Kellerwelt
dieses Kratzen, diesmal ein Stück näher, jedoch immer noch außerhalb
seines Blickfeldes.
Er langte hinter sich und
schob die Kleine vorwärts. „Geh weiter. Aber langsam."
Während die Kleine weiter
die Stufen hinauf stieg, hielt er seinen Blick nach hinten gerichtet und folgte
ihr rückwärts. So sehr er auch versuchte, die Dunkelheit zu durchdringen - er
konnte nichts erkennen. Einmal glaubte er, einen Schatten zu sehen, der sich am
Rande seines Blickfeldes bewegte. Ebenso gut konnte ihm seine Nervosität aber einen
Streich gespielt haben.
„ Da vorne ist wieder eine
Wand", flüsterte die Kleine. „Da geht es nach rechts und nach links. Was
soll ich machen?"
„ Geh nach rechts. Nach
rechts oben, wenn es geht."
„ Mache ich."
Gerade als er sich umdrehen
wollte, um sich selbst einen Überblick über die nächste Plattform zu
verschaffen, bewegte sich tatsächlich etwas in der Dunkelheit. Die Bewegung
wäre ihm vielleicht nicht aufgefallen, hätte er im gleichen Moment nicht dieses
Kratzgeräusch gehört.
„ Schneller."
„ Ich kann nicht schneller.
Ich falle gleich runter."
„ Schneller! Da ist etwas
ziemlich genau hinter uns."
„ Oh. Oje."
Es gelang der Kleinen, einen
Gang zuzulegen, ohne von der Treppe zu stürzen. Sie erreichten die Plattform
und bogen nach rechts ab. Die Kleine lief voraus und nahm dabei jeweils zwei
Stufen gleichzeitig. Er bewegte sich langsamer und beobachtete dabei weiter die
Treppe über dem Abgrund. Dort regte sich nichts mehr.
Plötzlich kam die Kleine
zurück. „Bloß nicht da lang", rief sie aus. „Bloß nicht. Die andere
Seite."
Er warf einen Blick an ihr
vorbei, die Treppe hinauf. „Da ist nichts."
Die Kleine schlüpfte an ihm
vorbei und versuchte, ihn mit sich zu zerren. „Doch, doch. Da oben ist so ein
komisches …"
Von oben ertönte ein Fauchen
in der Dunkelheit. Mit einem Mal fühlte er sich mehrere Stockwerke nach unten
versetzt, in die Kanalisation, wo er dieses Fauchen schon einmal gehört hatte.
Er wusste, was diese schwarzen Monster anrichten konnten. Es konnte also nicht
schaden, diesen Dingern aus dem Weg zu gehen, anstatt die Konfrontation zu
suchen.
Was ihn bei dieser ganzen
Geschichte überraschte, war die Ruhe, die ihn selbst angesichts der Mutanten
nicht verließ. Er fürchtete sich nicht vor diesen Wesen. Nicht im Geringsten.
Er packte die Kleine, bevor
sie sich an ihm vorbei zwängen konnte. Er schob sie wieder hinter sich und
übernahm selbst die Führung. Die Treppe auf der linken Seite führte sie ohne
Zwischenfälle zu einer weiteren Plattform. Von dort zweigten drei Wege ab: Je
eine Treppe nach links und rechts oben sowie ein Laufgang direkt über den
Abgrund. Er entschied sich für die Treppe nach links, doch dort lauerte ein
Schatten, gerade am Rand seines Sichtfeldes.
„ Andere Seite!"
Die Kleine kam nur bis zur
ersten Stufe, dann hielt sie an. „Da ist auch was."
Er brachte sein Gewehr in
Anschlag. Tatsächlich, dort wuselte ein dunkler Schemen unter dem Geländer
hindurch zur Unterseite der Treppe. Dann huschte der Schatten die Wand entlang
nach unten und verschwand in der Dunkelheit des Schachts.
Diese verdammten Mutanten
konnten sich an Wänden und Decken entlang hangeln wie Insekten. Und sie
bewegten sich mit einer Geschwindigkeit, die es beinahe unmöglich machte, sie
mit einer Schusswaffe anzuvisieren.
„ Über den Laufgang",
rief er der Kleinen zu. „Über die Brücke, schnell!"
Bereits nach wenigen
Schritten hatte er die Plattform aus den Augen verloren. Und auch vor ihm
verlor sich der Laufgang in der Dunkelheit. Sie hingen genau über dem Nichts.
Das Kratzen hinter ihm hörte er im gleichen Augenblick, in dem die Kleine an
seinem Rucksack zupfte. Er drehte sich um und hob seine Waffe, um über den Kopf
der Kleinen hinweg zu zielen. Doch er sah nur einen Schatten, der zwischen
Schatten huschte. Nichts, worauf er hätte schießen können. Diesmal entfernte
sich das Kratzen jedoch nicht. Es näherte sich.
Die Kleine wollte weiter,
doch er hielt sie zurück. „Nicht weitergehen. Wir warten."
„ Mann, ich will runter von
dieser Brücke." Die Kleine versuchte sich loszureißen. Er hielt sie fest.
„ Abwarten."
Das Kratzen klang nun eher
wie ein Flattern. Und es näherte sich. Doch er fühlte keinen Drang, von hier zu
verschwinden. Also wartete er ab.
„ Jetzt ist das Ding gleich
unter uns", quietschte die Kleine. Dabei nestelte sie an ihrer Jacke
herum, bis es ihr schließlich gelang, die Baby-Glock
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