Kells Legende: Roman (German Edition)
Schweigen.
Das war kein Tag für Gelächter.
Kat wusch sich, so gut sie konnte, füllte den Krug am Fluss und trug ihn dann wieder zurück zu der Kate. Dort blieb sie stehen und beobachtete Saark bei der Arbeit. Er hatte seine langen, dunklen Locken zurückgebunden und sich das Hemd ausgezogen. Er besaß einen kräftigen, muskulösen Oberkörper, breite Schultern und eine schmale Taille. Und obwohl er behauptet hatte, er hätte niemals Holz gehackt, stellte er sich dabei sehr geschickt an, schlug sehr präzise zu und bewies eine perfekte Balance. Jeder Schlag spaltete die Scheite in Hälften, Viertel und dann Achtel, die darauf warteten, verbrannt zu werden.
Kat musterte ihn eine Weile, betrachtete die Bewegungen seines Körpers, die Arbeit der Muskeln unter der blassen, weißen Haut, und die Heiterkeit seines gut aussehenden Gesichtes, während er sich auf seine Arbeit konzentrierte. Nein, korrigierte sie sich; es war kein gut aussehendes Gesicht, sondern ein wunderschönes. Saark war erstaunlich. Er war in seiner feinen Symmetrie beinahe weiblich. Kat leckte sich unwillkürlich die Lippen.
In diesem Moment drehte er sich um. Trotz der kalten Luft glänzte Schweiß auf seiner Haut, und er winkte sie zu sich. Langsam näherte sie sich ihm, die Augen niedergeschlagen, und fühlte sich plötzlich verlegen, ohne zu wissen, warum.
»Hallo, meine Hübsche«, sagte er mit einem strahlenden, freundlichen Lächeln. »Wäre es dir vielleicht möglich, meinen Durst zu stillen?«
»Herr?«
»Das Wasser.« Er lachte. »Kann ich einen Schluck davon haben?«
Kat nickte, und Saark nahm den Krug. Er trank schluckweise, wobei ihm das Wasser über das Kinn lief und auf seine Brust troff, wo es sich mit dem glänzenden Schweiß vermischte. Sie stellte fest, dass auf seiner Brust dasselbe dunkle, lockige Haar wuchs wie auf seinem Kopf. Als er den Krug sinken ließ, grinste er sie an. Seine Augen funkelten.
»Gefällt dir, was du siehst?«
»Was meint Ihr?«
»Du hast mich beobachtet, als ich Holz gehackt habe.«
»Das habe ich nicht!« Sie klang gekränkt.
»Wie alt bist du, Mädchen?«
»Ich bin … achtzehn. Ich bin eine Frau, kein Mädchen.«
Saark betrachtete sie von Kopf bis Fuß, und seine Augen weiteten sich. »Nun, das sehe ich, meine Schöne.« Seine Stimme wurde dunkler. »Du bist wahrhaftig eine Frau.«
»Seid Ihr mit dem Krug fertig?«
Saark grinste erneut und reichte ihr den Krug zurück. Kat nahm ihn und drehte sich um.
»Du kannst heute Nacht bei mir schlafen, wenn du möchtest. Ich werde dich warm halten, gegen Kälte und Schnee und vor den bösen Männern im Dunkeln beschützen.«
»Der einzige böse Mann im Dunkeln seid Ihr«, gab sie zurück, ohne sich umzudrehen, und ging weiter zur Kate. Kats Wangen brannten, als sie ging, aber sie lächelte.
Kell entfachte ein Feuer, und innerhalb einer Stunde war es warm in der Kate. Draußen wurde es dunkel, und mit der Dunkelheit kam ein Sturm aus Schnee und Hagel, der gegen die Scheiben prasselte, während der Wind traurig durch die Eiben hinter dem Haus heulte.
Nienna und Kat kochten einen großen Kessel mit Eintopf aus Kohl und Kartoffeln und viel Salz, das Kell in einem Schrank mit getrockneten Kräutern gefunden hatte, zusammen mit Thymian und Rosmarin, was den Geschmack des Eintopfs weiter verbesserte. Dann setzten sie sich an den Tisch und aßen. Sie alle hatten sich so gut sie konnten in dem eiskalten Fluss gesäubert, und Nienna hatte einige alte Kleidungsstücke in einer Kiste im Schlafraum gefunden. Obwohl sie klamm waren und ein wenig muffig rochen, waren sie weit besser als die schmutzigen Kleidungsstücke, die sie trugen und die durch ihre Erlebnisse in der Gerberei sehr stark gelitten hatten. Sie alle zogen sich um, verbrannten die alten Kleider im Feuer und trugen stattdessen wollene Strumpfhosen und grobe Baumwollhemden. Saark war der Letzte, und als Nienna ihm die dicke Hose und das Hemd gab, hielt er sie auf Armeslänge von sich weg. Sein Widerwille war ihm deutlich anzumerken.
»Was soll ich denn damit machen?«, fragte er Nienna.
Sie lachte barsch. »Anziehen, Ihr feiner Pinkel!«
»Sicher? Ich dachte, sie wären dafür gedacht, den Schweinestall auszumisten.« Er warf Kell einen Blick zu und verzog das Gesicht. »Wie ich sehe, hast du dich bereits an deine neue Garderobe gewöhnt, mein Alter.«
»Diese Kleidung ist vollkommen in Ordnung«, erwiderte Kell mürrisch und ohne hochzublicken.
»Kratzt sie nicht? Oder juckt?«
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