Kells Rache: Roman (German Edition)
Geschwüren überzogen, ihr Haar ist matt, die Augen leblos. Können sie seinen Glanz nicht sehen, können sie nicht schon an der Farbe seiner Haut seine Überlegenheit erkennen?
Sie sind bewaffnet. Gelassen schiebt Graal sein Haar zurück, das von Blut getränkt ist und berauschend danach riecht, und betrachtet die willkürliche Ansammlung von Schwertern, Dolchen, angespitzten Stöcken und sogar einigen Mistgabeln. Diese Narren! Eine Frau trägt ein Bündel in ihrer ausgestreckten, zitternden Hand, und Graal muss sich fast nass machen, so sehr lacht er. Knoblauch! Bei allen Beinhäusern, Knoblauch ? Wie naiv und wie wundervoll lächerlich! Ist ihr das denn nicht klar? Wissen sie es denn nicht? Graal liebt Knoblauch. Die meisten Vampire lieben ihn. Er hilft, den Pesthauch der Toten zu vertreiben …
Graal strafft sich, tritt von den beiden Leichen weg und grinst. Das scheint die Dorfbewohner zu schockieren; vermutlich haben sie erwartet, dass er flüchtet. Stattdessen jedoch setzt sich Graal in Bewegung. Schnell, rasend schnell stürmt er zu ihnen, rammt hier eine Faust durch eine Brust und reißt ein noch schlagendes Herz heraus, duckt sich dort unter einem ungeschickten Schwerthieb eines Dorftrottels, der keine Zähne hat, bohrt seinen Zeigefinger in das Auge einer Frau und weiter, in ihr Hirn, reißt einem anderen Mann das Langschwert aus der Hand und hackt ihm in einer geschmeidigen Bewegung beide Beine ab. Dann hat Graal seinen Rhythmus gefunden. Jetzt beginnt das wahre Gemetzel. Das Schwert singt und schlachtet, trennt Köpfe von Schultern, Hände von Armen, Arme von Torsos. Graal lächelt, vor allem, als er eine schwangere Frau vom Scheitel über ihre fetten Brüste und ihr pumpendes Herz, ihren Wanst und das Kind darin bis zu ihrem Schoß spaltet. Ein Doppelmord mit einem einzigen Hieb! Wundervoll! Höchst ökonomisch! Verdammt, genau genommen ein Kunstwerk!
Innerhalb weniger Herzschläge, nach menschlicher Zeit bemessen, hat Graal sämtliche Dorfbewohner getötet. Dann hört er ein Hüsteln von der anderen Seite des Tores. Er kniet sich hin, reißt ein Herz aus einem Brustkorb, so heftig, dass die Sehnen schnalzen, und schreitet zum Tor. Er betrachtet die fünf untersetzten Vampire, die auf ihren Pferden sitzen und auf ihn herunterblicken.
»Ja?« Graal hält den Kopf hoch erhoben, und Arroganz lodert trotz seiner Jugend in seinen Augen. Er beißt in das Herz, wie man für gewöhnlich in einen Apfel beißt, genießt das glatte Gewebe, den warmen, kleinen Muskel in seinem Mund, seinem Hals, und drückt das warme Organ wie eine Frucht, spritzt sich das restliche Blut in den Mund. »Ihr habt mich in einem Augenblick der Hingabe überrascht. Also, wie kann ich zu Diensten sein?«
»Steig auf. Es gibt Arbeit zu erledigen.«
»Gemetzel?« Graals Augen funkeln.
»Gibt es eine andere Art von Arbeit?«
… Graal saß da und beobachtete die Raffinerien, die tropfenden Abflussrohre, lauschte dem Mahlen der Uhrwerkmaschinerie. Alle verschwunden, dachte er. Lange tot und verschwunden. So wie seine Mutter, die Königin, und sein Vater, der König. Getötet. Ermordet! Abgeschlachtet wie Menschenvieh. Graal fletschte die Zähne, was sein Gesicht zu einer unglaublich hässlichen Fratze verzerrte und den Vampir in ihm verriet, der in seinem jetzt schwachen Fleisch gefangen war, das Fleisch der Kombination, die erbärmliche Hülle eines Vachine.
Wir werden wieder frei sein, dachte er und nickte dabei.
Wir werden wieder frei sein.
Er stand auf, reckte sich, drehte den Kopf, um die Halsmuskeln zu lockern, und sah sich um. Hinter ihm im Feldlager lief alles ohne Probleme. Die Albino-Soldaten funktionierten wie, er lachte leise, wie ein Uhrwerk. Sie kochten und reinigten ihre Waffen und Rüstungen, ölten sie, schärften ihre Klingen, kümmerten sich um die Gefangenen und die Canker. Sie brauchten keine Befehle von Graal, denn sie waren wie Insekten, wie Arbeitsdrohnen im Bienenkorb, jeder mit seiner eigenen kleinen Arbeit beschäftigt und gleichzeitig Teil des großen Rades.
Graal drehte sich wieder zu den Raffinerien herum und wartete geduldig, bis sich einem Lidschlag gleich die Schnitter aus den Eisenwänden materialisierten. Sie wateten heraus wie aus einer zähen Flüssigkeit, traten vor Graal hin, ein Triumvirat des alles verschlingenden Bösen. Graal lächelte. Das Böse war etwas, womit er arbeiten konnte.
»Es ist vollbracht?«
»Wie du wünschtest. Das Blutöl ist aufbereitet. Spürst du nicht den Anstieg
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