Kellerwelt
es wohl noch geben? Er
fragte sie danach.
„ Total viele, Mann. Das
ganze Archiv ist voll davon."
„ Ah. Und wo finde ich dieses
Archiv?"
„ Das ist hinten in der
Siedlung, unter der Decke. Ist eine ganz schöne Kletterei, bis man da ist. Aber
da willst du sowieso nicht hin. Der Alte Arsch ist der einzige, der sich im
Archiv auskennt. Glaub mir, den willst du nicht kennen lernen."
„ Sind diese Karten
vollständig? Oder gibt es Orte, die noch nicht eingezeichnet sind?"
Sie zuckte erneut mit den
Schultern. „Ich glaube, die sind soweit vollständig. Als der Chef damals zu uns
kam, hat er dafür gesorgt, dass alles kartographiert wird. Wir haben uns
ein System ausgedacht, wie wir uns zurechtfinden können. Dann haben wir Gruppen
gebildet und sind losgezogen. Jede Gruppe hat alles ganz genau aufgezeichnet.
Irgendwann hatten wir dann alles durch."
„ Und ihr habt keinen Ausgang
gefunden?"
Sie schüttelte ihren Kopf.
„Nee. Irgendwann ging es nicht mehr. Der Chef hat selbst versucht, weiter zu
kommen, aber er hat es auch nicht geschafft. Irgendwann hat er aufgegeben.
Seitdem sitzen wir in der Siedlung und bekommen kaum noch Aufgaben. Klar:
Beschaffer, Hausfrauen, Lageristen - die haben alle genug zu tun. Es muss ja
dauernd Zeug angeschafft werden. Aber ein Pfadfinder wie ich kann sich nur noch
langweilen."
Er griff diesen Punkt auf
und fragte sie, was ein Pfadfinder in diesem Keller zu tun habe. Sie erklärte,
es sei ihre Aufgabe, vorweg zu gehen und alle Wege zu erkunden. „Hier gibt es
ziemlich viele Fallen, weißt du? Andere Leute laufen da meistens rein, ohne
irgendetwas zu ahnen. Einem Pfadfinder kann das nicht passieren. Als Pfadfinder
weiß man immer, wenn irgendwas nicht stimmt. Außerdem kann ein Pfadfinder immer
ganz besondere Sachen aufspüren. Wenn ich beispielsweise eine Quelle suche,
dann muss ich einfach nur losgehen. Meistens finde ich dann auch eine Quelle,
oder was ich sonst gerade suche. Klar, manchmal renne ich auch in eine
Sackgasse. Aber am Ende finde ich immer den Weg."
Er quittierte ihre Erklärung
mit einem Nicken. Das klang nicht uninteressant. „Und wie steht es mit einem
Ausgang? Könntest du den auch finden, wenn du das wolltest?"
Sie grinste. „Mann, hier
drin gibt es Sachen, die kann nicht einmal ein Pfadfinder aufspüren. Außerdem
weiß ich überhaupt nicht, wovon du sprichst. Was soll es denn hier für einen
Ausgang geben? Willst du in einen anderen Abschnitt, oder was?"
Er breitete seine Arme aus -
eine Geste, die den gesamten Keller einschließen sollte. „Ich meinen einen
Ausgang aus diesem … diesem Keller hier. Wir müssen uns doch in irgendeinem
Gebäude befinden. Es muss einen Ausgang geben, der nach draußen führt. Raus aus
diesem Haus und unter freien Himmel."
Sie sah ihn mit einem Blick
voller Ratlosigkeit an. „Mann, ich weiß wirklich nicht, wovon du da redest.
Vielleicht besprichst du das besser mit dem Chef. Oder du redest gleich mit dem
Orakel. Das hat auch so komische Ideen."
Das genügte ihm für den
Moment. Er hatte keine Zeit mehr. Er musste hier weg, bevor sie ihn erwischten.
„Ich denke, du hast Recht: Ich sollte mal ein paar Worte mit diesem Chef
wechseln. Vielleicht hat er ein paar Antworten für mich."
Sie packte die Notizbücher
wieder weg. „Na gut, dann machen wir uns jetzt auf den Weg. Unterwegs müssen
wir ein paar Räume filzen. Wir brauchen etwas zu essen und Wasser. Wir müssen
ein ganzes Stück gehen. Dann kommt eine Maschinenzone. Das wird ziemlich
gefährlich."
Nun zuckte er mit den
Schultern. „Ich habe den Eindruck, hier drin ist alles ziemlich gefährlich.
Aber bis jetzt bin ich mit allem fertig geworden."
Die Kleine bedachte ihn mit
einem langen Blick. Dann sagte sie: „Mann, Du weißt ja gar nicht, worum es da
geht. In dieser Maschinenzone gibt es Spinnen. Das ist echt kein Spaß!"
Er konnte sich ein Grinsen
nicht verkneifen. Er sprach von Selbstschussanlagen, Menschenfressern und
Mutanten, die in der Kanalisation hausten. Sie hingegen hatte einfach nur Angst
vor Insekten.
„ Da mach dir mal keine
Sorgen", sagte er. „Mit Spinnen habe ich keine Probleme. Die tun uns nichts."
Sie sah ihn an, als habe er
den Verstand verloren. Dann wandte sie sich ab und marschierte mit einem
Kopfschütteln los. Dabei murmelte sie: „Wie ist der denn drauf?"
Genau in dem Moment, in dem
er seine Aufmerksamkeit auf die Kleine gerichtet hatte, ertönte ein Stück den
Korridor hinab ein Geräusch. Er nahm zumindest an, er habe
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