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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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aufquatschen , der hier vorbei kommt. Mir ist das nämlich
total schnuppe, klar?"
    Hatte sie anfangs ihre Rede
mit einem Tonfall der Überlegenheit und der Herablassung begonnen, so steigerte
sie zum Ende hin immer weiter ihre Lautstärke. Außerdem sprach sie immer
schneller. Als sie schließlich auch noch Gefahr lief, sich zu verhaspeln, brach
sie ihre Tirade ab und stürmte einfach vorwärts. Diesmal hatte das Orakel keine
Gelegenheit, ihr den Weg zu versperren, als sie links unter seinem Arm hindurch
tauchte und ihren Weg fortsetzte.
    Das Orakel rief noch etwas
hinter ihr her, doch sie verstand die Worte nicht. Das Blut rauschte in ihren
Ohren und verschluckte alle Geräusche. Schließlich drang nur noch das Lachen
des Orakels zu ihr durch und verfolgte sie noch über zwei oder drei
Abzweigungen. Dann, endlich, hatte sie die Randzone hinter sich gelassen. Was
sie jedoch nicht hinter sich gelassen hatte, war die Frage, woher der Einstich
in ihrer Armbeuge stammte.
    Dieses blöde Orakel! Diesmal
hatte es ihr keine Fragen in den Kopf gesetzt, sondern sie dazu gebracht, sich
selbst Fragen in den Kopf zu setzen. Sie musste diese Fragen schnell wieder aus
ihren Gedanken verbannen.
    Es gab einfach keine
Antworten.

Knochenkauer
     
    Aufwachen!
    Er riss seine Augen auf.
    Verdammt. Doch kein
Albtraum.
    Er hatte gehofft, er könne
aus diesem Horror aufwachen, indem er seine Augen für einen Augenblick schloss.
Doch damit hatte er danebengelegen.
    Er träumte nicht. Diese
Figuren standen tatsächlich beim Feuer, die Vogelscheuche stand tatsächlich bei
ihnen und neben ihm türmten sich tatsächlich Eingeweide und andere menschliche
Überreste in unterschiedlichen Stadien der Verwesung zu einem Hügel auf.
    Allmählich verstand er, was
die Vogelscheuche meinte, als sie vom Essen gesprochen hatte. Sie hatte nicht
die Absicht gehabt, ihn zu einer Mahlzeit einzuladen. Stattdessen hätte er
selbst die Mahlzeit sein sollen.
    Und da war noch etwas: Wenn
er das Gestammel dieser Kreaturen richtig einschätzte, dann hatten sie ursprünglich
geplant, die Vogelscheuche aufzufressen. Doch die Gute war wohl ausgebüxt. Auf
der Flucht war sie ihm dann über den Weg gelaufen. Das hatte sie auf die Idee
gebracht, ihren Namen von der Speisekarte zu streichen und stattdessen ihn als
Hauptgericht zu servieren.
    Als er seinen Blick über die
vier Kreaturen am Feuer streichen ließ, stieg ein unbeschreiblicher Ekel in ihm
auf. Er wollte mit diesen Gestalten nichts zu tun haben. Insbesondere der
Bursche auf der rechten Seite widerte ihn an. Dieser Kerl sabberte in seinen
Zottelbart und starrte dabei ihn an, als sei er ein Steak auf zwei Beinen.
    „ Jaja", stammelte der
Bursche, „der is noch jung. Jaja. Der kann
noch." Dann fing der Kerl an zu lachen.
    Er wollte keinen Augenblick länger hier bleiben. Lieber versuchte er auf eigene Faust sein Glück
in den Katakomben, als sich mit einer Bande von Menschenfressern einzulassen.
Doch andererseits durfte er kaum darauf hoffen, einen Ausgang zu finden. Diese
Neandertaler würden wohl kaum hier unten hausen und sich gegenseitig
verspeisen, wenn es einen Ausweg aus den Katakomben gab.
    Er wollte sich einfach nur
heimlich, still und leise aus dem Staub machen. Doch nachdem sie ihn entdeckt
hatten, konnte er sich nicht mehr aus der Affäre ziehen. Er musste etwas tun, um
die Situation zu klären. Also biss er seine Zähne zusammen und trat einen
Schritt näher an das Feuer heran. „Guten Abend allerseits."
    Selbstverständlich hatte er
nicht die geringste Ahnung, wie viel Uhr es gerade sein mochte. Draußen hätte
ohne weiteres gerade der Morgen dämmern können. Doch das Feuer schuf eine Art
Abendatmosphäre.
    „ Ich nehme an, ihr könnt mir
nicht verraten, wo ich den Ausgang finde, nicht wahr?" Er sah von einem
Neandertaler zum nächsten. „Ich meine … wenn ihr wüsstet, wie ihr aus diesen
Katakomben herauskommen könntet, dann müsstet ihr euch nicht gegenseitig
fressen, stimmt's?"
    Die beiden Neandertaler zur
Rechten und zur Linken kicherten lediglich vor sich hin, doch der Mann in der
Mitte fixierte ihn mit einer gewissen Wachsamkeit.
    „ He, Mann." Als der
Neandertaler sprach, wusste er sofort, mit wem er es zu tun hatte. Ruhige
Überlegenheit, nasale Stimme - das war der Kerl, der ihn an einen
Drogensüchtigen erinnerte. An einen Fixer.
    „ Haste gut erkannt,
Mann", sagte der Fixer. „Hier geht's nicht raus, Mann. Das ist ja der Sinn und der Zweck dieser Strafkolonie. Okay?
Wäre ja

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