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Kells Rache: Roman (German Edition)

Kells Rache: Roman (German Edition)

Titel: Kells Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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wir alle zusammen heilig sind.«
    »Irgendetwas stimmt nicht. Du bist doch ihr Gefangener.«
    »Ja. In gewisser Weise. Aber nur, bis ich ihnen helfe … ein bestimmtes Ritual durchzuführen.«
    »Dafür brauchst du mich nicht.«
    »Du kommst mit!« Kradek-kas Stimme war so hart und spröde wie Eisen. Im nächsten Moment wurde er etwas weicher und holte tief Luft. Er streckte die Hand aus und half Anukis, sich von dem weichen weißen Bett zu erheben. Seine Hände waren sanft. Seine Krallen schimmerten wie Silber in dem indirekten Licht.
    »Ich bleibe hier. Ich fühle mich schwach. Ich muss schlafen.«
    »Nein. Die Zeit wird knapp. Du wirst mitkommen, und zwar sofort.«
    Anukis erwiderte den Blick ihres Vaters. »Nein, Vater, das werde ich nicht tun.« Ihre Stimme war eisig, und sie durchbrach die Wirkung der Honigdrogen in ihren Adern und in ihrem Verstand. Im selben Moment fragte sie sich, welches Spiel hier gespielt wurde. Anukis hatte es satt, so unglaublich satt, herumgeschubst zu werden, sich befehlen zu lassen, was sie zu tun hatte, benutzt und missbraucht zu werden, übervorteilt zu werden. Sie war durch den Vrekken gekommen, hatte für ihren Vater ihr Leben riskiert, und doch fühlte sich dieser Mann nicht an wie ihr Vater, eher wie ein Hochstapler, wie ein Chamäleon, etwas, das seine Haut veränderte, um zu gefallen, und doch ganz anders war. Einen anderen Organismus in sich hatte.
    Kradek-ka lächelte immer noch und schlug mit der geballten Faust zu. Er hatte die Krallen am Ende seiner Finger ausgefahren. Sie waren unglaublich lang, riesige, gebogene Krallen aus Silber und Gold, die Anukis’ Kehle durchbohrten, ihre Luftröhre durchtrennten, die Halsmuskeln und das Rückgrat, und in einer Explosion aus Blut, das auf die weißen Wände spritzte, aus ihrem Nacken austraten. Durch die Wucht des Schlages tanzte Anukis Körper zuckend wie ein Leichnam in einer Henkersschlinge an seiner Hand. Kradek-ka stand da, hielt Anukis hoch in die Luft wie eine aufgespießte Puppe. Anukis gurgelte und trat um sich, konnte nicht glauben, wie stark Kradek-ka war, und konnte nicht fassen, wie schwach sie selbst war. Und ganz gewiss konnte sie nicht begreifen, was da gerade passierte.
    »Mein kleines Mädchen«, sagte Kradek-ka, dessen Augen unglaublich düster glühten. »Du wirst genau das tun, was man dir sagt«, sagte er und zog seine Krallen wieder ein.
    General Graal ging zur Blutraffinerie. Die kalte Nachtluft kühlte seinen nackten Körper. Ohne seine Kleidung und die Rüstung sah man, wie muskulös und sehnig er war. Graals Haut war vollkommen weiß, wie feinstes Porzellan, und wenn er sich umdrehte, fiel das Mondlicht auf sein Gesicht und verlieh ihm einen surrealen, tödlichen Ausdruck. Als wäre er aus Marmor gehauen.
    »Die Sendungsmagie ist bereit, General«, zischte ein Schnitter, der federnd auf ihn zukam. Graal nickte und ging weiter durch den Schnee. Seine Füße knirschten, als er sich d er riesigen Blutraffinerie näherte, die fett, schwarz und au fgebläht wie ein verbrannter Leichnam dalag, wie der volle Bauch eines Raben, der sich auf dem Schlachtfeld an Leichen satt gefressen hat. Er drehte sich herum, sah die Schnitter an und an ihnen vorbei auf die Hauptstadt von Falanor, Vohr. Viele Gebäude brannten hell. Die Tempel. Die Bibliotheken. Rauch quoll in großen Spiralen in den dunklen Winterhimmel, und Ascheflocken tanzten wie Insekten in der Luft. Graals Nasenflügel zuckten, und er roch den fernen Rauch. Er drehte sich wieder zu der Blutraffinerie herum. Sie erinnerte ihn wirklich an eine Zecke, die sich völlig überfressen hatte.
    »Wir sind hier fertig«, sagte er leise. »Du weißt, was zu tun ist.«
    »Ja«, zischte der Schnitter.
    Graal trat vor und presste seinen nackten Körper gegen die Blutraffinerie. Dann begann er die Anrufung und spürte, wie die Sendungsmagie durch das uralte Eisen in seine Adern, seinen Körper, seine Knochen sickerte. Er trieb mit der Magie, wurde von der Magie absorbiert, und sie hämm erte in seinem Schädel mit einem plötzlichen, hellen Kl opfen. Er schwamm mit dem Strom, das Ziel war klar, und er fühlte, wie jedes einzelne Atom in seinem Wesen zerbrochen, ausgestreut und wieder zusammengesetzt wurde, zu einem Ganzen. Graal lachte, denn so musste sich Wahnsinn anfühlen. Er genoss es, denn so musste es sich anfühlen, ein Gott zu sein, er badete darin, wälzte sich darin, verlor seinen Verstand darin, und alles war gut.
    Graal schwamm. Er sprang. Er floss. Es

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