Keine zweite Chance
denen gewollt?
Ich griff nach dem Telefon und wählte die 800er Nummer von MVD. Ich erreichte einen Anrufbeantworter — was mich um diese Zeit nicht sonderlich überraschte –, der mir mitteilte, dass sie sich über meinen Anruf freuten und dass das Büro um neun Uhr morgens öffnete. Okay, dann würde ich morgen wieder anrufen.
Ich legte auf und drückte die Eject-Taste des CD-Laufwerks. Die CD glitt heraus. Ich nahm sie behutsam heraus und untersuchte sie auf — ich weiß nicht, irgendwelche Hinweise, nehme ich an. Es war nichts zu finden. Mal überlegen. Offensichtlich hatte Monica
MVD den Auftrag gegeben, irgendetwas für sie herauszufinden, und diese CD enthielt das Ergebnis ihrer Ermittlungen.
Eine nicht gerade brillante Schlussfolgerung, aber immerhin ein Anfang.
Also noch einmal ganz von vorn. Tatsache war, dass ich keine Ahnung hatte, was Monica herausbekommen wollte, warum sie diese Ermittlung in Auftrag gegeben hatte, oder sonst irgendetwas. Falls meine Vermutung jedoch zutraf, falls das wirklich Monicas CD war, falls sie, warum auch immer, einen Privatdetektiv angeheuert hatte, dann musste sie MVD für diese Tätigkeit bezahlt haben.
Ich nickte. Schon besser.
Aber — und gleich wurde es kompliziert — die Polizisten hatten unsere Konten und sonstigen finanziellen Transaktionen gründlich durchkämmt. Sie hatten jede Überweisung, jede Kreditkartenabbuchung, jeden Scheck und jede Abhebung am Geldautomaten überprüft. Hatten sie eine für MVD gesehen? Wenn ja, dann hatten sie sich entschlossen, mir nichts davon zu sagen. Natürlich hatte ich auch nicht nur im stillen Kämmerlein gesessen und Däumchen gedreht. Meine Tochter war verschwunden.
Auch ich war sämtliche Konten und finanziellen Transaktionen durchgegangen. Ich hatte weder eine Überweisung an ein Detektivbüro noch irgendwelche außergewöhnlichen Abhebungen entdeckt.
Was bedeutete das?
Vielleicht war die CD alt.
Das wäre möglich. Ich glaubte nicht, dass jemand Kontobewegungen überprüft hatte, die mehr als sechs Monate vor dem Überfall stattgefunden hatten.
Vielleicht lag ihre Geschäftsverbindung zu Most Valuable Detection schon länger zurück. Vielleicht sollte ich mir die alten Auszüge vornehmen.
Aber das konnte ich mir nicht vorstellen.
Die CD war nicht alt. Ich war mir ziemlich sicher. Und es tat auch nicht viel zur Sache. Wenn ich es recht bedachte, spielte das auch keine Rolle. Ob es kurz vor ihrem Tod oder schon länger her war, die Frage lautete: Warum hatte Monica einen Privatdetektiv beauftragt? Welche Informationen waren auf der verdammten CD durch ein Passwort geschützt? Warum hatte sie sie an diesem gruseligen Platz im Keller versteckt? Und was hatte Dina Levinsky damit zu tun? Und vor allem: Gab es irgendeine Verbindung zu dem Überfall — oder war das alles nur Wunschdenken meinerseits?
Ich sah aus dem Fenster. Die Straße war still und leer. Die Vorstadt schlief. Heute Nacht würde ich keine Antworten mehr bekommen. Morgen früh würde ich meinen Vater zu unserem wöchentlichen Spaziergang abholen und dann bei MVD anrufen, und vielleicht sogar bei Regan.
Ich legte mich ins Bett und wartete auf den Schlaf.
Um halb fünf klingelte das Telefon neben Edgar Portmans Bett. Edgar schoss aus einem Traum hoch und griff nach dem Hörer.
»Was?«, blaffte er.
»Sie haben gesagt, ich soll anrufen, sobald ich das Ergebnis habe.«
Edgar rieb sich über das Gesicht. »Und?«
»Jetzt habe ich es.«
»Ja?«
»Sie stimmen überein.«
Edgar schloss die Augen. »Wie sicher ist das?«
»Es ist ein vorläufiges Ergebnis. Beweiskräftig ist es noch nicht. Dafür bräuchte ich noch ein paar Wochen. Aber das ist eigentlich reine Formsache.«
Edgar konnte nicht aufhören zu zittern. Er bedankte sich, legte den Hörer wieder auf die Gabel und fing an, sich vorzubereiten.
13
Am nächsten Morgen verließ ich um sechs das Haus und bog um die nächste Ecke. Mit dem Schlüssel, den ich seit meiner College-Zeit habe, schloss ich die Tür auf und betrat mein Elternhaus.
Das Haus hatte im Lauf der Jahre gelitten, wäre allerdings auch vorher nicht in House and Garden abgebildet worden (außer vielleicht als Vorher -Foto). Vor vier Jahren hatten wir den Teppichboden erneuert — der blau-weiß gefleckte Plüschteppichboden war so ausgebleicht und fadenscheinig gewesen, dass man ihn kaum noch zu entfernen brauchte. Wir hatten uns für grauen Nadelfilz entschieden, auf dem sich der Rollstuhl meines Vaters leicht schieben
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