Keltengrab: Thriller (German Edition)
mehr betreten. Die Decke war halb eingestürzt, hieß es. Aber Campion und Roche ließen Arbeiter kommen. Die fanden etwas. Böses aus alter Zeit. Campion und Roche haben es wieder zum Leben erweckt. Drei Schwestern, die mit mir vom Wöchnerinnenheim kamen, sind inzwischen gestorben, alle drei davon vergiftet. Deshalb bin ich hierher geflohen.«
Ich verstand, was Fran gemeint hatte. Wahrheit und Fantasie waren schwer auseinander zu halten, da beides mit gleicher Überzeugungskraft vorgebracht wurde.
»Wie lange ist das her?«
»Ich bin jetzt das zweite Weihnachten hier oder das dritte. Frances weiß es bestimmt. Ich bin jetzt müde, muss noch meine Gebete für die Wohltäter des Ordens sprechen.« Sie legte den Kopf nach hinten und begann zu murmeln: »Oremus pro benefactoribus nostris …«
»Ich verstehe, Schwester«, sagte ich und erhob mich.
Aber Schwester Gabriel setzte sich noch einmal auf. »Wohin willst du jetzt, du dummes Ding? Es ist Zeit fürs Bett.«
»Ich weiß, und genau dorthin gehe ich. Nur noch eine letzte Frage. Was wissen Sie über Monashee?«
Sie legte sich wieder zurück und zupfte nervös an der Bettdecke. »Da liegen Sachen begraben.« Ihre Stimme war dünner geworden.
»Was für Sachen?«, fragte ich leise und war schon im Begriff, die Tür zu öffnen.
Sie zog sich die Decke bis ans Kinn. Ihre Augen schossen wild in den Höhlen umher. »Ungeheuer. Launen der Natur, die im Wöchnerinnenheim zur Welt kamen und zur Grange Abbey geschickt wurden, um sie spurlos zu beseitigen. Die hat man dort begraben.« Sie flüsterte nun.
»In Monashee?«
»Ja. Lassen Sie nicht zu, dass sie mich an diesen gottvergessenen Ort bringen.«
»In Ordnung, Schwester. Ich lasse nicht zu, dass sie Ihnen etwas tun.«
Ich öffnete die Tür, und im selben Moment knallte der Wecker neben meinem Kopf gegen die Wand. Er fiel scheppernd zu Boden, die Batterie sprang heraus und rollte unters Bett.
»Du dumme, dumme Göre«, kreischte sie. »Du hast keine Macht über sie. Du hast nichts mitzureden, wenn der Böse seinen Plan für die Menschheit offenbart. Du konntest nicht einmal der Versuchung widerstehen, einen Mann in dein Bett zu lassen, und jetzt sieh dir an, was du für deine paar Sekunden Vergnügen bekommen hast – eine schmerzhafte Geburt, ein Kind, das du nie wiedersehen wirst, und ein Leben voller Reue …«
Ich sprang schnell aus dem Zimmer, bevor noch mehr geworfen wurde.
Fran kam bereits mit besorgtem Blick den Korridor entlang. »Was ist los?«
»Nichts ist los.« Ich lächelte matt. »Die Zeit war nur um.« Ich schob ihr den Wecker in die Hand, und Fran sah ihn überrascht an. Dann fiel mir auf, dass er genau um 16.05 Uhr stehen geblieben war. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne verließen die südliche Kammer in Dowth.
46
Auf dem Rückweg nach Castleboyne erzählte ich Fran nicht viel von dem, was Schwester Gabriel gesagt hatte. Ich erklärte, ich würde erst noch Zeit brauchen, bis ich mir einen Reim auf alles machen konnte.
Fran verstand mich nur zu gut. »Ich weiß. Dir schwirrt jetzt wahrscheinlich der Kopf. Wenn du ihr lange genug zuhörst, bist du am Ende so konfus wie sie selbst.«
Als ich Fran absetzte, überreichte ich ihr zwei Geschenke, verpackt und mit rotem Schleifchen. Das eine war eine DVD mit den Videos und Live-Auftritten von The Cure, das andere, nicht ganz ernst gemeinte, eine Klobürste, deren Fuß wie ein weit offener Mund gestaltet war. Der Benutzer konnte sich auf diese Weise jeden Tag vorstellen, wem er die Bürste gern in den Rachen stopfen würde.
»Schon vor Weihnachten?«, sagte Fran. »Ich bin beeindruckt. Darf ich es aufmachen?«
»Nein. Nur weil du es hast, müssen wir nicht mit der Tradition brechen.« Fran lachte.
Als ich zu Hause ankam, war das ganze Haus dunkel. Sowohl Peggy als auch meine Mutter mussten also bereits gegangen sein. Ich machte das Licht in der Küche an und entdeckte sofort den Zettel am Kühlschrank: GILLIAN HAT ANGERUFEN. CHORPROBE UM 19.00 UHR IN DER KIRCHE.
Die Probe war nicht eingeplant gewesen. Ich nahm an, sie fand statt, weil Gillian beim letzten Mal nicht teilnehmen konnte und sich überzeugen wollte, dass wir für die Christmette um Mitternacht gerüstet waren. Ich sah auf die Uhr. Es war kurz vor halb sieben. Ich hatte Finian versprochen, ihn wissen zu lassen, wo ich die Nacht verbringen würde. Mir war klar, dass ich es auf die lange Bank schob, weil ich das angenehme Freiheitsgefühl auskosten wollte, das Haus
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