Kells Legende: Roman (German Edition)
blickte Kell von seinem Eintopf hoch. »Ich merke jedenfalls nichts«, antwortete er. »Aber du findest sie vielleicht ein bisschen rau, du mit deiner zarten Haut, deinen manikürten Händen und deinem von zu viel Creme aufgeweichten Hintern.«
»Ha! Das hier ist die Kleidung eines Bauern. Ich werde sie nicht tragen.«
»Dann wirst du die ganze nächste Woche nach Hundekot, altem Hirn und Rinderfett stinken.«
Darüber dachte Saark eine Weile nach. »Bist du sicher, dass sie nicht jucken?«, erkundigte er sich dann. »Es gibt nichts Schlimmeres als Bauernflöhe. Außer vielleicht die Syphilis einer Hure!« Über seinen eigenen Scherz lachend, verschwand er mit seiner Kleidung im Schlafzimmer. Kell starrte ihm nach, und seine Augen glühten wie zwei Kohlen.
Die Schlafzimmertür schloss sich und wurde unmittelbar danach wieder geöffnet. »Besteht vielleicht die Möglichkeit, dass eine von euch jungen Damen mir beim Ankleiden behilflich sein könnte? Ihr wisst ja, wie mühsam das für uns vornehme Adlige sein kann.«
»Ich mach das schon«, bot sich Kell an und schob seinen Stuhl zurück, dessen Füße über den Steinboden kratzten.
»Oh … schon gut, mein Alter. Ich … ich glaube, ich schaffe es doch alleine.«
Saark verschwand, und Kell setzte sich wieder an seinen Eintopf. Er machte Nienna und Kat Komplimente für ihre Kochkünste.
»Großvater?«, fragte Nienna, als sie fertig gegessen hatten.
»Ja, Äffchen?«
»Werden diese …« Sie schien zu überlegen, was sie sagen wollte. »Werden diese Albino-Soldaten uns verfolgen? Selbst so weit von Jalder entfernt?«
»Nein, Mädchen«, erwiderte Kell. »Sie haben die Garnison eingenommen und danach die Stadt. Wenn sie vorhaben, weiter nach Falanor vorzudringen, wäre ihre logische Route der Weg nach Süden, über die Große Nordstraße. Schließlich hat König Leanoric sie gebaut, um auf ihr seine Truppen schneller transportieren zu können.« Er lächelte grimmig. »Das ist nicht ohne Ironie, denn er hat sich ganz gewiss vorgestellt, dass seine eigenen Soldaten diese Straße benutzen, und nicht der Feind.«
»Woher sind diese Albino-Soldaten eigentlich gekommen?«, erkundigte sich Kat. Sie hatte sich auf ihrem Stuhl zurückgelehnt und streckte die Hände zum Feuer aus. Sie hatte einen vollen Bauch und genoss einen kleinen Moment Zufriedenheit.
»Aus dem Norden, von jenseits des Schwarzspitz-Massivs. Ich habe sie einmal gesehen; sie bilden dort eine große Zivilisation.«
»Warum redet denn niemand in Jalder über sie? Warum gibt es keinen Handel mit ihnen?«
Kell zuckte mit den Schultern. »Die Wege über die Berge sind sehr tückisch. Die meiste Zeit im Jahr sind sie sogar unpassierbar, und ganz bestimmt kann man keine Armee darüber führen. Diese Eiserne Armee muss eine neue Route gefunden haben, eine Route, die ich nicht kenne.«
»Stimmt es, dass es unter den Schwarzspitzen ein Tunnelsystem gibt?«
Kell nickte. »Es gibt sehr viele Tunnel dort. Und sie sind noch tückischer als die Bergpfade, so viel ist sicher.« Er blickte in die Ferne, als würde er sich an vergangene Tage erinnern. »Ich habe viele Männer in den Schwarzspitzen sterben sehen. Die Berge machen keine Gefangenen.«
»Ihr redet, als wären es lebende Wesen.«
»Vielleicht sind sie das ja auch.« Kell rieb sich müde die Augen. »Vielleicht sind sie genau das.«
Saark nutzte genau diesen Moment für seinen großen Auftritt. Er grinste, als er aus dem Schlafzimmer kam, und drehte sich in der Tür einmal um seine eigene Achse. »Jetzt sehe ich genauso aus wie ihr«, sagte er und band sich seine langen Locken zurück.
»Sagtest du nicht, dass dies Kleidung für Bauern wäre?«, erkundigte sich Kell.
»Genau.« Saark lächelte. »Gibt es noch etwas von dem Eintopf? Ich sterbe vor Hunger.«
»Ihr hattet bereits zwei Näpfe«, erwiderte Kat.
»Ich bin ein Jüngling im Wachstum, der Kraft braucht.« Er zwinkerte ihr zu und setzte sich, während er Eintopf in seinen Napf löffelte. »Bei allen Göttern, das stinkt vielleicht nach Kohl.«
»Du kannst jederzeit hungern, mein Junge«, schlug Kell vor.
»Nein, nein, allmählich fange ich an, den … Geschmack von Kohl zu mögen. Er ist sicherlich gewöhnungsbedürftig, aber ich glaube, in ein oder zwei Jahren habe ich es geschafft.«
Als die Mädchen ins Bett gegangen waren und schliefen, zog Saark einen kleinen Flakon aus seinem Wams und winkte damit vor Kell hin und her. »Kleiner Schluck gefällig, mein Alter?«
»Hör auf,
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