Kells Legende: Roman (German Edition)
Bogens, den sie auf dem Rücken trug. Sie hatte kurz geschorenes, schwarzes Haar und ein hageres Gesicht. Ihre Augen lagen tief in den Höhlen, ihre Haut spannte sich über ihren Knochen und war fast gelb. »Mein Name ist Myriam.«
»Willkommen, Myriam«, antwortete Kell, der zusah, wie die beiden anderen von ihr wegtraten. Die vier Dorfbewohner drängten sich ängstlich hinter ihr und starrten sehnsüchtig aufs Feuer. »Habt ihr Vorräte bei euch?«
»Wir haben Kartoffeln, Fleisch und ein bisschen Salz. Die Dorfbewohner haben auch Lebensmittel bei sich. Sind das eure Pferde da draußen?«
»Und wenn sie es wären?« Saark hatte sich neben Kell gestellt. »Sie sind nicht zu verkaufen.«
»Ich habe auch nicht gesagt, dass ich sie kaufen will«, erklärte Myriam. Sie trat an den Tisch, zog einen Stuhl zu sich heran, drehte ihn um, setzte sich rittlings darauf und legte ihre Arme über die feste Rückenlehne. Die beiden Männer stellten sich hinter sie; offenbar war sie die Anführerin der kleinen Gruppe.
Kell betrachtete die beiden Männer scharf. Der eine war von durchschnittlicher Körpergröße, vierschrötig und unglaublich hässlich. Seine Haut war von Pockennarben überzogen, er hatte kleine, dunkle Augen – beziehungsweise ein Auge, weil das linke nur noch eine nutzlose Augenhöhle war, rot und entzündet. Seinen eckigen Schädel bedeckten zottelige Haarbüschel, so als hätte er sich mit einer stumpfen Klinge rasiert. Am schlimmsten jedoch waren seine schwarzen Lippen, die schwarzen Lippen eines Schmugglers, das Schwarz der ausgestoßenen Schwarzlippler. Das verlieh seinem Aussehen einen unheilvollen, drohenden Ausdruck. Kell beschloss auf der Stelle, diesem Mann niemals den Rücken zuzukehren.
»Das ist Styx«, sagte Myriam, die Kells Blick gefolgt war. Sie lächelte humorlos. »Du solltest ihm besser kein Geld leihen.«
Der zweite Mann war klein und wirkte gereizt, was bei kleinen Männern ja häufig vorkommt. Er trug eine dünne Jacke, die blutverschmiert und zerfetzt war und kaum Schutz gegen die Kälte bot. Er hatte eine sehr muskulöse Brust, breite Schultern und kräftige Arme, aber am auffallendsten waren die Tätowierungen auf seinen Händen, Armen und Schultern. Sie liefen sogar über seinen Hals und bedeckten sein Gesicht. Diese Tätowierungen wiesen ihn als Clansmitglied der östlichen Noimodh-Stämme aus. Dorthin war es eine beschwerliche Reise, mehrere Wochen lang, durch tückische Sümpfe und Landgruben, wie man die Treibsandebenen nannte; das Gebiet dieser Stämme lag noch hinter Drennach.
»Das ist Jex«, erklärte Myriam. Kell nickte den beiden Männern zu, die seinen Gruß mit einem Grunzen erwiderten, wobei sie seine Gestalt und seine Axt musterten. Sie schätzten ihn als Kämpfer ein, was Kell Unbehagen bereitete. Das hier war nicht die richtige Zeit und auch nicht der richtige Ort für so etwas.
»Ich bin Kell. Das hier ist Saark. Die beiden Mädchen sind Nienna und Kat.«
Myriam nickte und schien sich ein bisschen zu entspannen, nachdem man sich vorgestellt hatte. Styx und Jex zogen sich ebenfalls Stühle heran, zogen sie kratzend über die Dielen und setzten sich dann hinter Myriam, als wollten sie das Reden ihr überlassen.
»Ich habe von dir gehört, Saark.«
»Tatsächlich?« Seine Augen funkelten.
»Du warst Schwertchampion des Königs. Ich habe dich in Vohr kämpfen sehen, vor etwa fünf Jahren. Du warst sehr beeindruckend, wenn auch ein bisschen arrogant.«
»Nun, ich muss zugeben, dass ich mittlerweile noch arroganter geworden bin«, erwiderte er und legte eine Hand auf den Griff seines Rapiers. »Und ich bin gerne bereit, jedem eine Kostprobe meiner Kampfkunst zu geben, der darum ersucht.«
»Styx ist zwar ein Schwarzlippler und hat auch ein bisschen den Tatterich, kann aber recht gut mit einer Klinge umgehen. Vielleicht können wir ja morgen früh ein kleines Turnier veranstalten und ein bisschen Geld setzen?«
»Ich hätte das Gefühl, dass er benachteiligt wäre, da er nur ein Auge hat. Das bedeutet, seine Verteidigung auf dieser Seite wäre sehr stark beeinträchtigt. Aber du, meine Hübsche, ich bin sicher, dass du mit deinem kleinen Metallschwanz ziemlich gut umgehen kannst …«
Myriam lief rot an, ihre Miene verdüsterte sich, und sie machte Anstalten, aufzustehen.
»Das reicht!«, mischte sich Kell dröhnend ein, und Myriam setzte sich wieder hin. Der alte Krieger warf Saark einen vernichtenden Blick zu und wandte sich dann wieder an die Frau. »Da
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