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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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dem Haus mit dem blauen Dach.«
    Sabrina sah sich fassungslos um. Der Hund im Hof unternahm einen neuen Anlauf, und wieder riss ihn seine Kette jäh zurück. »Das Haus mit dem blauen Dach. Das habe ich gestern gesehen …«
    »Ich auch«, sagte Dorothea.
    Zwanzig Minuten später standen sie vor einem nachlässig eingezäunten Grundstück, auf dem allerlei landwirtschaftliche Geräte herumstanden. Weit und breit niemand, der sie beobachtete. Eine Art ausgefahrene Rampe führte zu einem tief liegenden Kellergewölbe hinab.
    »Ein Rübenkeller?« Sabrina und Dorothea waren Großstadtkinder. Aber es lagen ein paar Gebilde herum, bei denen es sich nur um Futterrüben handeln konnte.
    »Ich weiß nicht …«, meinte Sabrina zweifelnd. »Wenn hier etwas wäre, müsste eigentlich alles abgesperrt und bewacht sein.«
    Aber nicht einmal die verwitterten hölzernen Türflügel waren verschlossen. Man konnte sie an großen Eisenringen einfach aufziehen.
    »Schauen wir einfach nach«, schlug Dorothea vor.
    »Okay«, sagte Sabrina. »Jede Wette, dass da drin tatsächlich nur Rüben sind.«
    Aber gleich darauf standen sie vor einem unglaublichen, in unfassliches blaues Schimmern gehüllten technischen Gebilde, starr vor Staunen. Woher die Männer kamen, die sie im nächsten Augenblick umzingelten, mit Pistolen, Netzen und Schlagstöcken in Händen, hätten die beiden Mädchen später nicht sagen können.
    Parken nur für Kunden, stand auf den Schildern auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt. Maximal 1 Stunde während des Einkaufs. Widerrechtlich parkende Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt.
    Lothar Schiefer hatte seinen Wagen hier geparkt, ohne etwas einzukaufen. Das Gleiche traf auf den Mann zu, mit dem er verabredet war. Das Vergehen, das sie besprachen, war jedoch weitaus schwerwiegender als das, das sie im Moment begingen.
    »In Ordnung«, sagte der Mann, nachdem er die Geldscheine in dem Briefumschlag durchgezählt hatte, mit raschen geübten Handgriffen, die verrieten, dass er öfter Geld auf diese Weise zählte. Er schob den Umschlag ein. Sein Gesicht war glatt, ausdruckslos, ohne besonders auffällige Merkmale. Abgesehen vielleicht von dem seltsam leeren Blick seiner Augen.
    »Das ist die Adresse«, erklärte Lothar Schiefer und zeigte ihm einen Zettel. Der andere las, was darauf stand, und nickte nur, ohne Anstalten zu machen, das Stück Papier an sich zu nehmen. »Es muss wie ein gewöhnlicher Raubüberfall aussehen.«
    »Kein Problem.«
    »Das ist wichtig. Nichts darf darauf hindeuten, dass das Haus gezielt ausgesucht wurde.«
    »Ich habe schon verstanden.« Es klang kalt und ungeduldig.
    »Gut, okay.« Lothar fröstelte unwillkürlich, obwohl er warm genug angezogen war, um hier herumzustehen. Er zog ein zweites Blatt Papier hervor, auf dem er den Grundriss von Matteks Haus skizziert hatte und was er über die Sicherheitsvorkehrungen wusste. »Das ist die Zeichnung, um die Sie gebeten hatten.«
    Der Mann nahm sie, mit behandschuhten Händen, und studierte sie eingehend. Seine Augen wanderten über das Blatt wie Abtaststrahlen eines Scanners. Dann gab er es zurück. »Gut«, meinte er. »Kein Problem.«
    »Wenn Sie reinkommen«, fuhr Lothar mit bebender Stimme fort, »werden Sie ein Wesen vorfinden, das aussieht wie eine Kreuzung aus einem Menschen und einem Delphin. Ziemlich fremdartig also. Dieses Wesen trägt auf der rechten Schulter eine Art silberne Spange -«
    Zum ersten Mal bildeten sich skeptische Fältchen um die Augen des Mannes, und er hörte auf, wie ein Finanzbeamter auszusehen. »Was ist das für ein Wesen?«
    »Das braucht Sie nicht zu interessieren. Es darf ihm jedenfalls nichts passieren. Worum es geht, ist die silberne Schulterspange. Die brauche ich. Um jeden Preis unbeschädigt.«
    Der Mann zögerte. Jemand schob einen Einkaufswagen an ihnen vorbei, voll beladen mit Sektflaschen, einer tiefgefrorenen Pute und einem gewaltigen Bündel Feuerwerksraketen. Die Schachteln trugen das Signet der Mattek-Werke.
    »Es trifft keinen Armen, wie ich sehe«, meinte der Mann dann.
    Lothar warf ihm einen düsteren Blick zu. Er hasste, was er hier tat. »Muss ich Sie jetzt Robin Hood nennen?«
    Der andere grinste flüchtig. »Das wäre übertrieben.«
    »Wann passiert es?«
    »Morgen Vormittag.«
    »Am helllichten Tag? Sind Sie wahnsinnig?«
    »Glauben Sie mir, das ist am sichersten. Wenn in solchen Gegenden nachts irgendwo ein Glas klirrt, ruft man gleich die Polizei – aber tagsüber kann passieren, was

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