Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kells Rache: Roman (German Edition)

Kells Rache: Roman (German Edition)

Titel: Kells Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
Vom Netzwerk:
Nicht weil er Schmerzen gehabt hätte oder wegen der Verstümmelung oder des Todes, nicht einmal wegen der Möglichkeit seines eigenen Todes. Er war nervös, weil er nicht wusste, ob es wirklich funktionierte. Graal blinzelte, dann waren die Schnitter verschwunden; sie waren von den gewaltigen Maschinen absorbiert worden. Ganz schwach hörte er aus dem Inneren das Klicken eines riesigen, pendelnden Uhrwerks.
    Er lächelte grimmig. Sie nannten es Nahtstelle. Dort benutzten die Schnitter eine besondere uralte Magie, um das Blut zu raffinieren, es in diese chemische Substanz zu verwandeln, nach der die Vachine gierten und die sie brauchten, um zu überleben.
    Blutöl. Die Währung ihres Zeitalters.
    Graal saß grimmig da und dachte über Kradek-ka nach. Der Vachine war ein Genie, daran bestand kein Zweifel. Er hatte geholfen, die Zivilisation und die Gesellschaft zu errichten, die sie jetzt genossen. Aber er war unberechenbar und zudem ein bisschen verrückt. Und seine Tochter war ein gänzlich anderes Problem. Graals Miene verschloss sich. Sie war ebenfalls ein Problem, dem er sich noch würde stellen müssen.
    General Graal seufzte und starrte auf die Abflussröhren einer Raffinerie; ganz langsam und allmählich sickerte ein kleines Rinnsal von zermahlenem Fleisch heraus und fiel auf den verschneiten Boden. Graal brütete derweil weiter und wartete darauf, dass seine Schnitter zurückkehrten.
    Wenn nur das ganze Leben so einfach wäre wie Krieg, dachte er.
    Wenn die Kriegsfürsten der Vampire zurückkehrten, würde es keinen Krieg mehr geben. Er lächelte bei diesem Gedanken und träumte von seiner Kindheit … die ein ganzes Jahrtausend entfernt war.
    Man nannte ihn Grabschänder. Er lebte mitten in dem riesigen Kreis aus Steinen in Le’annath Moorkelth … dem Ort des Verscheidens. Der Name und die Natur dieser Steine waren den Menschen mit ihren seltsamen Sitten und ihren primitiven Waffen, die dieses Land bewohnten, schon lange fremd geworden. Aber der Grabschänder kannte beides; er hatte nachgeforscht, gelernt. Und er besaß ein Wissen, das weit älter war als die Menschheit oder die Vachine.
    Jetzt hockte er im Mittelpunkt des Steinkreises und sah zu, wie der Schnee um ihn herum fiel. Er liebte den Winter, die Kälte, den Schnee, das Eis, den Tod.
    Er sah an sich selbst herunter, analysierte staunend seinen Körper. Das machte er immer. Das machte ihn zu dem, was er war. Das Wort Narzissmus kam im Lexikon des Grabschänders nicht vor, und wenn doch, hätte er diesem Begriff zugestimmt; denn der Grabschänder liebte sich selbst, vielmehr, er liebte, was aus ihm geworden war. Was aus ihm gemacht worden war, von den Hexel-Spinnen, über eine lange, sehr lange, endlos lange Zeitspanne hinweg … eine Reise, die so lang und mühsam war, so schmerzhaft, dass er sich nicht einmal mehr an ihren Anfang erinnern konnte. Jetzt jedoch, erst jetzt wusste er, dass er sich dem Ende dieser Reise näherte.
    Jageraw blickte an sich hinab, betrachtete seinen perversen, runzligen Körper, seine Haut, die schwarz glänzte, fast wie Keramik, wie der Chitinpanzer der Spinne, die Spinne, ich sage es dir … kannst du das Hämolymphe riechen? Es fließt in meinen Adern und meinem Blut; er blickte an sich herab. Seine Gliedmaßen waren dünn, schmerzhaft dünn, ja so dünn, dass man glauben konnte, sie würden gleich brechen. Jageraw wusste, dass sie wie Pfahlrammen waren, zehnmal stärker als menschlicher Knochen oder Haut oder rohe, schmackhafte Muskeln; hundertmal stärker, o ja, ja. Sein Kopf, auch das wusste er, denn er hatte sein Spiegelbild in Blutpfützen gesehen, dieser Kopf war vollkommen rund und kahl, und er hatte geschlitzte Augen und ein Gesicht, das fast wie das einer Katze wirkte, wie diese Katzen, die er aß, ich mag diese Katzen, lecker, sie jaulen und kratzen mit ihren armseligen Krallen gegen seine keramische Rüstung, bis er ihnen die kleinen Hälse brach und sie aß, ganz und gar, mit Fell und Barthaaren und allem.
    Kriegsfürsten!
    Er hätte fast aufgeschrien, denn er war vor Schreck über diesen Gedanken aufgesprungen.
    Er hatte von ihnen geträumt, von den Kriegsfürsten, den wilden Kriegsfürsten, den Vampir-Kriegsfürsten. Den Vorgängern der Vachine, die in den Bergen hausten. Er lachte. Es war das tückische Keckern einer katzenartigen Spinne, und dann mischte sich etwas anderes hinein, wie Öl ins Wasser: das Weinen eines Kindes.
    Und jetzt! Allein die Vorstellung ließ Jageraw erzittern. Die

Weitere Kostenlose Bücher