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Kells Rache: Roman (German Edition)

Kells Rache: Roman (German Edition)

Titel: Kells Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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sichtbar machen.«
    Kell starrte dem Jungen in die Augen.
    Dunkelheit legte sich auf seine Seele, wie Asche von den Scheiterhaufen, auf denen Tausende von Kindern verbrannt worden waren.
    Das da ist nicht menschlich, sagte er sich.
    Das ist alles verzehrendes Böse.
    Ich sollte es töten. Ich sollte es jetzt sofort töten …
    Er packte den Schaft von Ilanna, seiner blutgebundenen Axt, fester und trat einen Schritt vor. Aber im selben Augenblick ertönte ein schriller Ton in seinem Schädel. Kell begriff, dass Ilanna ihn anschrie, ihn warnte; dann verklang der Ton, und er verstand ihre Worte. Ihre Stimme war kühl, ein schwebendes, metallisches Seufzen, wie die Stimme von Bienen im Korb, der Gesang von Ameisen in ihrem Nest …
    Warte , sagte sie. Das darfst du nicht.
    Warum nicht?, antwortete er in Gedanken.
    Weil er von den Ankarok stammt. Der uralten Rasse. Sie waren schon vor den Vachine hier und vor den Vampiren, die vor jenen existierten. Sie haben das Blutöl erfunden und die Magie beherrscht, und sie wissen zu viel.
    Kell schnaubte verächtlich. Er kam sich vor wie ein ahnungsloser Bauer im Spiel eines anderen. Ich werde manipuliert, dachte er. Aber erzählt meine süße, blutgetränkte Ilanna wirklich die Wahrheit? Oder lügt sie mir mit ihren schwarzen Zähnen einfach ins Gesicht, weil sie ihre eigenen Pläne hat …?
    Immerhin war dies Ilanna, die blutgebundene Axt, und sie hatte die Kontrolle. Jedenfalls glaubte sie das gerne. Sie war mit Blutöl geweiht und in den Tagen des Blutes ein nützliches Instrument gewesen, jedenfalls glaubte Kell das. Sie bot ihm ein zartes Band zum Wahnsinn, ein Risiko, das Kell nur zu gern akzeptierte, weil … wenn er der Wahrheit ins Auge sah, musste er einräumen, dass er ohne Ilanna bereits ein toter Mann wäre. Und wenn Kell ein toter Mann war, war seine Enkelin Nienna ein totes Mädchen.
    Er sollte sterben, dachte er.
    Warum? Weil du das sagst?
    Kell atmete das Parfüm der Streitaxt ein. Das Aroma des Todes. Den Leichenhauch von Ilanna. Es war ein berauschender Duft, wirksam wie das beste Rauschgift, wie ein Becher mit Honig verfeinerten Whiskys. Kell fühlte, wie er einen Moment lang zu schweben schien, sich in ihr verlor, in Ilanna verlor … Ich bin Ilanna, sang sie. Sie war Musik in seinem Herzen und eine Droge in seinen Adern, ich bin der Honig in deiner Seele, die Butter auf deinem Brot, der Zucker in deinem Apfel. Ich mache dich ganz, Kell. Ich bringe das Beste in dir zum Vorschein. Ich erwecke den Krieger in dir. Und ja, ich fordere dich auf zu töten, aber begreifst du die Ironie nicht? Begreifst du nicht, wonach es mich verlangt? Ich bitte dich jetzt, nicht zu töten; ich bitte dich, den Jungen zu verschonen. Er ist etwas Besonderes. Etwas ganz Besonderes. Du wirst es selbst erleben, und eines Tages wirst du mir für diese Worte der Weisheit danken. Skanda ist Ankarok, er ist älter als die Welten. Sieh in seine Insektenaugen und erkenne die Wahrheit, Kell, begreife die Wichtigkeit dessen, was ich sage. Denn wir werden niemals wieder eine Gelegenheit wie diese bekommen. Er wird dir helfen, Nienna zu finden, er wird dir helfen, jene zu retten, die du liebst.
    Miststück!
    Ich sage nur die Wahrheit. Und du weißt es. Also, werd erwachsen und werd klug, lass uns weitergehen und diese Geschichte hinter uns bringen; Lilliath führt gerade die Albino-Soldaten durch den Wald hierher. Sie kommen, Kell, und du musst dich sputen …
    Kell öffnete die Augen. Er bemerkte, dass sowohl Saark als auch Skanda ihn scharf anstarrten.
    »Geht es dir gut?«, erkundigte sich Saark leise.
    »Ja, mit mir ist alles klar.«
    »Wir können noch eine Weile länger rasten, wenn du das brauchst«, meinte Saark, den plötzlich Gewissensbisse plagten, als er sich an seinen ausgiebigen Schlaf erinnerte. Er hatte zugelassen, dass Kell die ganze Nacht Wache hielt. Das war extrem egoistisch gewesen.
    »Nein. Die Soldaten kommen. Wir sollten weiterziehen.«
    Skandas Augen leuchteten auf. »Willst du, dass ich in den Wald zurückgehe? Sie suchen? Und sie töte?«
    »Nein.« Kell schüttelte den Kopf und betrachtete den Skorpion, der auf der Hand des Jungen hockte. Skanda bemerkte seinen Blick und missverstand ihn. Rasch verbarg er das winzige Insekt in den Falten seiner groben Kleidung, und Kell nahm sich vor, am nächsten Morgen seine Stiefel genau zu untersuchen. »Wir wenden uns nach Norden. Und wir werden schnell weiterziehen. Wir müssen Nienna finden. Wir werden sie retten … oder bei dem

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