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Keinesfalls Liebe (German Edition)

Keinesfalls Liebe (German Edition)

Titel: Keinesfalls Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoi Karampatzaki
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„Hat bis gerade geweint. Um halb drei ist er eingeliefert worden.“
„Sonst geht es ihr gut?“
    „Ja … ja, soweit schon.“
    „Wo ist denn das Krankenhaus?“
    „Er ist im Community Hospital –“
    „Ist gut, ich weiß, wo das ist“, sagte Daniel ernst, „Ich bring dich hin, Jo.“
    Sean hatte ihn gehört und verstummte ebenso verblüfft wie ich.
    „Komm schon“, drängte Daniel sanft. „Ich bring dich hin. Mein Dad ist Anwalt; wenn ich zu schnell fahre, ist das egal.“
    „Danke“, hauchte ich, ganz gelähmt vor Entzücken über so viel Herz – das hätte ich ausgerechnet von ihm nicht erwartet. „Sean? Hast du gehört? Wir sind gleich da.“
    „Ich – ja, ich hab’s gehört. Danke, Daniel“, sagte er lauter.
    „Kein Thema.“
    „Bis gleich, Sean!“
    Ich drückte auf den roten Knopf.
    „Kackmist“, sagte ich leidenschaftlich auf Deutsch.
    Daniel erhob sich mit tadelndem Zungenschnalzen und einem leichten Grinsen. „Na, na. Das hab ich verstanden. Heißt das nicht ‚Bockmist‘?“
    „Ich liebe es, neue Wörter zu erfinden“, gestand ich verlegen und fragte mich, wie um alles in der Welt wir den Nerv besaßen, in einem solchen Moment zu plaudern, als wäre nichts Schreckliches passiert.
    Lachend ging Daniel zur Garderobe und reichte mir seinen Mantel. „So gern ich auch weiteren poetisch-kreativen Ergüssen deinerseits lauschen würde, Shakespeare, nein, Schiller Junior – aber wir sollten los.“
    Ich nahm seinen Mantel. Ich liebte ihn über alles.

Wolken ziehen auf
    Mit jedem noch so kleinen Nerv meines Körpers nahm ich Daniel wahr. Wie er am Steuer saß. Wie er die Hände bewegte, um den Gang zu wechseln. Wie er die Augen zusammenkniff und sich leicht vorbeugte, um besser zu sehen. Wie er sich beiläufig die Lippen mit der Zunge befeuchtete. Es war schon irgendwie faszinierend. Eigentlich war ich in Gedanken halb bei Carlos, halb bei meinem ersten Mal mit Daniel, und doch fühlte sich dieser eine Moment in Zweisamkeit so real an wie noch nie zuvor ein Augenblick in meinem Leben. Ich fühlte mich nicht wirklich anders – abgesehen von dem wunderbaren Gefühl, ihm ein wenig nähergekommen zu sein.
    Ich spürte wieder die kalte Faust, die mein Herz umfasste, als ich mich daran erinnerte, was er von mir wollte. Leider, leider war auch dieser Gedanke quälend real. Ich fragte mich, wie viel Zerrissenheit jemand aushalten konnte. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, zumindest ein wenig geheilt zu sein, jetzt, da ich wusste, wie er sich anfühlte, aber nein, der Drang auch seine Seele zu erobern, nahm in jedem Moment zu. Ich hatte das Gefühl bald platzen zu müssen.
    In dem Augenblick, da ich die Hand ausstrecken wollte, um die seine todesmutig zu berühren, sprach er plötzlich. „Was hat dieser … Carlos eigentlich? So heißt er doch, oder?“
    Ich war so perplex, dass ich erst einmal nur eines herausbekam: „Höh?“
„Na, dein Freund. Carlos.“
    Daniel hob mit einem leichten Grinsen die Augenbrauen, ohne mich anzuschauen. Sein Blick war kalt auf die Straße geheftet; das Grinsen kam in den grünen Tiefen nicht an.
    „Oh. Ähm, was meinst du?“
    „Warum trinkt er so viel? Ist ja keine Schande, mal einen zu kippen. Manchmal torkele ich ganz schön, ich geb’s ja zu. Meistens schaffe ich es in einen Bus und dann nach Hause. Sogar in meinem bisher größten Suff bin ich nicht besinnungslos in ein Auto gestiegen, und diese eine Nacht hat zu einer leichten Alkoholvergiftung geführt.“
    Sprachlos starrte ich seine mir zugewandte Wange an.
„Boah“, platzte ich schließlich heraus. „Für so vernünftig hätte ich dich niemals gehalten.“
    Zu meiner großen Erleichterung lachte Daniel. „Aha, so ist das! Na ja, ich will dir mal gnädig vergeben, Rotschopf. – Du schuldest mir eine Antwort.“
    „Um ehrlich zu sein, ich hab keine Ahnung“, log ich leise. Das ging Daniel – in meinen Augen – nichts an.
    Wieder diese skeptische, spöttische Augenbraue. „Aber du wohnst schon seit diesem Semester bei Sean und Co.?“
    „Ja.“
„Schwach, Rotschopf. Sehr schwach.“
    „Das liegt nicht an mir!“, verteidigte ich mich empört. „Carlos ist … er redet nicht viel über sich selbst.“
    „Ah, dann verstehe ich’s. Wenn man das Tor zur Seele ordentlich verschließt, kommt keiner durch“, murmelte er grimmig.
    „Wie du“, sagte ich jetzt doch. Nicht scharf, wie zuvor beabsichtigt, sondern verständnisvoll und sanft.
    Wieder strahlte die angespannte Haltung

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