Keine zweite Chance
in die Tasche.
»Dauert das noch lange?«, wollte Dorfman wissen. »Ich habe noch was vor.«
Tickner würdigte ihn keiner Antwort. Er stand auf und hielt das Telefon ans Ohr. »Tickner.«
»Hier ist Agent O’Malley«, sagte der junge Bursche.
»Haben Sie etwas gefunden?«
»Oh ja.«
»Ich höre.«
»Wir haben die Telefonate der letzten drei Jahre überprüft. Bis gestern hat Seidman – zumindest von seinem Haus und seinem Büro aus – nicht bei ihr angerufen.«
»Kommt jetzt noch ein Aber? «
»Das kommt. Aber Rachel Mills hat ihn angerufen – einmal.«
»Wann?«
»Vor zwei Jahren im Juni.«
Tickner überschlug es kurz. Das wäre etwa drei Monate vor dem Überfall gewesen. »Noch was?«
»Ein ziemlicher Hammer, glaube ich. Ich habe einem Agenten den Auftrag gegeben, Rachels Wohnung in Falls Church zu durchsuchen. Er ist noch dabei, aber raten Sie mal, was er in der Nachttischschublade gefunden hat?«
»Sind wir hier in einer Quizshow, O’Ryan?«
»O’Malley.«
Tickner rieb sich die Nasenwurzel. »Was hat der Agent gefunden?«
»Ein Foto vom Schulabschlussball.«
»Was?«
»Also, wir wissen nicht, ob es wirklich vom Schulabschlussball ist. Auf jeden Fall ist es ein altes Bild von irgendeinem gesellschaftlichen Anlass. Es muss so fünfzehn, zwanzig Jahre alt sein. Sie hat die Haare hochgesteckt und so ein Blumenband am Arm. Wie heißen die noch?«
»Ein Ansteckbukett?«
»Genau.«
»Was zum Teufel hat das mit …«
»Der Mann auf dem Bild.«
»Was ist mit ihm?«
»Unser Agent ist sich sicher. Der Mann auf dem Bild, ihr Begleiter, also – das ist unser Dr. Seidman.«
Tickner spürte, wie er innerlich vibrierte. »Suchen Sie weiter«, sagte er. »Und wenn Sie noch was erfahren, rufen Sie mich an.«
»Machen wir.«
Er legte auf. Rachel und Seidman waren zusammen auf einem Abschlussball gewesen? Was war hier los? Wenn er sich recht erinnerte, stammte sie aus Vermont. Seidman wohnte in New Jersey. Sie waren nicht zusammen zur High School gegangen. Was war mit dem College? Das mussten sie überprüfen.
»Gibt’s Probleme?«
Tickner drehte sich zu Dorfman um. »Lassen Sie mich sehen, ob ich das richtig verstanden habe, Mr Dorfman. Diese CD-ROM gehörte Monica Seidman?«
»Das hat man uns so gesagt, ja.«
»Ja oder nein, Mr Dorfman?«
»Wir glauben, dass sie ihr gehörte.«
»Sie war also eine Klientin von Ihnen?«
»Ja, das konnten wir inzwischen feststellen.«
»Kurz gesagt ist eine Klientin von Ihnen also einem Mord zum Opfer gefallen?«
Schweigen.
»Ihr Name stand landesweit in jeder Zeitung«, fuhr Tickner fort und musterte ihn eindringlich. »Wie kommt es, dass Sie uns nie davon in Kenntnis gesetzt haben?«
»Wir haben es nicht gewusst.«
Tickner starrte ihn weiter durchdringend an.
»Der Mann, der das damals bearbeitet hat, ist nicht mehr bei uns«, fügte Dorfman schnell hinzu. »Wissen Sie, als Mrs Seidman ermordet wurde, war hier niemand in der Lage, die Informationen angemessen zu bewerten.«
Rechtfertigungen. Das gefiel Tickner. Er glaubte ihm, ließ sich jedoch nichts anmerken. Sollte der Mann sich doch bemühen, ihm zu gefallen.
»Was war auf der CD?«
»Wir vermuten, dass es Fotos waren.«
»Vermuten?«
»Normalerweise sind da Fotos drauf. Nicht immer. Wir speichern Fotos auf den CDs, aber es können auch eingescannte Dokumente dabei sein. Ich weiß es wirklich nicht genau.«
»Warum nicht?«
Er hob die Hände. »Machen Sie sich keine Sorgen. Wir haben ein Backup. Aber alle Dateien, die älter als ein Jahr sind, werden im Keller eingelagert. Das Büro war geschlossen, aber als ich gehört habe, dass Sie sich dafür interessieren, habe ich jemanden kommen lassen. Er sieht sich gerade die Daten auf der Backup-CD an.«
»Wo?«
»Im Erdgeschoss.« Dorfman sah auf die Uhr. »Er müsste jetzt fertig sein, oder jedenfalls fast. Wollen Sie runtergehen und es sich ansehen?«
Tickner erhob sich. »Gehen wir.«
25
Wir können trotzdem was machen«, sagte Rachel. »Das Zeug ist auf dem neuesten Stand der Technik. Selbst wenn sie dich abtasten, bemerken sie es nicht unbedingt. Ich habe eine kugelsichere Weste mit einer Knopfloch-Kamera.«
»Und du meinst, das merken die beim Abtasten nicht?«
»Na ja, okay. Hör zu, ich weiß, du hast Angst, dass sie es rauskriegen, aber bleiben wir mal realistisch. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist das alles nur Bluff. Gib das Geld nicht aus der Hand, bis du Tara gesehen hast. Geh nicht allein in irgendwelche finsteren
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