Kells Legende: Roman (German Edition)
Lichter von Laternen in einigen Häusern, aber die meisten Fenster waren finster.
»Ein ziemlich düsterer Ort«, bemerkte Kell.
»In der Herberge geht es etwas lebhafter zu.«
»Wie heißt sie?«
» Zum geschlachteten Ferkel .«
»Du machst doch wohl Witze?«
»Ganz offensichtlich verbirgt sich eine lange, archaische Geschichte von Magie und Unheil hinter diesem Namen. Man wird sie uns gewiss nur allzu gern bei einem Krug Bier erzählen.« Saark zwinkerte. »Man muss diese bäuerlichen Typen einfach bewundern; sie drücken die Dinge wirklich so aus, wie sie sind.«
»Klingt fantastisch.«
Sie hörten Musik, lange bevor sie die Herberge sahen. Dann kam das lange, niedrige Gebäude aus schwarzem Stein in Sicht. Der Rauch quoll aus einem kurzen, dicken Schornstein, und durch die Jalousien der Fensterläden fiel Licht. Kell führte die Pferde in die Stallungen hinter der Herberge und übergab sie einem dürren alten Mann, der sich als Stallknecht Tom vorstellte. Er trug trotz der Kälte ein dünnes Hemd, war schlank und drahtig, und seine Bizepse waren prall wie Knospen an einem Zweig. Er grinste Kell freundlich an, nahm ihm die Pferde ab, streichelte ihre Mäuler, blickte ihnen tief in die Augen und blies ihnen warmen Atem in die Nüstern. »Kommt nur mit, meine Hübschen«, sagte er. Kell spürte, dass dieser alte Mann Pferde liebte. Dann ging er zur Tür der Herberge und trat zögernd ein. Seine Blicke glitten durch den betriebsamen Schankraum. Überall standen Tische; sie waren selbst in die kleinste Ecke gepfercht und allesamt besetzt, meistens von Männern, die Bier aus Krügen tranken und über die Politik von Falanor redeten. Am Rand des Hauptraumes saßen einige Frauen in kleinen Gruppen zusammen. Sie unterhielten sich und lachten. Einige trugen bunte Kleider, die meisten jedoch hatten dicke, wollene Marktröcke an. Der Raum war rauchgeschwängert, und das Stimmengewirr löste allmählich Kells Anspannung. Manchmal war es schön, sich unerkannt unter Fremde mischen zu können. Er schlang eine lederne Schlaufe um den Griff seiner Axt, warf die Schlaufe über die Schulter und zog dann die Waffe auf den Rücken. Anschließend ging er zur Bar und sah sich suchend nach Saark, Nienna und Kat um.
Der Barmann winkte Kell zu. »Was darf’s denn sein, edler Herr?«, erkundigte er sich.
»Mein Freund hat drei Räume für die Nacht gemietet.«
»Ach ja, ich habe ihm gerade die Schlüssel gegeben. Die Treppe hoch.« Er streckte die Hand aus. »Die Räume zwölf, dreizehn und vierzehn.«
Kell bedankte sich mit einem Grunzen, ging die Treppe hoch und drehte sich auf dem Treppenabsatz noch einmal herum, um den Schankraum zu begutachten. In einer Ecke sah er den Spieltisch, in dessen Nähe sich drei Frauen aufhielten, die Strümpfe und gerüschte Mieder trugen; ihre Lippen waren mit Farbe gerötet, und in ihren Haaren steckten Federn. Huren. Kell grunzte, kniff die Augen zusammen und dachte an Saark und seine Gier nach Frauen. Dann trat er in den rauchigen Gang und suchte die Zimmer. Die Dielen knarrten unter seinen Stiefeln, was ganz gut war. Es würde nicht so einfach sein, unbemerkt durch einen solchen Flur zu schleichen.
Er klopfte an die Tür des ersten Raumes. »Großvater?«, fragte Nienna. Kell öffnete die Tür, trat ein und ließ seinen Blick durch den spärlich möblierten Raum gleiten. Es gab ein großes Bett mit einem uralten, geschnitzten Kopfende, auf dem eine Schlacht dargestellt war. Teppiche lagen über den staubigen Bodendielen, und an der gegenüberliegenden Wand standen Kommoden und zwei Stühle. Die Fensterläden waren vorgezogen, und auf dem Tisch spendete eine Laterne honiggelbes Licht.
»Gemütlich«, erklärte Kell und legte eine Satteltasche auf den Tisch, die er vom Pferd des Albino-Soldaten mitgenommen hatte. Dann nahm er die Axt vom Rücken und streckte sich. »Ich hoffe, es gibt hier ein Bad, denn ich stinke, und ich hasse es, wenn ich stinke.«
»Du siehst aus, als wärst du in eine Prügelei geraten«, sagte Nienna und trat zu ihm. »Ich könnte den Wirt nach einer Salbe fragen, damit die Schwellungen abklingen.« Sie streckte die Hand aus und fuhr mit den Fingern sanft über seine verletzte Wange.
Kell fluchte.
»Tut das weh?« Nienna wirkte besorgt.
»Nein. Es ist nur, dass die Leute sich an ein zerschlagenes Gesicht erinnern werden. Ich falle auf. Und das ist nicht gut.«
Nienna nickte. »Soll ich nachsehen, ob das Bad frei ist?«
Kell sah sich um. Dann runzelte er die
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