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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Runde.
    Es war faszinierend zu beobachten, wie er die Figuren mit seinen elastischen Fingern aufnahm und Feld um Feld weiterbewegte.
    Diesmal gewann Thilo, wenn auch mit knappem Vorsprung vor Kelwitt.
    Das Spielbrett musste man danach natürlich abtrocknen.
    Thilo rekelte sich.
    »Schon ganz schön spät, oder? Ich glaub’, ich hau’ mich allmählich aufs Ohr.«
    »Hauen?«, wunderte der Außerirdische sich. »Schlagen? Gewaltanwendung?«
    »Pass doch auf, was du sagst, Thilo«, mahnte Sabrina. Zu Kelwitt sagte sie: »Er meinte, dass er schlafen gehen will.«
    »Schlafen«, nickte Kelwitt und stand auf. »Ja, es ist Zeit.«
    Sabrina erhob sich gleichfalls. »Ich begleite dich nach oben.«
    »Ich finde die Stufen zum Erfolg auch alleine«, wehrte Kelwitt ab.
    Es klang fast eigensinnig.
    »Ja, ja«, meinte Sabrina. »Aber ich will nachsehen, ob im Gästezimmer alles in Ordnung ist.«
    »Es ist alles in Ordnung.« Aber er setzte sich in Bewegung und hatte nichts dagegen, dass Sabrina mitkam.
    »Gute Nacht!«, rief Thilo ihm nach.
    »Wir sehen uns wieder«, versprach Kelwitt ihm. »Gleich, nach der Werbung.«
    »Genau«, grinste Thilo.
    Oben im Gästezimmer ging Kelwitt wieder schnurstracks ins Bad, um kaltes Wasser in die Wanne zu lassen.
    Sabrina beobachtete ihn fasziniert. Wie konnte man in kaltem Wasser schlafen? Sie hielt den Atem an, als sie sah, dass Kelwitt heute Abend seinen Feuchthalteanzug auszog. Er schien sich nichts dabei zu denken, dass sie ihm zusah. Trotzdem waren es eher verstohlene Blicke, mit denen sie die Teile seines Körpers musterte, die ihr bislang verborgen geblieben waren.
    So etwas wie Geschlechtsmerkmale konnte sie nicht entdecken.
    Es gab ein paar Furchen und Falten und auf der Brust so etwas wie eine Hand voll rudimentärer Schuppen, das war alles. Natürlich hatte sie nicht erwarten können, dass er wie ein nackter Mann aussah, aber nun fragte sie sich doch, ob es berechtigt war, von Kelwitt die ganze Zeit als von »ihm« zu reden.
    War er am Ende eine »Sie«?
    »Zeit zu schlafen«, erklärte Kelwitt, als er in der Wanne lag und sich zurechtgerückt hatte zu der Position, die ihm wohl bequem sein musste. »Freier Atem, ruhiger Schlaf.«
    »Genau«, sagte Sabrina. »Soll ich das Licht ausmachen?«
    »Da wäre ich Ihnen sehr verbunden.«
    »In Ordnung.« Sabrina legte die Hand auf den Lichtschalter. »Dann schlaf gut. Und träum was Schönes.«
    Kelwitt machte eine rasche Geste mit den Fingern, die aussah, als schleudere er kleine Tropfen in alle Richtungen.
    »Das tut man nicht«, meinte er dazu.
    »Was tut man nicht?«
    »Jemandem Träume zu wünschen«, erklärte Kelwitt rätselvoll, legte sich zurück und schlief ein.
    »Wie ich’s mir gedacht hab«, sagte der Blaukircher Brunnenwirt an dem Abend zu seiner Frau, als sie mal wieder zu ihm hinter die Theke kam, um ein paar frisch gezapfte Pils abzuholen. »Der hat uns einen Bären aufgebunden.«
    Sie hatte kein rechtes Ohr für ihn, weil die Wirtsstube schon wieder gerammelt voll war und sie kaum nachkam mit Bedienen und Kassieren. »Einen Bären? Wer?«
    »Der Kerl, der das komische Viech mitg’nommen hat.«
    »Aus der Scheuer?«
    »Ja, genau. Da tät jemand kommen wegen dem Schaden im Dach, hat er g’sagt.«
    »Hat er g’sagt, stimmt. Ich brauch’ noch zwei Spezi. Große.«
    Der Brunnenwirt langte nach zwei großen Gläsern. »Und wer ist ’kommen? Kein Mensch.«
    »Die werd’n auch Wochenende haben.«
    »Wochenende! Hab ich vielleicht Wochenende? Nein, ich sag’s dir: ’s war gut, dass wir das Ding wegg’schafft haben. Wenn die’s haben wollen, dann zahlen die erst.«
    »Die werden schon zahlen, sei doch nicht so ungeduldig!«
    Er stellte ihr zwei große Gläser Spezi auf das Tablett und setzte eine Verschwörermiene auf.
    »Ich hab mir noch was anderes überlegt.«
    »Muss das sein, wenn ’s ganze Lokal voll ist?«, versetzte seine Frau und trug das Tablett mit schnellen, verärgerten Schritten davon.
    »Ich geh’ an die Presse!«, erklärte der Brunnenwirt. »Für so eine G’schichte zahlen die bestimmt einen Haufen!«
    Aber das hörte seine Frau schon nicht mehr.
    Kelwitt erwachte wieder einmal mitten in der Nacht. Wieder einmal tat ihm alles weh. Was an der ungeeigneten Schlafmulde liegen musste. Er ließ ein bisschen Wasser nachlaufen und versuchte, wieder einzuschlafen, aber vergebens.
    Also stand er auf, schlüpfte in den Feuchteanzug und setzte sich ans Fenster, um hinauszusehen. Wieder tanzten Schneeflocken in

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