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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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verdrehte die Augen. »Das hat mir noch gefehlt. Als ob mein Tag nicht sowieso schon versaut wäre … Was will er diesmal?«
    »Er glaubt, ein verdächtiges Flugobjekt beobachtet zu haben. Region Südwest, am Nordalbtrauf.«
    »Ein verdächtiges Flugobjekt?«
    »Ja.«
    »Inwiefern verdächtig?«
    »Das ist nicht ganz klar geworden. Er sprach von einem Kondensstreifen. Meinte, möglicherweise sei da was abgestürzt.«
    »Wie bitte?!« Er schrie es fast. »Ich dreh ihm den Hals um! Ich dreh ihm einfach den Hals um, diesem Wichtigtuer. Was um alles in der Welt geht uns das an?«
    »Soll ich ihm das sagen?«
    Der Mann mit dem Bürstenhaarschnitt zögerte. Er war der Einzige in dem Raum voller Landkarten, Telefone und Computer, der eine Krawatte trug, und er zerrte in einem fort daran, als erwürge sie ihn unmerklich langsam. »Nein, warten Sie. Haben Sie es gecheckt? Ist da was abgestürzt?«
    »Die Flugsicherung sagt, nein. Es wird kein Flugzeug vermisst. In der Gegend, aus der unser kleiner Maxwell Smart anruft, ist nicht mal eines unterwegs.«
    »Das Militär?«
    »Die Gegend ist Flugverbotszone.«
    Die beiden Männer tauschten entsagungsvolle Bücke.
    »Er will sich doch mal wieder wichtig machen, oder?«
    »Sehe ich auch so.«
    »Und eigentlich hat er dienstfrei, nicht wahr?«
    »Exakt.«
    »Kann es sein, dass unser Lieblingskollege zu viel Phantasie hat?«
    »Unbedingt.«
    Beide seufzten abgrundtief.
    »Könnte man nicht denjenigen standrechtlich erschießen lassen, der ihn eingestellt hat?«
    »Ich fürchte, nein. Das war Doktor Schneider, der bekanntlich schon vor fünf Jahren von uns geschieden ist.«
    »Was für ein Glück für ihn.«
    »Kann man wohl sagen.«
    Der Mann mit dem Bürstenhaarschnitt und der Würgekrawatte überlegte. »Wir müssen ihn beschäftigen. Irgendwie müssen wir ihn beschäftigt halten, sonst tanzt er auf unseren Nerven Cha-Cha-Cha.« Plötzlich kam ihm eine Eingebung. Er streckte die Hand aus. »Geben Sie mir den Hörer. Ich will mal sehen, wie gut ich noch heucheln kann.«
    Der andere reichte ihm den Hörer und drückte auf ein Nicken hin den Knopf, der die Leitung öffnete.
    »Ochsenfrosch? Hier ist Ameisenbär. Ja, schon gut, sparen Sie sich das, und hören Sie zu. Es kann sein, dass der Himmel Sie an die Stelle gestellt hat, an der Sie gerade sind. Wir haben eine Meldung von NORAD bekommen, dass ein Objekt ausgemacht wurde, das sich der Erde vom Weltraum her genähert hat und das offenbar gelenkt ist. Sie haben es über dem Atlantik verloren und suchen nun wie die Verzweifelten danach. Möglicherweise ist es abgestürzt …Ja, das wäre dann ein UFO, genau. Verstehen Sie jetzt? Sie müssen unbedingt – unbedingt, hören Sie – die Absturzstelle ausfindig machen!« Die beiden Männer grinsten sich an, und der Mann mit der Krawatte hatte Mühe, seinen ernsthaften Tonfall beizubehalten. »Nein, ich kann Ihnen keine Verstärkung schicken, Ochsenfrosch. Was glauben Sie, was hier los ist? Wir haben Hunderte von Spuren, denen wir nachgehen müssen. Ja, natürlich ist das möglicherweise ein historisches Ereignis ersten Ranges. Glauben Sie, das ist uns nicht klar?«
    Der andere Mann konnte kaum noch an sich halten. Seine Augen schienen anzuschwellen, und sein Atem begann ganz merkwürdig zu werden.
    »Und hören Sie, Ochsenfrosch«, fuhr der Mann mit dem Bürstenhaarschnitt fort, nun voll in Fahrt, »Gnade Ihnen Gott, wenn Sie das vermasseln. Haben wir uns verstanden? Ich schwöre Ihnen beim Grab meines Vaters: Wenn Ihnen diesmal eines Ihrer berüchtigten ›Missgeschicke‹ passiert, dann begehen Sie lieber still und leise Harakiri, als mir noch einmal unter die Augen zu treten! Alles klar? Viel Erfolg.«
    Er legte auf, und im selben Augenblick brüllten die beiden Männer los vor Lachen, dass sie sich die Bäuche halten mussten.
    »›Wir haben eine Meldung von NORAD bekommen …‹ Ich könnt’ mich wegschmeißen!«
    »Er hat es gefressen! Er hat mir wahrhaftig jedes Wort abgekauft! Am Ende schlitzt er sich tatsächlich den Bauch auf, nur weil er kein UFO findet!«

5
    Nachdem das Krachen und Splittern aufgehört hatte, öffnete Kelwitt die Augen vorsichtig wieder. »Tik?«, fragte er mit bebender Stimmritze. »Funktionierst du noch?«
    »Ich bin bereit«, tauchte die körperlose Stimme des Gerätes in seinem Kopf auf, als sei nichts geschehen.
    Dabei war so viel geschehen, und das meiste davon innerhalb von Bruchteilen von Mikroperioden. Es war dunkel. Irgendwo knisterte etwas. Ein

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