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Keiner wird weinen

Keiner wird weinen

Titel: Keiner wird weinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Kragen auf, er schwitzte. Er verspürte
     sogar ein Stechen im Herzen.
    »Keine Sorge.« Kolja lachte gelassen. »Er hat mir nichts ausgesaugt. Es gibt keine Seele. Das erzählen die Leute bloß, weil
     sie Angst haben vorm Sterben. Aber sie haben trotzdem Angst.«
    Darauf erwiderte Sachar nichts, er winkte nur ab, goß sich sein Glas randvoll, kippte es schwungvoll hinunter und roch an
     einem Brotkanten.
    Die Sängerin rief ins Mikro: »Damenwahl!«
    Eine hübsche Blondine kam an ihren Tisch und forderte Skwosnjak auf. Galant reichte er der Dame die Hand.
    Nachdenklich rauchend, schaute Sachar zu, wie Kolja, den Arm um die Hüfte der Schönen gelegt, sich langsam zwischen den Tanzenden
     bewegte.
    »Kolja, Kolja – die Frauen mögen dich also auch! Du wirst es mal weit bringen, Skwosnjak«, murmelte Sachar vor sich hin.

Elftes Kapitel
    Ilja Golowkin rannte mit Blumensträußen in der Hand durch Moskau. In seiner nagelneuen Aktentasche lagen mehrere Flakons französisches
     Parfüm und weiße Kuverts mit ein, zwei Hundertdollarscheinen. Aus seinem Mund flossen zahllose rührende Geschichten und hochtrabende
     Komplimente. Immer wieder sagte er: »Wunderschönes Fräulein, nur Sie können mir helfen!«
    Der bescheidene Chefeinkäufer hatte in einer Woche fünf Kilo abgenommen, seine Augen funkelten, seine Glatze glänzte und duftete
     nach teurem Rasierwasser. Den billigen dunkelblauen Anzug hatte er gegen einen teuren hellgrauenausgetauscht. Seine Krawatte war mit glitzernden Silberpünktchen übersät.
    Golowkin war kaum wiederzuerkennen.
    Die wunderschönen Fräulein in verschiedenen Ämtern halfen ihm tatsächlich, nachdem sie, den Blick verschämt gesenkt, ein Fläschchen
     Parfüm oder ein Kuvert mit Geld in der Schreibtischschublade verstaut hatten. Er fand heraus, daß auf den Namen Kurbatow die
     Firma Star-Service registriert war, die Immobilienkäufe in Tschechien vermittelte. Das war schon »wärmer«. Allerdings stimmten
     die Initialen nicht überein. Der Mann, der in Prag erschossen worden war, hieß Denis Wladimirowitsch Kurbatow, der Inhaber
     der Firma Anton Wladimirowitsch Kurbatow. Zudem existierte die Firma nicht mehr.
    An einem düsteren, feuchten Abend traf sich Golowkin mit Skwosnjak auf einer Bank in einem stillen Hof, übergab ihm wieder
     einmal drei Millionen russische Rubel und berichtete über seine Erfolge.
    Skwosnjak steckte den Packen Geldscheine achtlos in seine Jeansjacke und sagte nachdenklich: »Das ist sein Bruder. Derselbe
     Familienname, derselbe Vatersname. Finde die Adresse raus.«
    »Unmöglich.« Golowkin schüttelte den Kopf. »Das hab ich schon versucht. Es gibt nur eine Telefon- und eine Faxnummer. Die
     Firma existiert allerdings nicht mehr, die Nummer gehört jetzt anderen Leuten.«
    »Aber warum ist er in das Reisebüro gegangen?« fragte Skwosnjak unvermittelt. »Wollte er vor lauter Freude eine Reise auf
     die Kanaren buchen?«
    »Ja«, bekannte Golowkin, »das überlege ich auch die ganze Zeit – was wollte er in dem Reisebüro?«
    »Was hättest du zum Beispiel an seiner Stelle getan?«
    »Ich?« fragte Golowkin verwirrt. »Na, bestimmt keine Reise auf die Kanaren gebucht. Ich wäre vor allem erst einmal aus Prag
     verschwunden. Noch in derselben Nacht.«
    »Richtig.« Skwosnjak nickte. »Aber das hat er nicht getan. War ihm womöglich etwas noch wichtiger als eine Million Dollar?«
    »Nein.« Golowkin schüttelte den Kopf. »Wohl kaum. Es sei denn …«
    »Es sei denn, er wurde verfolgt, hat versucht, denjenigen abzuhängen, und es nicht geschafft«, sagte Skwosnjak leise. »In
     der Stadt kann man schließlich leichter untertauchen. Er konnte nicht unbemerkt wegfahren. Deshalb hat er es nicht getan.
     Hab ich recht?«
    »Ja«, bestätigte Golowkin, »du hast wie immer recht.«
    »Aber er hat es nicht geschafft«, fuhr Skwosnjak fort, »er hat am Ende doch seine Kugel abgekriegt. Wir beide haben das weder
     getan noch den Auftrag dazu gegeben. Also hat er noch jemanden verärgert.«
    »Du meinst, das Geld hat derjenige, der ihn umgebracht hat?« fragte Golowkin flüsternd.
    »Würdest du mit einer Million durch Prag rennen?« antwortete Skwosnjak mit einer Gegenfrage. »Er hat die Kohle irgendwo in
     Prag versteckt. Das sagt mir mein Gespür.«
    »Und was bringt uns das?« Golowkin seufzte. »Außer Kurbatow weiß niemand Bescheid. Und er kann es nicht mehr sagen. Vielleicht
     hat er es ja noch jemandem mitteilen können, aber das glaube ich kaum …«
    Die

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