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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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hast du auch ziemlich üble Kampftechnik
drauf. Klar, die braucht man ja auch, wenn man als ganz normaler Kerl da
draußen auf der Straße ganz normale Sachen macht. Und deswegen hast du
vermutlich auch schon ein paar Leute umgebracht, ohne mit der Wimper zu zucken.
Habe ich Recht?"
    Er sagte nichts. Es gab
Dinge, an die er gerade jetzt nicht denken wollte. Dazu gehörten unter anderem
zwei Schüsse auf einen Menschenfresser. Zwei verdammt gut gezielte Schüsse -
das musste er zugeben.
    Der Chef ließ wieder den
Dieselmotor hören. „Brauchst nichts zu sagen, Kleiner. Du hast jemanden
umgelegt. Das sehe ich dir an. Vermutlich wolltest du das überhaupt nicht. Doch
in dem Augenblick, in dem du es getan hast, kam es dir völlig logisch und
richtig vor. Und das passiert dir dauernd. Du glaubst, du seist ein ganz
normaler Kerl, doch dann überraschst du dich selbst, indem du jemanden auf
brutalste Weise aus dem Weg schaffst. Tja, vielleicht solltest du dich mit dem
Gedanken anfreunden, eben doch kein normaler Kerl von der Straße zu sein."
    Er wollte nichts mehr davon
hören. Deswegen unterbrach er den Zwerg mit einer Handbewegung. „Schluss jetzt.
Dieser Schwachsinn interessiert mich nicht. Mir sind andere Sachen wichtig. Was
ist beispielsweise mit diesem Entsorger? Kann ich ihm irgendwie aus dem Weg
gehen oder mich vor ihm verstecken? Und wenn nicht, welche Möglichkeiten habe
ich dann?"
    Der Chef lutschte an seiner
Flasche. Dann dachte der Liliputaner kurz nach, bevor er wieder sprach. „Du
kannst dich nicht verstecken. Dieser Scheißkerl spürt dich überall auf.
Entweder hat er Zugriff auf irgendein Ortungsgerät oder er kennt alle Wege und
Abkürzungen hier drin aus dem Effeff. Ich habe keine Ahnung, wie er das macht.
Tatsache ist aber, dass ich ihn austricksen konnte. Ich habe ihm aufgelauert
und ihm ein Ding verpasst. Er war abgelenkt und ich konnte zuschlagen. Das war
aber eine Chance von Eins zu Tausend. Die kommt nie wieder. Außerdem glaube ich
nicht, dass ich das noch einmal durchstehen würde. Nur damit du es weißt: Ich
bin ein knallharter Bruder. Aber der Entsorger … das ist eine ganz andere
Geschichte. Je näher dieser Bursche kommt, desto schlimmer wird die Panik.
Zuletzt hatte ich mir sogar vor Angst in die Hose gekackt."
    „ Also kann ich nur kämpfen
oder abhauen."
    Der Chef zuckte mit den
Schultern. „Darauf läuft es hinaus. Dumm nur, dass du diesen Typen hier drin
nicht abschütteln kannst. Es spielt keine Rolle, wohin du gehst. Der Entsorger
kriegt dich früher oder später."
    Er winkte ab. „Schwachsinn.
Irgendwo wird es einen Ausweg geben. Es gab auch einen Ausweg aus den
Katakomben."
    Der Chef zog seine
Augenbrauen in die Höhe. „Katakomben? Die gibt es wirklich? Dann hattest du es
mit den Knochenkauern zu tun? Cool. Ich dachte, das
sei nur ein Gerücht. Aber darüber reden wir später. Nun kümmern wir uns
zunächst um die naheliegenden Probleme. Die Sache ist die: Wir halten uns in
einem Abschnitt des Labyrinths auf, der über drei Wege erreichbar ist. Ein Weg
ist die Endzone. Über die kommt man in diesen Abschnitt hinein, aber nicht
wieder hinaus. Der zweite Weg ist das Loch und der dritte Weg ist die
Kriegszone. Die Endzone können wir streichen. Wie ich schon sagte: Die
funktioniert nur in eine Richtung. Ich muss es wissen, denn ich habe diesen
Abschnitt durch die Endzone betreten. Als wir dann später alles kartographiert
hatten, dachte ich, man könne einfach wieder durch die Endzone hinaus
spazieren. Aber da hatte ich falsch gedacht. Ich hatte zwei Pfadfinder dabei.
Das Hinkebein und den Braunen. Der Braune marschierte in die Endzone hinein. Machte
sich keine Sorgen, der Braune. Kein Wunder. Auf den ersten Blick war das
einfach nur ein ziemlich großer Raum mit einer Tür an jedem Ende. Das Hinkebein
und ich waren mit den letzten Eintragungen auf unserer Karte beschäftigt,
deswegen standen wir noch an der Tür herum. Andernfalls hätte es uns auch
erwischt. Der Braune kam jedenfalls ziemlich genau bis zur Mitte. Das war der
kritische Punkt. Und dann fing der Braune auf einmal an zu brüllen. Ja, der hat
losgeschrien wie ein Geisteskranker. So richtig schrill und schlimm. Er hat
dabei dauernd an sich herumgewischt, als wäre ein Insektenschwarm an ihm dran.
Aber da war nichts. Und dann … na ja, dann hat er sich aufgelöst. Es war nicht
so, als habe er eine Ladung Säure abbekommen oder so. Nein, da sind richtige
Brocken von ihm weg geflogen. So, als würde er im Wind

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