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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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am Mittwoch so bereitwillig mit ihm in die Stadt gezogen bin. Jetzt denkt er, ich will irgendwas vor ihm verbergen.« Mattek sah zu Kelwitt hinüber, der im Wohnzimmer auf dem Liegestuhl lag und ihre Unterhaltung durch die offene Tür hindurch aufmerksam verfolgte. »Was ja auch stimmt.«
    Das Telefon klingelte wieder. Mattek ließ so ruckartig los, als habe es ihn gebissen. »Das ist er bestimmt wieder.« Er warf einen Blick in die Runde. »Thilo, geh du ran. Sag, wir sind alle weg, und du weißt von nichts.«
    »Ich?«, wehrte Thilo ab. »Wieso ausgerechnet ich?«
    Sein Vater hielt ihm das Telefon hin. »Niemand kann Dinge so gut für sich behalten wie du«, erklärte er. »Freundlich ausgedrückt.«
    Thilo nahm den Hörer mit mauligem Gesichtsausdruck ab. »Mattek?«, sagte er, und es klang ausgesprochen abweisend. Dann, einen Moment später, wesentlich freundlicher: »Ja, am Apparat.«
    Er lauschte eine Weile, während der sie seine Augen groß und sein Gesicht ernst werden sahen. Dann sagte er: »Danke« und legte auf.
    »Es war das Altersheim«, sagte er und suchte den Blick seiner Schwester. »Herr Güterling ist heute Nacht gestorben.«
    Sie saßen in Thilos Zimmer, die beiden Geschwister, zur Abwechslung einmal ohne Kelwitt. Thilo hatte für sie beide Tee gemacht, schweigend und ernst. Ihre Eltern begriffen natürlich überhaupt nicht, was los war.
    »Er hat wahrscheinlich die ganzen Jahre gewartet«, meinte Thilo schließlich, die warme Teeschale in der Hand. »Dass sein Leben sich erfüllt, meine ich. Und als wir mit Kelwitt dort waren, hatte es sich erfüllt, und er konnte endlich sterben. Meinst du, so war es?«
    Sabrina starrte in das dunkle Schimmern in ihrer Tasse. So ernst hatte sie ihren Bruder noch nie erlebt. Sie hatte auch noch nie erlebt, dass er freiwillig Tee trank.
    »Sieht so aus«, sagte sie.
    Wieder Schweigen. Jeder hing seinen Gedanken nach. Gedanken, die um den Abend kreisten, an dem sie mit Kelwitt dort gewesen waren.
    »Aber wenn wir nicht hingegangen wären?«, fragte Thilo plötzlich.
    Sabrina schreckte hoch. »Was meinst du damit?«
    »Na, wenn wir nicht hingegangen wären. Wenn er Kelwitt nicht getroffen hätte. Was wäre dann gewesen?«
    »Weiß ich nicht.«
    Thilo sah hoch, zum Fenster hinaus, in den sternenlosen Nachthimmel. »Es gibt keine Garantie«, meinte er mit dünner, erschrockener Stimme. »Nicht wahr? Es gibt keine Garantie, dass das Leben sich erfüllt. Man kann auch einfach so sterben.«
    Sabrina sah ihn an, fühlte einen Kloß in ihrer Kehle und sagte nichts.
    Er hätte an diesem Morgen des zweiten Weihnachtsfeiertages Besseres zu tun gewusst, als sich am Rand eines gottverlassenen Älblerdorfes den Hintern abzufrieren. Andererseits war da dieses eigenartige Ding in dem Keller unten, wirklich und wahrhaftig, und ausgerechnet Ochsenfrosch hatte es entdeckt. Unglaublich. Ameisenbär zog ein letztes Mal an seiner Zigarette und ließ die Kippe zu Boden fallen. Er musste eine Entscheidung treffen. Er sah seinem Schuh zu, wie der die Kippe im schlammigen Ackerboden austrat, und wünschte sich, er wäre woanders, hätte einen anderen Beruf ergriffen, hätte niemals im Leben einen James-Bond-Film gesehen.
    »Also gut«, schnauzte er seinen meistgehassten Agenten an. »Wir übernehmen die Angelegenheit. Und Sie leiten den Fall. Was schlagen Sie vor?«
    Ochsenfrosch verschluckte sich fast vor Aufregung. Mit all den Pflastern und blauen Flecken sah er noch widerlicher aus als sonst. »Flugzeuge!«, sprudelte er heraus. »Suchflugzeuge mit Infrarotdetektoren. Falls das Wesen irgendwo … ich meine, es könnte tot sein – oder verletzt …«
    »Ich werde sehen, was sich machen lässt.« Das ließ sich kaum durchführen, ohne dass die Amerikaner davon Wind bekamen. Und das wollte er, wenn möglich, noch eine Weile vermeiden. »Bis dahin haben Sie ja die Leute der Abteilung, damit sollte sich auch etwas anfangen lassen.«
    »Ja. Sicher. Selbstverständlich.«
    »Schön.« Er wandte sich seinem Auto zu, das am Feldrand stand und Wärme, Geborgenheit und eine zunehmende Anzahl von Kilometern zwischen ihm und diesem Ort hier verhieß. »Sie halten mich auf dem Laufenden.«
    »Natürlich. Aber, Chef …«
    »Ja, was denn noch?«
    »Ähm … es ist mir ein bisschen peinlich, aber … ähm.. Chef, das Geld, das ich vorgestreckt habe …«
    »Ich werde veranlassen, dass man es Ihnen überweist. Gleich im neuen Jahr. Sie haben sich doch eine Quittung geben lassen, hoffe ich.«
    »Eine

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