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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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sein.«
    »Streu nur Salz in meine Wunden. Ein Stau mitten in der Nacht. Und ich mit Sommerreifen.« Rainer ächzte. »Das war echt das Letzte.«
    »Ja, heute Morgen hast du schlimmer ausgesehen als dein Passbild.«
    »Deine Elke macht einen guten Kaffee, muss ich sagen.«
    »Nicht wahr?«
    »Aber über Außerirdische redet sie nicht so gern, oder? Kam mir so vor.«
    Thomas setzte den Blinker. »Na ja, ich hab’s dir ja erzählt. Es muss sie ziemlich geschockt haben.«
    Es ging am Neckar entlang. Der Verkehr war fast so zähflüssig wie an einem normalen Werktag. Kaltweißer Nebel stieg von der Wasseroberfläche auf.
    »Das sieht auch nach Schnee aus«, unkte Rainer. »Wart’s ab, der Schnee kommt heute noch bis Stuttgart. Hast du eigentlich Winterreifen?«
    »Ja«, nickte Thomas und bog erneut ab. »In der Garage.«
    »Wie ich.«
    Sie bogen in ein Wohngebiet ein. Der Himmel spannte sich grau und schwer über Hochhäuser, Reihenhäuser und Einfamilienhäuser gleichermaßen. Thomas konsultierte noch einmal den Stadtplan und fand schließlich die Straße, die er gesucht hatte, eine Sackgasse, an deren Anfang eine Bushaltestelle lag.
    »So, da sind wir. Nun müssen wir nur noch die Nummer … Was ist denn hier los?« Er bremste abrupt.
    »Da stimmt was nicht«, meinte Thilo. Er achtete sorgfältig darauf, die Vorhänge der Fenster nicht zu bewegen, durch die er hinausspähte.
    Seine Mutter betrachtete ihn mit gerunzelter Stirn. Sie war irgendwie anders als sonst. Er hatte sich Sorgen gemacht, sie zu beunruhigen, und sein mulmiges Gefühl lange für sich behalten. Aber sie schien eher verärgert als beunruhigt. »Du meinst die Autos da draußen?«, fragte sie.
    Thilo nickte. »Erst war der weiße Lieferwagen da. Gegenüber. Der steht immer noch da, und ab und zu schaukelt er ein bisschen. Also ist jemand drin. Seit einer halben Stunde tauchen immer mehr Autos auf, in denen zwei oder drei Männer sitzen, und die parken irgendwo an der Straße, und niemand steigt aus.«
    »Hinter dem Haus sind sie auch«, nickte seine Mutter. »Ich hab sie gerade vom Arbeitszimmer aus gesehen.«
    Thilo schaute wieder hinaus und sah, wie jemand die Straße entlangging, ein junger Mann in einer Fliegerjacke, den er hier noch nie gesehen hatte, hinter dem weißen Lieferwagen verschwand und auf der anderen Seite nicht mehr zum Vorschein kam. »Ich dachte immer, so was gibt es nur in Filmen«, meinte er. »Dass es in Wirklichkeit auch so aussieht, hätte ich nicht gedacht.«
    »Ich hatte gleich kein gutes Gefühl, dass Sabrina dorthin fährt. Bestimmt ist ihr irgendwas passiert.«
    Thilo sah sie erschrocken an. Sie stand da, mitten im Wohnzimmer, biss nachdenklich am Daumennagel herum und sagte das ganz kühl und sachlich. Geriet kein bisschen in Panik. So kannte er sie wirklich nicht.
    »Was soll ihr denn passiert sein?«
    »Ach – deine Schwester ist eine Frau, nach der sich alle Männer umdrehen! Wie kommt sie bloß auf die Idee, sie könnte irgendwo unbemerkt herumschleichen?« Sie seufzte. »Ich hoffe nur, man behandelt sie gut.«
    Die da draußen waren also Sabrinas Spur gefolgt. Sie waren gekommen, um Kelwitt zu holen. Oh, verdammt! Würde man ihn gut behandeln?
    »Was machen wir denn jetzt?«, fragte er. Sein Mund fühlte sich trocken an.
    »Hol Kelwitt runter«, sagte seine Mutter mit geradezu unnatürlicher Ruhe. »Und bring das Handy aus dem Schlafzimmer mit. Wir müssen noch ein paar Vorbereitungen treffen.«
    »Sieht so aus, als seien wir nicht die Einzigen, was?«, meinte Thomas.
    Rainer hatte eine winzige Videokamera hervorgeholt und kramte nun hektisch in seiner Umhängetasche nach einer Kassette. »Sieht ganz so aus«, meinte er. »Bleib mal besser ein bisschen auf Abstand. Ah, da ist ja eine! Ich dachte schon, ich hätte das Wichtigste vergessen. Okay.« Der Kassettendeckel klappte zu, die rote Leuchtdiode glomm auf. Schwenk über die Szenerie.
    Thomas ließ den Bus langsam an den Straßenrand rollen und schaltete den Motor ab. Das sah ja alles wirklich zum Fürchten aus. Wie in diesen amerikanischen Action-Streifen, bloß diesmal in echt. Ein weißer Lieferwagen am Straßenrand, aus dem ab und zu jemand in neutralem Overall ausstieg. Dunkle Limousinen, in denen Männer saßen und sich nicht regten.
    Er sah einen Mann in einer verdächtig ausgebeulten Lederjacke in einem Hauseingang stehen, ein Mobiltelefon am Ohr, die Augen unverwandt auf das Gebäude gerichtet, das das Haus der Familie Mattek sein musste. Alles

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