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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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dieselben gerahmten Drucke an der Wand, Paul Klee und Chagall, und ein Konzertposter von Pink Floyd. Immer noch dieselben weißen Möbel. Nur die Geräte und Instrumente sahen ein bisschen anders aus.
    Kelwitt sah sich neugierig um, sagte aber nichts. Er befühlte die Sitzflächen der verschiedenen Stühle, die alle mit hellem Kunstleder überzogen waren. Abwaschbar, feuchtigkeitsunempfindlich und leicht gepolstert. »Unangenehm«, meinte er.
    Thilo sah sich um, entdeckte aber auch keine andere Sitzgelegenheit. »Ich fürchte, da musst du durch.«
    In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen, und Doktor Lacher kam hereingewirbelt, mit wehendem weißen Kittel, das Inbild des viel beschäftigten Arztes. »So!«, rief er aus. »Hallo Sabrina, hallo Thilo – lange nicht gesehen, was? Groß seid ihr geworden.« Er schüttelte ihnen die Hände. »Wie geht’s euch? Gut, hoffe ich.«
    »Ja«, erwiderte Sabrina verdutzt. »Doch. Im Grunde schon.«
    »Schön«, nickte der Arzt. »Dann wollen wir uns mal den Patienten anschauen.« Er streckte Kelwitt die Hand hin. »Guten Tag, mein Name ist Doktor Lacher. Sie sind nicht von hier, scheint mir, oder?«
    Kelwitt ergriff die Hand des Arztes und schüttelte sie, als sei er keinen anderen Gruß gewohnt. »Mein Name ist Kelwitt«, erklärte er. »Ich komme vom Planeten Jombuur.«
    »Der liegt im Zentrum der Milchstraße«, fügte Thilo hinzu.
    »Jedenfalls in der Gegend«, ergänzte Sabrina. Beide wunderten sich doch etwas, wie gelassen ihr ehemaliger Hausarzt die Begegnung mit einem Außerirdischen aufnahm. Gerade, dass er ein bisschen nervös blinzelte, als er Kelwitts kalte Tentakelfinger umfasste.
    »Jombuur. Im Zentrum der Milchstraße. Verstehe. Das ist ein ganz schönes Stück weit weg, wenn ich mich nicht irre?«
    »Ja«, sagte Kelwitt.
    »Wahrscheinlich wäre man sogar mit der ›Enterprise‹ eine ganze Weile unterwegs, was?«
    Kelwitt nickte. »Ungefähr einen Monat.«
    Sabrina und Thilo sahen einander nur hilflos an.
    Doktor Lacher stieß einen Pfiff aus. »Das ist allerdings ein ziemliches Stück. Was führt Sie auf unseren kleinen blauen Planeten, wenn ich fragen darf?«
    »Ich habe eine Orakelfahrt gemacht. Unglücklicherweise bin ich dabei abgestürzt.«
    »Ah.« Der Arzt griff nach einer Karteikarte und einem Kugelschreiber und begann, sich Notizen zu machen. »Und dabei haben Sie sich verletzt?« Er deutete auf die Stühle vor seinem Schreibtisch. »Nehmen Sie doch Platz. Ihr beide natürlich auch.«
    Sie setzten sich. Sogar Kelwitt, wenngleich sehr behutsam und nicht ohne spürbare Anspannung. »Nein«, stand er weiter Rede und Antwort. »Das Schutzfeld des Raumschiffes wurde rechtzeitig vor dem Aufprall aktiviert.«
    »Verstehe«, nickte Doktor Lacher ernsthaft. »Aber Sie haben Beschwerden, hat man mir gesagt.«
    »Ja. Ich fühle mich nicht gut. Seit zwei Tagen geht es mir sehr schlecht.«
    »Seit zwei Tagen. Verstehe. Und wie äußert sich das konkret?«
    Kelwitt überlegte einen Augenblick. »Dass ich mich sehr schlecht fühle«, erklärte er dann.
    Doktor Lacher schmunzelte einen Moment, und sein Blick huschte kurz umher, als suche er etwas in den Ecken des Raumes.
    »Sicher, das habe ich schon verstanden. Heißt das, dass Sie Schmerzen haben? Ist Ihnen übel? Haben Sie das Bedürfnis, sich hinzulegen?«
    »Ja«, sagte Kelwitt nach einerweiteren Sekunde des Überlegens.
    »Es hat mit Schmerzen in der Oberkörpermuskulatur angefangen«, schaltete sich Sabrina ein. »So etwas wie Verspannungen. Er hat schlecht geschlafen.«
    »Am Heiligen Abend hat er zum ersten Mal etwas gegessen«, fügte Thilo hinzu. »Vielleicht ist ihm das nicht bekommen?«
    »Jombuuraner essen nur einmal im Monat etwas«, erklärte Sabrina.
    »Verstehe«, nickte der Doktor. »Ich habe ein paar Patienten, denen das auch sehr gut täte.« Er machte sich Notizen und schaute sich dabei wieder verstohlen um, zu den Glastüren seiner Arzneischränke, dem Spiegel über dem Waschbecken, dem Wandschirm vor dem gynäkologischen Stuhl in der Ecke. »Fühlen Sie sich allgemein schwach?«
    »Gestern habe ich mich sehr schwach gefühlt«, gab Kelwitt Auskunft. »Dann habe ich mich noch einmal entleert. Seither fühle ich mich etwas besser.«
    »Sie haben sich entleert – heißt das, Sie hatten Stuhlgang?«
    »Ungefähr, ja.«
    »Haben Ihre Muskelschmerzen seither nachgelassen?«
    »Nein.«
    »Aber Sie fühlen sich stärker?«
    »Ein wenig.«
    »Hmm.« Der Arzt drehte seinen Kugelschreiber

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