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Kells Legende: Roman (German Edition)

Kells Legende: Roman (German Edition)

Titel: Kells Legende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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Eine neue Welt öffnete sich vor ihnen, frisch und strahlend, als sie aus den letzten Schlieren des Dunstes in eine Landschaft voll sanfter Hügel kamen, auf denen der Frost funkelte und noch etliche Stellen mit Schnee bedeckt waren. Große Hügel säumten den Horizont, von denen viele mit Koniferen, Lärchen, Eiben und Blaufichten bewachsen waren. Sie bildeten große, grüne und weiße Flecken, die sich sichelförmig über die sanft geschwungenen Hügel ausbreiteten. Felsen waren dazwischen zu sehen und rosa und rot wuchernde Winterheide, die das Ganze mit strahlenden Farbtupfern verzierte.
    Schließlich steuerte Kell das Boot am Flussufer entlang, das von riesigen Silbertannen gesäumt wurde. Sie fuhren eine Weile schweigend weiter, in ihre feuchte Kleidung gehüllt, die noch nach der Kloake der Gerberei stank, und in Gedanken bei den schrecklichen Vorfällen, die Jalder ereilt hatten.
    »Da.« Saark streckte die Hand aus.
    Kell nickte. Er sah das kleine, von Eiben umgebene Steinhaus und lenkte das Boot zu einem Kiesstrand. Dort sprang er hinaus in das flache Wasser und zog das Boot knurrend auf den Kies. Dann stand er da, die Axt in seinen bläulich kalten Händen, während die anderen ebenfalls aus dem Boot stiegen. Saark trat zu ihm, das Rapier in den Händen, und sah sich nach einem möglichen Feind um.
    »Glaubst du, dass sie uns bis hierher verfolgen?«, wollte Saark wissen.
    »Hast du jemals zuvor eine Kreatur wie diesen Schnitter gesehen?«
    »Nein.«
    »Ich auch nicht. Also … ich habe keine Ahnung, was sie tun werden, mein Freund. Aber zumindest haben wir erst einmal mindestens zwanzig Meilen zwischen uns und diesen … diesen Wahnsinn in Jalder gebracht.« Während er sprach, sah er, wie Nienna sich schüttelte, und trat rasch zu ihr und legte ihr einen Arm um die Schultern. »Kopf hoch, Nienna. Wir machen gleich ein Feuer.«
    »Ich habe überlegt. Ich habe an Mutter gedacht.«
    Kell runzelte die Stirn. »Sie ist doch bestimmt zu Keenans Hof gegangen, um dort zu arbeiten, oder? In der Töpferei?«
    Nienna nickte, aber ihr Gesicht war von Furcht verzerrt.
    »Der Hof liegt acht Meilen vor der Stadt«, erklärte Kell beruhigend. »Es wird ihr schon gut gehen. Vertrau mir. Der Feind wollte die Garnison; die Soldaten werden sich schwerlich die Mühe machen, die ganze Landschaft wegen jedes kleinen Gehöfts zu durchkämmen.«
    Nienna nickte erneut, aber Kell sah, dass sie nicht vollends überzeugt war.
    Vorsichtig näherten sie sich der steinernen Kate. Sie war eingeschossig, einfach gebaut und hatte ein Reetdach. Aus dem Schornstein kam kein Rauch, und im Hof lief auch kein Vieh herum, was eigentlich für eine von diesen bescheidenen, aber gemütlichen Heimstätten normal gewesen wäre.
    »Keiner da«, erklärte Saark und trat gegen einen Eimer, der klappernd durch den Schlamm rollte.
    Kell warf ihm einen finsteren Blick zu und trat zum Eingang. »Was ist los mit dir? Bedauerst du, dass keine Dienstmägde zur Hand sind, die sofort herbeispringen, wenn du pfeifst?«
    Saark zuckte mit den Schultern, stemmte eine Hand auf seine Hüfte und stocherte mit dem Rapier auf dem Boden herum. Er spielte mit einem zerfetzten, schmutzigen Ärmel. »Jedenfalls tut es mir leid, dass ich keine Mägde zur Verfügung habe, Kell, mein Alter. In bestimmten gesellschaftlichen Kreisen redet man noch heute davon, dass ich selbst drallsten, pferdegesichtigen Damen die erlesensten Genüsse bereiten kann.« Er lächelte und zeigte seine gleichmäßigen, weißen Zähne. »Ich habe ein Händchen für weibliche Körper. Und wenn ich so darüber nachdenke, auch für männliche.«
    »Ah ja? Behalt deine Gedanken tunlichst für dich!«, stieß Kell drohend hervor, »sonst machst du Bekanntschaft mit meinen Händchen.« Mit diesen Worten betrat er die Kate. Einen Augenblick später tauchte er wieder auf und winkte seine Gefährten herein. Sie folgten ihm. Der Boden der Kate war mit Feldsteinen gepflastert, und in einem Raum standen ein Tisch und etliche Stühle. Alles alt und zerkratzt, aber hervorragend geschreinert. Über eine Wand verlief ein Küchenregal, in dem hölzerne Teller, Becher und ein großer Krug standen. Der zweite Raum enthielt ein riesiges Bett, auf dem noch ein paar alte Decken lagen. Saark warf einen Blick hinein und schnalzte missbilligend mit der Zunge.
    »Was ist denn jetzt schon wieder los?«, fuhr Kell ihn an.
    »Keine seidenen Laken«, erwiderte Saark lächelnd und rieb sich müde die Augen. Dann gähnte er und

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