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Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Titel: Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Stepanowitsch.«
    »Wenn es so ist, wie Sie sagen, Towarischtsch, warum lassen wir es dann nicht drauf ankommen und erteilen den Imperialisten eine Lektion?«
    »Nichts dagegen, Herr Marschall, wenn auch nicht so, wie es Ihnen vorschweben mag.« Im Gegensatz zu sonstigen Gewohnheiten ließ sich Chruschtschow von seinem Untergebenen nicht aus der Reserve locken und schlug einen versöhnlichen Tonfall an. »Wenn die Zeit reif dafür ist, werden wir die Yankees vorführen und vor aller Welt lächerlich machen. Darauf können Sie sich verlassen. Aber wenn, dann nicht in Berlin. Da werden wir in der Defensive bleiben, um jeden Preis.«
    »Um jeden?«
    »Damit wir uns richtig verstehen, Iwan Stepanowitsch: Sollte es zum Äußersten kommen, sind Sie befugt, jedwede Mittel anzuwenden, um einer Aggression in angemessener Form zu begegnen.«
    Fürs Erste zufrieden, erhob Konew keine Einwände mehr und lächelte zufrieden vor sich hin. »Eine Frage noch, Genosse Chruschtschow«, fügte er schließlich an, nachdem er die Details der geplanten Operation nochmals dargelegt und mit der Nummer eins der KPdSU durchgesprochen hatte. »Kann es sein, dass Sie mit dem Gedanken spielen, Atomraketen auf Kuba …«
    Doch Chruschtschow ließ ihn gar nicht erst ausreden. »Zukunftsmusik, Iwan Stepanowitsch«, erwiderte er freundlich, aber bestimmt. »Wer weiß, was in den nächsten Jahren noch so alles passieren wird. Dieses Jahr werden wir es dabei belassen, die Yankees an der Nase herumzuführen.« Ein hintergründiges Lachen drang an Konews Ohr. »Nur Mut, Iwan Stepanowitsch, Sie kriegen das schon hin. Und nicht vergessen, kein Schuss ohne meine ausdrückliche Genehmigung. Es sei denn, die Amerikaner sind so dämlich und machen ernst. Aber keine Sorge. So weit wird es bestimmt nicht kommen. Doswidanja 35 , Marschall Konew – und eine geruhsame Nacht.«
    »Ebenfalls.« In seinem Groll, dem er durch ein Tippen an die Stirn Luft machte, schleuderte Konjew den Hörer so heftig auf die Gabel, dass er das gleichzeitige Klopfen nicht bemerkte und sich wieder an die Arbeit machte. Gerade jetzt, vier Stunden vor der geplanten Operation, gab es noch jede Menge zu tun. Depeschen mussten unterzeichnet, Lageberichte studiert und alle nur erdenklichen Maßnahmen getroffen werden. Dabei konnte er niemanden brauchen, zumindest während der nächsten halben Stunde nicht.
    Sein Wunsch ging allerdings nicht in Erfüllung. Es klopfte erneut, dermaßen laut, dass Konew verärgert in die Höhe fuhr. »Was ist denn jetzt schon wieder, verdammt noch mal!«, polterte der einstige Kriegsheld, als er den Kopf zur Tür drehte und seinen Adjutanten auf der Schwelle stehen sah. »Verdammt, kann man hier nicht mal fünf Minuten seine Ruhe haben?«
    Der gedrungene Kirgise, höchstens halb so alt und 20 Kilo leichter wie sein korpulenter Vorgesetzter, machte eine beschwichtigende Geste und zog die Schultern im Zeitlupentempo in die Höhe. »Ich fürchte Nein, Genosse Kommandeur«, druckste er herum, bevor er sich in die Höhle des Löwen wagte und die Tür kaum hörbar ins Schloss fallen ließ. »Es gibt da nämlich etwas, worüber Sie im Bilde sein sollten.«
    »Doch nicht etwa schon wieder eine Panne, Kulikowski, oder?«, fragte Konew, eine Depesche in der Hand, die ihn vor einer Viertelstunde erreicht hatte. »Für so etwas sind diese Trottel in Pankow nämlich immer gut.«
    Kulikowski, der seine tatarische Abstammung nicht verleugnen konnte, wog bedächtig das Haupt. »Das nun nicht gerade, Ge…«
    »Was zum Teufel denn dann? Spucken Sie’s aus, Leutnant Kulikowski, ich habe noch etwas vor!«
    »Die Sache ist die, Genosse Sowjetmarschall. Vor gut einer Stunde hat unser Radar ein unbekanntes Flugobjekt erfasst, vermutlich auf dem Weg von Ramstein nach Berlin.«
    »Vermutlich?«
    »Das genau ist das Problem. Etwa 20 Kilometer vom alliierten Luftraum entfernt, also noch über DDR-Gebiet, ist der Flugkörper plötzlich vom Radarschirm verschwunden.«
    »Einfach so?«
    »Um es vorwegzunehmen: Wir waren es nicht, Genosse Kommandeur. Überhaupt war das Scheißding sehr schnell, verdammt schnell sogar.« Kulikowski legte eine Kunstpause ein. Erst dann rückte er mit der Wahrheit heraus und gestand: »Unsere Abfangjäger waren einfach zu langsam, Towarischtsch, die haben nur noch die Kondensstreifen gesehen.«
    »Wie immer.« Der schlechten Nachrichten allmählich überdrüssig, stützte sich Konew auf der Tischplatte ab und stemmte seinen massigen Rumpf in die Höhe.

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