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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Besonderes aufgefallen? War ein Wartungstechniker da? Für den Kopierer? Die Computer? Die Heizung?«
    »Wie bitte?« Stefanie schüttelte verwirrt den Kopf, dachte aber dann doch nach. »Nein. Ich meine … Nein, nicht dass ich wüsste.«
    »Na gut.« Doktor Lacher rieb sich die Faust. Das tat er gern, wenn er angestrengt überlegte. »Wir müssen davon ausgehen, dass die ziemlich raffiniert vorgehen. Aber wir werden sie austricksen. Ha! Und wie wir die auflaufen lassen!« Es dauerte eine Weile, bis er bemerkte, mit welch argwöhnischem Blick ihn seine Sprechstundenhilfe ansah. Einer von uns beiden ist übergeschnappt, sagte dieser Blick. Er lachte auf. »Versteckte Kamera!«, erklärte er triumphierend. »Das ist ein Streich der ›Versteckten Kamera‹! Dieser Fernsehsendung, Sie wissen schon.«
    »Was?« Allmählich musste man sich ernsthafte Sorgen machen, dass ihre Augen aus den Höhlen fallen konnten. »Sind Sie sicher?«
    »Ja«, nickte Lacher. »Aus einer Reihe von Gründen bin ich mir ziemlich sicher. Und deswegen müssen wir beide uns jetzt gut absprechen. Die glauben, sie kriegen jetzt einen fassungslosen Arzt und eine entgeisterte Sprechstundenhilfe auf den Film. Aber da sollen sie sich getäuscht haben. Wir, Fräulein Stefanie, wir werden die Ruhe selbst bleiben. Absolut cool. Wir werden so tun, als gingen bei uns Patienten aus allen Galaxien nur so ein und aus, verstehen Sie?«
    »Nein.« Sie schüttelte energisch den Kopf. »Nein, das verstehe ich nicht. Wenn die von der ›Versteckten Kamera‹ kommen – dann heißt das doch, dass die Mattek-Kinder eingeweiht sind, oder?«
    »Ja, natürlich.«
    »Aber warum sollten sie das tun?«
    Der Arzt sah sie nachdenklich an. »Tja, das war vor Ihrer Zeit. Eine seltsame Geschichte. Ich wusste, dass er eines Tages versuchen würde, sich zu rächen.«
    »Wer?«
    »Mattek. Der Vater der beiden.« Lacher seufzte. »Die ganze Familie gehörte früher einmal zu meinen Patienten. Bis zu einer anderen Fernsehsendung, die ›Überraschung!‹ hieß oder so ähnlich. Erinnern Sie sich an die? Da wurden Leute mit lange vermissten Verwandten oder alten Schulkameraden zusammengebracht, vor laufender Kamera. Manchmal kamen sie mit einem ganzen Kamerateam zu jemandem an den Arbeitsplatz oder nach Hause, wie ein Überfall. Und einmal eben zu Wolfgang Mattek. Im Schlepptau einen alten Mann, der bei seinem Onkel, von dem er die Fabrik geerbt hat, Buchhalter gewesen war und an den er sich überhaupt nicht mehr erinnerte. Ziemlich peinliche und im Grunde belanglose Sache.«
    »Und was hat das mit Ihnen zu tun?«
    »Der alte Mann war mein Patient gewesen. Hat hier im Altersheim gelebt, ist vor vier oder fünf Jahren gestorben. Er hat mir einmal von seiner früheren Stellung erzählt, dabei wohl ein bisschen übertrieben, und ich habe der Redaktion dieser Show geschrieben. Hielt es für eine witzige Idee. Mattek leider nicht; er hat mich verklagt wegen Bruchs der ärztlichen Schweigepflicht.«
    »Oh«, machte die Sprechstundenhilfe.
    Lacher nickte versonnen. Ab und zu konnte er den Mund nicht halten, das war wohl richtig. »Ein Grenzfall. Er hat den Prozess verloren, und ich einen Patienten. Wie auch immer – ich bin mir sicher, dass er dahintersteckt. Das, was Sie im Wartezimmer sehen, ist ein Trick. Ein guter Trick, aber ein Trick. Die sind verdammt gut in solchen Dingen heutzutage.«
    Stefanie rang nach Worten. »Das ist ja infam!«
    »Nicht wahr? Aber wir verderben ihnen den Spaß.«
    »Worauf warten wir?«, wollte Kelwitt wissen.
    »Beim Arzt muss man immer warten«, erklärte Thilo. »Selbst, wenn man einen Termin hat. Sogar, wenn man der einzige Patient am ganzen Vormittag ist. Keine Ahnung, warum das so ist, aber es ist so.«
    Schließlich kam die Sprechstundenhilfe wieder, eine schwarze Schreibunterlage mit einem Formular darauf in der Hand. »Geht das auf Krankenkasse oder privat?«, wandte sie sich an Sabrina.
    »Ähm – was?«, fuhr Sabrina zusammen. »Keine Ahnung. Privat, nehme ich an.«
    Ein Häkchen wurde aufs Papier gesetzt. »Gut. Sie können dann ins Behandlungszimmer gehen. Geradeaus, die erste Tür.« Sie verschwand wieder.
    Thilo runzelte die Stirn. »Die ist ja ziemlich cool.«
    »Ja«, nickte seine Schwester beeindruckt. »Vorhin an der Tür dachte ich noch, sie fällt gleich in Ohnmacht.«
    Das Behandlungszimmer hatte sich nicht großartig verändert, seit sie beide das letzte Mal hier gewesen waren. Kinder waren sie damals noch gewesen. Immer noch

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