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Kells Legende: Roman (German Edition)

Kells Legende: Roman (German Edition)

Titel: Kells Legende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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hustete und dabei dunkles Flusswasser ausspuckte. Schließlich blickte er verwirrt um sich.
    »Was ist passiert?«
    »Die Bestie hat dich unter Wasser gezerrt. Ich bin hineingesprungen und habe dich herausgeholt. Dabei bin ich mir verdammt sicher, dass du dieser Mühe nicht wert bist.«
    »Sehr charmant, Kell. Du würdest zweifellos jede Bauerntochter mit deinem gewinnenden Wesen dazu bringen, dass sie aus ihren Holzlatschen kippt. Wo ist das Boot?«
    »Weg.«
    »Wo sind wir?«
    »Sehe ich aus wie ein verdammter Kartograph?«
    »Eigentlich, mein Alter, siehst du genau so aus.«
    Etwas tauchte aus dem Fluss auf, direkt vor ihnen. Ein riesiges, schwarzes Wesen, das im nächsten Moment mit einem gewaltigen Platschen wieder unterging. In seinem Kielwasser trieb der Canker, beziehungsweise ein Teil von ihm. Er war völlig zerfetzt; Muskeln und Sehnen waren noch kurz zu sehen, bevor alles langsam in die Tiefe sank.
    »Immerhin ein Problem, das wir gelöst haben«, erklärte Saark mit erstickter Stimme. Er bückte sich und rollte ein Hosenbein hoch. Bisswunden säumten sein Schienbein und seine Knie. Sie bluteten, und er zuckte zusammen, als er sie berührte. »Ich hoffe, dass mich die Bestie nicht vergiftet hat.«
    »Sie ist tot. Jedenfalls vorläufig.« Kell stand auf. Er schob seinen Svian in die Scheide unter seinem Ärmel und fluchte. Seine Axt, Ilanna, war noch auf dem Boot. Und das war verschwunden. Kell fuhr sich mit den Händen durch sein nasses Haar und fröstelte. In dem Moment begann es zu schneien, was seine ohnehin schon frostige Stimmung nicht gerade verbesserte.
    Saark hatte etwas in einer der Bisswunden gefunden und zog es mit einem schmatzenden Geräusch heraus. Es war ein Reißzahn. »Igitt!«, sagte er und starrte auf den Messingzahn. »Dieser widerliche Mistkerl.« Er schleuderte den Zahn in den Fluss. »Ekelhaft.«
    »Wir müssen Nienna finden«, erklärte Kell.
    »Und Kat«, sagte Saark und sah den alten Mann an.
    »Und Kat«, stimmte Kell zu. »Komm, lass uns gehen.«
    »Moment mal! Warte, du bist vielleicht in der Stimmung, um im Dunkeln querfeldein zu marschieren, und dazu noch über einen vereisten Boden; aber ich werde sterben, wenn ich noch länger im Freien bleibe. Und du auch, so wie du aussiehst. Du bist schon blau angelaufen!«
    »Ich habe das Schwarzspitz-Massiv überquert«, knurrte Kell. »Es brauchte mehr als diese verdammte Kälte, um mich umzubringen.«
    »Und das war vor wie vielen Jahren? Sieh dich an, Mann, du bibberst schlimmer als ein Piratenschiff in einem Sturm. Wir brauchen ein Feuer und trockene Kleidung. Komm mit. Diese Ebenen sind bewohnt; wir werden irgendwo etwas finden.«
    Sie marschierten durch die Dunkelheit. Saark humpelte, während sie dem Flusslauf folgten, bis ein dichter Wald aus Kiefern und Zedern sie zwang, weiter ins Inland auszuweichen. Sie trotteten über Schnee und gefrorene Steppe, umgingen Wälder und erreichten schließlich die Hütte eines Kleinbauern; es war nur ein einzelner Raum mit einem Dach, knapp zwei Meter an zwei Meter, und für Notfälle gedacht. Dankbar traten sie ein, schlossen die Tür und ließen Wind und Schnee draußen. Wie es Sitte in den Wäldern war, hatte der Letzte, der hier Schutz gesucht hatte, bereits Holz für ein Feuer aufgeschichtet. Kell fand Feuerstein und Zunder auf einem Regal. Mit zitternden Händen entzündete er das Feuer, und die beiden Männer drängten sich um die Flammen, die langsam höher loderten. Schließlich, nach einer Ewigkeit, erfüllte Wärme die Hütte, und sie entledigten sich ihrer nassen Kleidung, hängten sie auf Haken an die Wände, damit die Sachen trockneten, und setzten sich, nur noch mit Unterhosen und Stiefeln bekleidet, vor den Kamin. Dort hielten sie die Hände wärmend über die Flammen, während sie mit grimmiger Miene ins Feuer starrten.
    »Ich würde alles für einen großen Schluck Whisky geben«, meinte Kell schließlich, während er zusah, wie Dampf von ihren Kleidungsstücken aufstieg.
    »Und ich alles für eine fette Hure.«
    »Denkst du manchmal auch an etwas anderes als an Frauen?«
    »Manchmal«, erwiderte Saark und blickte versonnen in die Flammen. »Manchmal, in fernen Träumen, denke ich an Ehre, an Loyalität und an Freundschaft; ich denke an Liebe, an Familie, an glückliche Kinder, an eine lebende Ehefrau. An all die wirklich guten Dinge im Leben, mein Freund. Dann erinnere ich mich wieder an das, was ich bin, an die Dinge, die ich getan habe, und bin einfach dankbar, wenn sich

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