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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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stehen und der Wind
würde lauter Teile aus ihm herausreißen, verstehst du? Da flog alles von ihm
weg. Die Finger, die Ohren. Das ganze Zeug. Auch eine Menge Blut. Und dann
klappte er zusammen und verreckte. Und weißt du, was das Schlimmste war? Das
Geschrei, Kleiner. Das Geschrei war das Schlimmste. Der hat sich bis zum
letzten Augenblick die Seele aus dem Leib geschrien, weil er genau wusste, was
mit ihm passiert." Der Zwerg griff zur Flasche,
nahm einen Zug. „Der Braune. Mann, das war übel. Zum Kotzen. Und zum Schluss
blieb nur noch ein Fleck am Boden übrig. Nicht einmal seine Klamotten hatten es
überstanden. Und als wir uns nochmal umgesehen haben, fanden wir überall in
diesem Raum Flecken. Am Boden, an den Wänden und sogar an der Decke. Mann,
Kleiner, glaub mir: Da willst du nicht durch. Ganz sicher nicht. Kein Weg,
keine Chance."
    „ Das Loch können wir
ebenfalls streichen", sagte er. „Ich war dort unten. Da gibt es nur
Kannibalen, Scheiße und irgendwelche Mutanten. Die hätten mich beinahe
erwischt, wenn mir die Kleine nicht geholfen hätte."
    Der Chef lutschte an seiner
Flasche, nickte und stellte die Flasche wieder ab. „So etwas in dieser Art
dachte ich mir schon. Deswegen habe ich auch niemanden in das Loch geschickt.
Kurz nach dieser Geschichte mit der Endzone hatte die Kleine einen Streuner aus
dem Loch gezogen. War wohl auch ein Mann in Schwarz gewesen, aber nicht so ein
harter Hund wie du. Was immer er dort unten erlebt hat, es hat ihm ziemlich den
Rest gegeben. Er hat ziemlich wirres Zeug erzählt, bevor er in der
Maschinenzone den Arsch zugekniffen hat. Ich hatte gerade eine Menge Leute beim
Kartographieren verloren. Deswegen wollte ich niemanden in das Loch schicken.
Ich habe ohnehin keinen Sinn darin gesehen."
     
    „ Da hast du schön
Recht", sagte er und beschrieb kurz seinen Weg durch die Kanalisation -
allerdings in umgekehrter Weise. „Und wenn du es bis zu den Stufen schaffst,
dann findest du dich in den Katakomben wieder. Dort gerätst du an die
Knochenkauer. Einen Ausweg gibt es offenbar nicht - bis auf einen Aufzug, der
in eine Tiefgarage führt. Und das ist eine Sackgasse. Eine Sackgasse voller
Selbstschussanlagen."
    Der Chef grinste. „Ja, so
sind die Sackgassen hier unten."
    „ Dann bleibt also nur diese
Kriegszone. Was hat es damit auf sich?"
    „ Das könnte tatsächlich ein
Ausweg sein. Theoretisch zumindest. Eine große Halle. Ich weiß nicht, wie groß
genau, aber mit Sicherheit größer als die Haupthalle der Siedlung. Und in
dieser Halle herrscht Krieg. Daher auch der Name. Es ist eine Art
Gladiatorenkampf. Zwei Sorten Roboter, die gegeneinander antreten. Dazu jede
Menge Granaten und Bomben. Wir haben zweimal versucht, diese Zone zu
durchqueren. Ich hatte jeweils einen Kartographen und einen Pfadfinder dabei.
Eine größere Gruppe hätte ich nicht zusammenhalten können. Beide Male bin nur
ich alleine übrig geblieben. In der Kriegszone fliegt tonnenweise Blei durch
die Luft. Man gerät permanent ins Kreuzfeuer und wird aus allen Richtungen
angegriffen. Ein Schwarzer Mann alleine hat keine Chance - und die anderen
wussten nicht, wie man kämpft." Der Chef beugte sich vertraulich vor. „Ich
glaube aber, zwei Männer in Schwarz könnten es schaffen."
    Er benötigte einen Moment,
bis er die letzte Bemerkung des Liliputaners verdaut hatte. Dann lachte er los.
„Was? Meinst du etwa uns beide?"
    Der Chef hob beide Arme zu
einer einladenden Geste. „Warum nicht? Wir sind beide Männer in Schwarz. Wir
wissen, wie man kämpft. Gut, du hast das vielleicht noch nicht akzeptiert, aber
es ist nun einmal so. Ich glaube, gemeinsam könnten wir das durchstehen."
Der Chef beugte sich wieder zu ihm vor. „Weißt du, dieser Entsorger wird mit
ziemlicher Sicherheit hier auftauchen. Wenn er dich nicht mehr antrifft, dann
könnte es sein, dass er sich wieder auf mich einschießt. Das will ich auf
keinen Fall riskieren. Deswegen kann ich nicht hierbleiben. Alleine schaffe ich
es aber auch nicht aus diesem Abschnitt hinaus. Also schlage ich vor, wir schnappen
uns die Kleine, einen Kartographen und eine Menge Kanonen. Dann hauen wir durch
die Kriegszone ab."
    Er schüttelte seinen Kopf.
Er verspürte nicht die geringste Lust, mit diesem Liliputaner im Schlepptau
durch die Korridore zu stolpern und am Ende noch in dieser Kriegszone
aufgehalten zu werden. „Kommt nicht in Frage. Wenn, dann gehe ich alleine. Ich
brauche keine Gesellschaft. Und ich brauche schon gar keinen

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