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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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stimmt’s?«
    »Er hatte sogar daran gedacht, sich anzuschnallen.«
    »Aber seinen Sohn nicht.«
    »Das war zu kompliziert. Wo er doch so erschöpft war, vom vielen Gläserstemmen.«
    Zia und ich stammen aus sehr unterschiedlichen familiären Verhältnissen. Wie in dem alten Song Brother Louie aus den Siebzigern. Zia ist schwarz wie die Nacht, während ich weißer als weiß bin (Zia hat meinen Hautton einmal als Fischbauch unter Wasser beschrieben). Ich wurde im Beth Israel Hospital in Newark geboren und bin auf den Vorstadtstraßen von Kasselton in New Jersey groß geworden. Zia ist in einer Lehmhütte in einem Dorf in der Nähe von Port-au-Prince in Haiti zur Welt gekommen. Irgendwann während der Herrschaft Papa Docs gerieten ihre Eltern in politische Gefangenschaft. Nähere Einzelheiten weiß niemand. Ihr Vater wurde hingerichtet. Ihre Mutter wurde während der Gefangenschaft schwer misshandelt. Sie nahm ihre Tochter und floh auf einem Gefährt, das man nur mit sehr viel gutem Willen als Floß bezeichnen konnte. Drei Mitreisende starben unterwegs.
Zia und ihre Mutter überlebten. Sie gelangten bis in die Bronx, wo sie im Keller eines Schönheitssalons unterkamen. Tagsüber fegten sie schweigend Haare zusammen. Man konnte ihnen nicht entkommen, meinte Zia. Die Haare hingen in der Kleidung, auf der Haut, selbst in der Lunge. Sie hatte immer das Gefühl, ein Haar im Mund zu haben und es nicht loswerden zu können. Bis zum heutigen Tag spielt Zia mit den Fingern an ihrer Zunge herum, wenn sie nervös wird, als wollte sie eine Erinnerung an ihre Vergangenheit entfernen.
    Nach der Operation sackten Zia und ich auf eine Bank. Zia öffnete die oberen Schnüre ihres Mundschutzes und klappte ihn herunter.
    »Kinderspiel«, sagte sie.
    »Amen«, bestätigte ich. »Wie war deine Verabredung gestern Abend?«
    »Ein totaler Lutscher«, sagte sie. »Und das meine ich nicht wörtlich.«
    »Tut mir Leid.«
    »Die Männer taugen nichts.«
    »Wem sagst du das.«
    »Langsam bin ich so verzweifelt«, sagte sie, »dass ich darüber nachdenke, ob ich nicht noch mal mit dir ins Bett gehen soll.«
    »Mein Herz!«, stieß ich hervor. »Hast du denn überhaupt kein Niveau, Weib?«
    Ihr Lächeln blendete fast, die strahlend weißen Zähne im Kontrast zu der dunklen Haut. Sie war eins achtzig groß, hatte geschmeidige Muskeln und so hohe und spitze Wangenknochen, dass man fürchtete, sie könnten die Haut durchstoßen. »Wann verabredest du dich mal wieder?«, fragte sie.
    »Tu ich doch.«
    »Ich meinte mit Frauen, und oft genug, dass die Möglichkeit einer sexuellen Begegnung besteht.«

    »Nicht alle Frauen sind so leicht rumzukriegen wie du, Zia.«
    »Schade«, sagte sie und versetzte mir einen spielerischen Fausthieb auf den Arm.
    Zia und ich hatten einmal miteinander geschlafen — und wir waren beide sicher, dass es bei diesem einen Mal bleiben würde. So hatten wir uns damals kennen gelernt. In meinem ersten Jahr an der Uni. Ja, es war ein One-Night-Stand gewesen. Ich habe einige One-Night-Stands hinter mir, aber nur zwei sind mir im Gedächtnis geblieben. Der erste endete in einer Katastrophe. Aus dem zweiten — dem eben erwähnten — entstand eine Beziehung, die ich immer in Ehren halten werde.
    Es war acht Uhr abends, als wir endlich unsere Kittel ablegen konnten. Wir fuhren mit Zias BMW Mini zum Stop-n-Shop an der Northwood Avenue und kauften ein paar Lebensmittel. Zia plapperte ununterbrochen, während wir den Einkaufswagen die Gänge entlangschoben. Ich hörte Zia gern reden. Es gab mir Energie. An der Fleischtheke zog sie eine Nummer. Sie betrachtete die Tafel mit den Sonderangeboten und runzelte die Stirn.
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Boar’s Head -Schinken ist im Angebot.«
    »Was ist damit?«
    »Boar’s Head«, wiederholte sie. »Keilerkopf. Welches Werbegenie hat sich denn den Namen ausgedacht? Hey, ich hab ’ne Idee. Benennen wir unseren besten Aufschnitt doch nach dem abscheulichsten Tier, das uns einfällt. Nein, Moment, nach seinem Schädel. «
    »Den kaufst du doch immer«, sagte ich.
    Sie überlegte. »Ja, auch wieder wahr.«
    Wir stellten uns in die Kassenschlange. Zia legte ihre Sachen vorne aufs Band. Ich legte den Trennstab aufs Band und meine Sachen dahinter. Die füllige Kassiererin tippte ihre Lebensmittel ein.
    »Hast du Hunger?«, fragte sie.

    Ich zuckte die Achseln. »Ein bisschen Pizza bei Garbo’s würd’ ich schon vertragen.«
    »Dann fahren wir doch hin.« Zias Blick schweifte über meine

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