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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Männer etwas angingen. »Natürlich ist ihm das etwas seltsam vorgekommen, weil ich ja normalerweise nicht der Typ bin, der gern abends durch Kneipen zieht. Aber ich habe behauptet, du würdest Großputz machen und hättest uns ausquartiert.« Er warf Nora einen Blick zu, von dem er hoffte, dass sie ihn als liebevoll-verschmitzt erkennen würde. Da seine Augen sich verquollen anfühlten, war er sich dessen nicht so sicher. »Ich glaube, das hat ihm eingeleuchtet.«
    Lothar Schiefer hatte an diesem Morgen Schwierigkeiten, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, und das lag nicht an dem Alkohol oder dem Tabakrauch der vergangenen Nacht, sondern an dem nagenden Gefühl, dass Wolfgang Mattek etwas vor ihm verheimlichte und er keine Ahnung hatte, was das sein mochte.
    Dass er ihm etwas verheimlichte, stand außer Frage. Mattek war ein schlechter Lügner, und heucheln konnte er gar nicht. Sosehr dies ab und zu hinsichtlich der Nutzung gewisser steuerlicher Sparmöglichkeiten zum Problem wurde, war es menschlich doch zu begrüßen und mit ein Grund, dass sie eine Beziehung pflegten, die man beinahe als Freundschaft hätte bezeichnen können.
    Umso mehr beunruhigte ihn die Tatsache, dass Mattek ihn am vergangenen Abend hatte ablenken wollen von -ja, wovon? Er hatte ihn aus dem Haus haben wollen – warum? Was um alles in der Welt konnte einen Menschen wie Wolfgang Mattek dazu bringen, einen geschlagenen Abend lang den sich amüsierenden Kneipengänger zu mimen?
    Auf diese Frage wusste auch Lothar Schiefer keine Antwort. War ein anderer Steuerberater im Haus gewesen und hatte die Unterlagen geprüft? Unsinn. Warum hätte Mattek so etwas tun sollen? Und außerdem hätte er ihm ja nur abzusagen brauchen. Sie waren beide viel beschäftigte Leute. Übers Jahr gesehen fand höchstens die Hälfte ihrer Treffen so statt wie geplant.
    Das wäre absolut unverdächtig gewesen, gerade jetzt kurz vor Weihnachten und dem Jahrtausendsilvester, das Mattek mehr als genug Arbeit machte. Aber diese Nummer mit dem »Was, Männerabend? Habe ich total vergessen …« war ja wohl mehr als unglaubwürdig gewesen.
    Nein, wie man es auch drehte und wendete, das machte alles keinen Sinn. Das war der Grund, warum Lothar Schiefer sich nicht auf seine Arbeit konzentrieren konnte. Lothar Schiefer war ein Mann, der viele Geheimnisse hatte.
    Aber was er absolut nicht mochte, war, wenn andere Geheimnisse vor ihm hatten.
    Sabrina musterte ihren Bruder, als wüchsen ihm gerade rosa Hörner. »Das ist nicht dein Ernst.«
    »Klar ist das mein Ernst.«
    »Mit Kelwitt ins Altersheim? Wie stellst du dir das vor?«
    Thilo verdrehte die Augen. »Jetzt tu nicht so. Das ist die leichteste Übung der Welt.«
    »Du bist total übergeschnappt. Genau wie dein Herr Güterling.«
    »Was ist denn schon dabei? Wir machen einem alten Mann eine Freude, und selbst wenn uns jemand sehen sollte – na und? Morgen düst Kelwitt ab in die Milchstraße, und das war’s dann. Soll sich aufregen, wer will.«
    Ja, morgen war es so weit. Sabrina spürte einen Stich tief im Bauch bei diesem Gedanken. Die ganze Zeit bemühte sie sich, nicht daran zu denken, und nun sprach ihr Bruder es mit geradezu brutaler Coolness aus, einfach so.
    »Was heißt aufregen?«, brummte sie und musste sich eingestehen, dass ihr irgendetwas an Thilos Vorhaben gefiel. »Wir werden ein Dutzend Herzinfarkte auslösen, wenn wir mit Kelwitt durchs Altersheim laufen.«
    »Wir laufen nicht mit ihm durchs Altersheim. Wir gehen durch den Notausgang Süd rein, sobald es dunkel ist. Ich mach’ die Tür von innen auf, und …«
    »Der Notausgang, klar. Damit in irgendeiner Zentrale der Alarm losgeht.«
    »Da geht schon ewig kein Alarm mehr los. Was glaubst du, wie sich manche spät nachts von ihren Sauftouren zurück ins Heim schleichen?«
    »Sauftouren? Ich denk’, das sind alles tatterige Grufties, die bloß noch Haferschleim mümmeln?«
    »Quatsch. Etliche von denen sind einfach von ihren Familien abgeschoben worden und wollen noch was vom Leben haben.«
    Sabrina runzelte die Stirn. »Wie schleicht man sich zu einem Notausgang rein, der sich nur von innen öffnen lässt?«
    »Mit einem Kumpanen im Heim und einem Handy in der Jacke.«
    »Ah.« Ein Raketenpionier. Vielleicht war das auch für Kelwitt eine interessante Sache. »Und weiter?«
    »Wir gehen hoch in den zweiten Stock. Güterlings Zimmer ist das erste vom Notausgang aus. Und dann …« Thilo zuckte die Schultern. »Keine Ahnung, was dann passiert.«
    Die

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