Kells Legende: Roman (German Edition)
Angelegenheit.« Er verzog das Gesicht, sichtlich nicht daran gewöhnt, sich zu entschuldigen. »Ich … hör zu, ich habe überreagiert. Kat ist eine wunderschöne junge Frau, aber ich kenne deine Sorte Mann. Sie nimmt sich, was sie will, und dann lässt man die Frauen zurück, weinend und gebrochen und das Herz in winzige Eisstückchen zersplittert.«
»Deine Meinung über mich grenzt wahrhaftig an reine Schmeichelei«, erklärte Saark kalt.
»Hör zu. Ich habe die Beherrschung verloren. So. Jetzt habe ich es gesagt.« Er sah Saark in die Augen. »Ich hätte dich nicht umgebracht, mein Junge.«
»Ich glaube, du hättest es sehr wohl getan«, widersprach Saark vorsichtig. »Ich habe so eine Miene schon häufiger gesehen.«
Kell grinste. »Verdammt. Du hast recht. Ich hätte dich umgebracht.«
»Was hat dich davon abgehalten?«
»Das Auftauchen der Albino-Soldaten«, erwiderte Kell und zischte, verblüfft über seine eigene Ehrlichkeit. »Du warst doch derjenige, der dieses Gedicht zitiert hat, stimmt’s? Diese Saga von Kells Legende. Aber hast du auch die letzte Strophe gehört? Es kommt nur sehr selten vor, dass die Barden sich daran erinnern; oder aber sie ziehen es vor, sie zu vergessen, um die Stimmung des Abends nicht zu ruinieren.«
»Du meinst die von dem Mondsee und Skulkra? Wo Kell mit den Besten ficht?«
»Nein. Es gibt noch eine Strophe.«
»Das wusste ich nicht.«
Kells Stimme war ein dunkles Grollen, als er die Strophen zitierte, unregelmäßig, mehr wie ein Gedicht denn ein Lied; er wäre der Erste gewesen, der zugegeben hätte, dass er alles andere als ein Barde war.
»Jetzt stand Kell da mit der Axt in der Hand,
Das Meer vor ihm toste, die Zeit war in Fetzen gerissen,
Er dachte über seine Legende nach und schrie zu den
Sternen hinauf,
Unter ihm war der Tod, der all seine Wunden geheilt,
Ihn von dem Hass befreit hätte, den er empfand,
Von den Morden, die er begangen, den
Menschen, die er getötet, und von all den Freuden und
Den Leben, die er zerstört hatte.
Kell starrte melancholisch in die riesigen, wogenden
Wellen der dunklen, grünen Welt,
Und wusste, dass er niemandem als sich selbst die Schuld
Für die langen Tage des Blutes geben konnte, die langen
Tage der Schande, der schlimmsten Zeit, welche durch die
Bösen Jahre des Schmerzes geflossen war.
Die Legende verschwand, und Ehre erlosch und alle
Wildheit in einer Welt, die vollkommen zerstört war.
Die Antwort war so klar wie die Sterne am Himmel,
All die hellen Sterne, die weißen Sterne, nämlich
Dass es Zeit war zu sterben.
Kell nahm Ilanna und sagte der Welt Lebewohl,
Die Dämonen tobten in ihm, als er den Zauber beendete
Und seine Augen schloss.«
Kell sah Saark an. Tränen schimmerten in seinen Augen. »Ich war ein schlechter Mensch, Saark. Ein böser Mann. Ich habe es immer auf den Whisky geschoben, viel zu lange habe ich den Whisky dafür verantwortlich gemacht. Eines Tages jedoch habe ich begriffen, dass das nur Ausflüchte waren, dass ich einfach nur nicht wahrhaben wollte, wie ich wirklich war. Irgendwann habe ich geheiratet, habe zwei Töchter großgezogen … die mich mittlerweile hassen. Nur Nienna nimmt sich noch Zeit für mich, und für ihre Liebe werde ich ewig dankbar sein. Weißt du auch, warum?«
»Warum?« Saarks Stimme war ein leises Krächzen.
»Weil sie das Einzige ist, die einzige Person, der es gelingt, die wilde Bestie in meiner Seele zu besänftigen«, erwiderte Kell und umklammerte Ilanna. »Ich versuche es, Saark. Ich versuche nach Kräften, ein guter Mensch zu sein. Ich versuche alles, um das Richtige zu tun. Aber es funktioniert nicht immer. Tief in mir, ganz tief drinnen, bin ich einfach kein guter Mensch.«
»Warum seid ihr in so düsterer Stimmung?« Nienna warf einen Haufen Holz auf den Boden. Sie blickte von Saark zu Kell und wieder zurück. Im selben Moment tauchte Kat hinter ihr auf, ebenfalls mit Feuerholz beladen. »Habt ihr beiden euch wieder gestritten?«
»Nein«, antwortete Saark und lächelte sie strahlend an. »Wir haben einfach nur … ein paar Dinge besprochen. Lass mich das Feuer machen, Nienna. Hilf du deinem Großvater nur mit der Suppe. Ich glaube, er kann ein paar aufmunternde Worte von der Enkelin gebrauchen, die er so sehr liebt.«
Kell warf ihm einen giftigen Blick zu, lächelte dann jedoch Nienna zu und fuhr ihr durchs Haar. »He, Äffchen. Das mit dem Holz hast du gut gemacht.«
»Komm schon, wir sind beide fast am Verhungern.« Und mit ihren
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