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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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verrückt. Als er dann
jedoch seine Hand an eine Wand legte, spürte er die Vibrationen auch dort. Er
fragte die Kleine, ob sie das ebenfalls spüre. Sie beantwortete die Frage mit
ihrer typischen Bewegung: Einem Schulterzucken.
    „ Das ist nur die
Maschinenzone."
    Anfangs freute er sich. Wenn
er diese Vibrationen spüren konnte, dann hatten sie die Maschinenzone
sicherlich bald erreicht. Je früher, desto besser, denn die Kleine ging ihm
gewaltig auf die Nerven. Eine vernünftige Unterhaltung mit ihr schien
unmöglich. Alle Fragen wurden nur mit einem Schulterzucken oder mit den Worten
„keine Ahnung" beantwortet - oder mit beidem. Für sie schien alles hier
drin selbstverständlich. Er hatte noch einen Versuch gestartet, etwas tiefer zu
bohren und die Kleine gefragt, ob sie nie darüber nachgedacht hätte, wo sie
sich wohl befinde. Auch auf diese Frage hatte sie lediglich mit einem
Schulterzucken geantwortet. Dann hatte sie kurz aufgelacht und ihm gesagt, er
klinge beinahe wie das Orakel. Mit dieser Antwort konnte er überhaupt nichts
anfangen. Danach hatte er sich in Schweigen gehüllt und sich ausschließlich mit
seinen eigenen Gedanken beschäftigt.
    Zu seinem Entsetzen zog sich
der Weg zur Maschinenzone immer weiter hin. Außerdem unterbrach die Kleine
immer wieder die Reise und sah hinter allen Türen nach, die sie passierten.
Stellenweise wurde sie fündig und schleppte Nahrungsriegel oder Wasserflaschen
an. Als er in einem Raum die Reste einer Tapete entdeckte, missbrauchte er den
Raum prompt als Toilette. Die Kleine überraschte ihn, indem sie das Gleiche tat
- und zwar in seiner Anwesenheit. Sie meinte, die Idee, Tapetenreste als
Toilettenpapier zu benutzen, sei gar nicht so dumm.
    Schließlich konnte er die
Vibrationen nicht nur spüren, sondern auch hören. Anfangs klang es nach dem
Grollen eines entfernten Gewitters. Dann, allmählich, gliederte sich das
Grollen in einzelne Schläge auf. „Der Rhythmus der Maschinen",
kommentierte die Kleine, als sie seinen fragenden, zur Decke gerichteten Blick
bemerkte. Das Wummern ging einige Zeit später in ein Stampfen über, bei dem man
kaum noch das eigene Wort verstand. Und dann endete der Korridor plötzlich an
einer Tür.
    „ Das hier ist es", rief
die Kleine. „Hier fängt die Maschinenzone an."
    Er streckte seine Hand nach
dem Türgriff aus. „Okay, dann bringen wir es hinter uns."
    Sie drängte ihn beiseite.
„Warte mal. Da drin ist es gefährlich, Mann. Man kann sich ziemlich leicht
verirren. Das Licht ist komisch und überall ist Dampf. Ich weiß aber, wo es
lang geht. Ich gehe voraus und du kommst hinter mir her. Wenn ich stehen
bleibe, dann bleibst du auch stehen. Und wenn ich renne, dann rennst du auch.
Und sieh zu, dass du an mir dran bleibst. Wenn du den Anschluss verlierst, dann
kann ich nicht auf dich warten. Da drin kommt es nur auf Timing an, klar?"
    Er konnte diese ganze
Aufregung nicht recht nachvollziehen. Er wollte nur weiter, bevor sie ihn hier
drin erwischten. Doch um die Sache nicht unnötig kompliziert zu machen, nickte
er. Sollte die Kleine voran gehen - er würde ihr einfach folgen.
    Sie packte den Türgriff und
wandte sich dann noch einmal zu ihm um. „Und noch was: Ganz egal, was da drin
passiert - lass bloß deine Kanone stecken. Wenn du anfängst zu ballern, dann
sind wir erledigt. Klar?"
    Nun zuckte er mit den
Schultern. Weswegen sollte er in diesem Maschinenraum das Feuer eröffnen?
„Alles klar. Gehen wir."
    Die Kleine sah ihn noch
einen Moment lang an. Dann öffnete sie die Tür und sie betraten die
Maschinenzone.
    Lärm und Flackerlicht. Im
ersten Augenblick fühlte er sich, als betrete er eine Diskothek. Von allen
Seiten drosch stampfender Krach auf ihn ein. Auch bei der Beleuchtung herrschte
Chaos: Schneidbrenner flackerten in elektrischem Blau, Funken regneten und
Blinkleuchten rotierten. Dennoch konnte er kaum etwas sehen. Dampf und Nebel
hingen in der Luft. Außerdem versperrten Apparaturen die Sicht in alle
Richtungen. Wohin er auch schaute, er sah nur Kessel, Rohre, Leitungen und
andere Gerätschaften. Er sah jede Menge Schalter, Hebel und Ventile mit großen
Handrädern.
    Die Kleine zwängte sich
zwischen den Armaturen hindurch und schlängelte sich dann durch das Labyrinth
der Rohre und Leitungen. Dann ging es eine Metalltreppe hinauf und einen
Laufgang aus Metall entlang. Am Ende des Laufgangs duckte sich die Kleine
hinter einen Kessel und spähte auf eine freie Fläche. Hier oben ließ sich das
Dröhnen der

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