hatte ich doch nichts dazugelernt.

10
    Ich trank.
    Ich bin kein großer Trinker — früher war Marihuana die Droge meiner Wahl –, aber ich hatte im Schrank über der Spüle eine alte Flasche Gin entdeckt. Im Kühlschrank war noch Tonic Water. Der Gefrierschrank hatte eine automatische Eiswürfelmaschine. Den Rest können Sie sich selbst ausrechnen.
    Ich wohne noch immer im alten Levinsky-Haus. Es ist zwar viel zu groß für mich, doch ich habe es nicht übers Herz gebracht, es zu verkaufen. Es kommt mir vor wie ein Portal, eine Verbindung (wenn auch eine sehr zerbrechliche) zu meiner Tochter. Ja, ich weiß, wie sich das anhört, aber wenn ich es jetzt verkaufe, würde ich diese Tür endgültig zuschlagen. Das kann ich nicht.
    Zia wollte bei mir bleiben, aber ich redete es ihr aus. Sie drängte mich nicht. Ich dachte an die Schnulze von Dan Fogelberg (nicht Dan Irgendwer), in dem das alte Liebespaar sich unterhält, bis ihre Zungen müde werden. Ich dachte an die Szene in
Casablanca , in der Bogart die Götter fragt, wer Ingrid Bergman ausgerechnet in seine Kaschemme geführt hatte. Bogie trinkt, als sie geht. Es scheint ihm zu helfen. Vielleicht würde es mir auch helfen.
    Dass Rachel mir immer noch so zusetzte, kotzte mich an. Eigentlich war das kindisch und albern. Rachel und ich hatten uns in den Ferien zwischen meinem zweiten und dritten Jahr auf dem College kennen gelernt. Sie stammte aus Middlebury, Vermont, und war angeblich eine entfernte Cousine von Cheryl, wobei allerdings niemand das genaue Verwandtschaftsverhältnis zurückverfolgen konnte. In jenem Sommer — dem Sommer aller Sommer — wohnte Rachel bei Cheryls Familie, weil Rachels Eltern mit ihrer wahrlich unschönen Scheidung beschäftigt waren. Wir wurden einander vorgestellt, und es dauerte wie gesagt ein paar Tage, bis ich vor den Bus lief. Doch vielleicht machte das die Wirkung noch nachhaltiger.
    Wir begannen, miteinander auszugehen. Oft zusammen mit Lenny und Cheryl. Jedes Wochenende waren wir in Lennys Sommerhaus am Meer. Es war wirklich ein fantastischer Sommer, einer von denen, die jeder im Leben mindestens einmal erleben sollte.
    Wenn dies ein Film wäre, würde jetzt die Musik für die schnelle Rückblende einsetzen. Ich ging auf die Tufts University, während Rachel gerade am Boston College anfing. In der ersten Szene dieser Rückblende säßen wir wahrscheinlich in einem Boot auf dem Charles River, ich an den Rudern, Rachel mit einem Sonnenschirm und einem anfangs zaghaften, dann etwas spöttischen Lächeln auf den Lippen. Erst würde sie mich, dann ich sie mit Wasser bespritzen, und schließlich würde das Boot kentern. Das ist nie passiert, aber sie wissen schon, was ich meine. Als Zweites käme vielleicht ein Picknick auf dem Campus, ein Bild beim Lernen in der Bibliothek, unsere ineinander verschlungenen Körper
nebeneinander auf einer Couch, wobei ich Rachel wie hypnotisiert anglotze, während sie, die Brille auf der Nase, in ihrem Lehrbuch liest und sich abwesend die Haare hinters Ohr schiebt. Wahrscheinlich würde die Montage mit zwei rangelnden Körpern unter einem weißen Satinlaken enden, obwohl kein Student der Welt Satinbettwäsche benutzt.
    Aber ich versuche, Ihnen die Situation in kinematographischen Bildern näher zu bringen.
    Ich war verliebt.
    Einmal waren wir in den Weihnachtsferien im Altersheim bei Rachels Großmutter, einer Jüdin alter Schule. Die alte Frau nahm unsere beiden Hände und verkündete, wir wären beschert , was auf Jiddisch hieß, dass wir füreinander bestimmt waren.
    Was also war geschehen?
    Das Ende war banal. Wir waren wohl noch ziemlich jung. Während meines letzten College-Jahres entschloss sich Rachel, ein Semester in Florenz zu verbringen. Ich war einundzwanzig. Ich war sauer, und als sie weg war, schlief ich mit einer

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