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Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Titel: Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Berlin, von Pontius bis zu Pilatus und wieder zurück. Schlägst dir deinen freien Tag um die Ohren. Quetschst jede Menge Galgenvögel aus. Gibst dein Bestes, und das nach beinahe 25 Jahren im Dienst. Und was kommt dabei raus, Kroko? Nichts, aber auch rein gar nichts. Ein junger Schnösel, den sie im Eilverfahren zum Kriminalrat befördert haben, lässt dich runterlaufen wie einen Schuljungen. Suspendiert dich vom Dienst, als habe es all die Jahre vorher nicht gegeben. Das haste nun davon, Sydow.«
    »So darfst du nicht denken, Tom.«
    »Und warum nicht, wenn man fragen darf? Ich hab’s satt, Kroko, granatenmäßig satt. Immer die gleiche Kundschaft, einfach zum Kotzen. Erst die Gestapo, mit der ich mich anno 42 rumgeschlagen habe, dann diese durchgeknallten Werwölfe, und vor acht Jahren die Geschichte mit dem Bernsteinzimmer. Drehbuch: Stasi und CIA. Hauptrolle: ein gewisser Juri Andrejewitsch Kuragin, der von einem auf den anderen Tag von der Bildfläche verschwunden ist. So viel zum Thema Freundschaft, Herr Kriminalkommissar. Und zum Thema Diensteifer. Nee, Kroko, allmählich habe ich die Faxen dicke. Sollen sie mich doch suspendieren, von mir aus. Für heute hab ich jedenfalls genug. Was immer die Jungs aus Langley auf Lager haben, Tom Sydow wird sich jetzt erst mal eine Auszeit nehmen.«
    »Du vielleicht, aber nicht ich.«
    Im Innersten berührt, flog ein wehmütiges Lächeln über Sydows Gesicht. »Tu, was du nicht lassen kannst, Kroko«, seufzte er und verpasste seinem Assistenten einen freundschaftlichen Klaps. »Da fällt mir gerade ein: Falls du nichts Besseres vorhast, könntest du ja mal bei den Hinterbliebenen von Blaschkowitz vorbeischauen. Denen sollten wir heute Abend noch Bescheid geben. In meiner derzeitigen Verfassung bin ich wirklich nicht in der Lage dazu. Keine Angst, du wirst schon die richtigen Worte finden. Für so was bist du allemal besser geeignet als ich.«
    »Wenn du meinst.«
    »Aber klar doch, Kroko. Kopf hoch, du wirst das Ding schon schaukeln. Falls es dich beruhigt, können wir morgen früh miteinander telefonieren. Was mich betrifft, werde ich machen, dass ich nach Hause komme. Zur Feier des Tages mit dem Taxi. Lea wartet bestimmt schon auf mich. Und wehe, mich ruft jemand an. Dann ist aber wirklich was los. Mach’s gut, Kumpel – bis morgen früh!«
    »Mach’s besser, Tom«, entgegnete Sydows Assistent und setzte alles daran, Naujocks aus den Fängen der brünetten Animierdame zu befreien, um anschließend ebenfalls den Nachhauseweg anzutreten. »Bis irgendwann.«
     
    *
    Eine Viertelstunde später, mit sich und der Welt wieder halbwegs im Reinen, hatte es sich Sydow auf dem Beifahrersitz eines Taxis bequem gemacht und warf einen Blick auf das Armaturenbrett. Schlag neun. Auf die Minute. Er war reichlich spät dran, aber hoffentlich nicht zu spät, um den verhunzten Nachmittag möglichst rasch zu vergessen und den Abend zusammen mit Lea in den eigenen vier Wänden ausklingen zu lassen.
    »Janz schön wat los hier, wa?«
    In Gedanken längst bei seiner Frau, hatte Sydow den Taxifahrer völlig vergessen. Lust auf Konversation hatte er zwar keine, aber da er nicht unhöflich sein wollte, rang er sich zu einem schicksalsergebenen Nicken durch und sagte: »Kein Wunder, ist ja auch Samstag.« Den Zusatz ›Und was für einer!‹ konnte er sich gerade noch verkneifen.
    Der Taxifahrer, ein behäbiger Koloss mit Prinz-Heinrich-Mütze, viel zu engem Hemd und noch engeren Hosen, kurbelte das Fenster herunter, legte den Ellbogen auf die Kante und murmelte etwas vor sich hin, das sich in Sydows Ohren wie eine kollektive Verwünschung sämtlicher Müßiggänger in Westberlin anhörte. »Auch das noch, haste Töne!« Im Anschluss daran trat er auf die Bremse und wartete, bis eine Horde angetrunkener GIs, die über den Zebrastreifen in Höhe der Gedächtniskirche torkelte, auf der gegenüberliegenden Straßenseite angekommen war. »Benehmen sich wie die letzten Menschen. Ab durch die Mitte, kann ick da nur sagen. Je schneller diese versoffenen Cowboys die Fliege machen, desto besser.«
    »Keine gute Idee, wenn Sie mich fragen.«
    »Und ob dat eine jute Idee ist!«, erboste sich der Taxifahrer und sah Sydow, der seine Bemerkung auf der Stelle bereute, mit missmutiger Miene an. »Soll ick Ihnen mal wat sagen, Herr …«
    »Sydow.«
    »Anjenehm, Paschulke. Soll ick Ihnen mal wat flüstern, werter Herr? Die Amis haben’s jerade nötig. Die haben doch wirklich jenug Dreck am Stecken. Korea, die

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