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Kennedys Hirn

Kennedys Hirn

Titel: Kennedys Hirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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oder das Meer auf japanischen Holzschnitten? Aber Aron bestand auf seiner Meinung, er wurde sogar laut, was sie wunderte, denn das kannte sie von ihm noch nicht.
    Es sei einem Menschen nicht vergönnt, eine Welle so zu malen, daß die Welle es gutheißen würde. Sagte Aron, und so hatte es also zu sein.
    Sie hatten nie wieder über die Welle gesprochen, nur dieses eine Mal an dem kalten Strand, an dem Lucas Cantor gefallen war, bevor er überhaupt an Land gekommen war. Warum fiel ihr das jetzt ein? Enthielt diese Erinnerung eine Mitteilung, eine Botschaft, das Verschwinden Arons betreffend, die sie an sich selbst sandte?
    Sie stieg aus seinem Bett und trat ans offene Fenster. Es war Nacht. Ein milder Wind wehte herein. Der Verkehr war weit entfernt. Aus einer Restaurantküche war Geschirrklappern zu hören.
    Auf einmal wußte sie, daß die milde Nacht trügerisch war. Aron würde nicht zurückkommen. Die Schatten draußen im Dunkeln, die sie geahnt hatte, Biancas Lüge, Henriks Schlafanzug, alles sagte ihr, daß auch sie in Gefahr sein konnte. Sie trat vom Fenster zurück und fühlte, ob die Tür verschlossen war. Das Herz hämmerte in ihrer Brust. Sie hatte ihre Gedanken nicht unter Kontrolle.
    Von neuem öffnete sie die Minibar und holte die restlichen kleinen Flaschen heraus. Wodka, Whisky, Gin. Sie zog sich an, es war Viertel nach vier, und sie atmete heftig, bevor sie es wagte, die Tür zu öffnen. Der Korridor lag verlassen da. Dennoch meinte sie, am Aufzug einen Schatten zu erkennen. Sie blieb reglos stehen. Es war Einbildung. Es waren Schatten, die sie selbst hervorrief.
    Sie fuhr mit dem Aufzug hinunter in die verlassene Rezeption.
    Durch ein Fenster zu einem Hinterzimmer sah sie das blaue Licht eines Fernsehers. Der Ton war leise, ein alter Film, vermutete sie. Der Nachtportier hatte ihre Schritte gehört und kam heraus. Er war jung, kaum alter als Henrik. Am Jackenaufschlag stand sein Name. Xavier.
    »Sie sind früh auf, Frau Cantor. Es ist eine milde Nacht, aber es regnet. Ich hoffe, Sie sind nicht geweckt worden?«
    »Ich habe nicht geschlafen. Mein Mann ist verschwunden.«
    Xavier warf einen Blick zum Schlüsselbrett.
    »Ich habe seinen Schlüssel. Er ist nicht in seinem Zimmer. Er ist seit gestern vormittag verschwunden, seit fast vierundzwanzig Stunden.«
    Xavier schien durch ihre Besorgnis nicht beeindruckt zu sein. »Sind seine Sachen noch im Zimmer?«
    »Es ist nichts angerührt.«
    »Dann kommt er bestimmt zurück. Vielleicht ist es nur ein Mißverständnis ?«
    Er glaubt, daß wir uns gestritten haben, dachte Louise wütend. »Es ist kein Mißverständnis. Mein Mann ist verschwunden. Ich fürchte, daß ihm etwas Ernstes zugestoßen ist. Ich brauche Hilfe.«
    Xavier sah sie zweifelnd an. Louise wich seinem Blick nicht aus.
    Xavier nickte und griff zum Telefonhörer. Er sagte etwas auf katalanisch. Vorsichtig legte er den Hörer wieder auf, wie um die anderen Hotelgäste nicht zu wecken.
    »Senor Castells, der Sicherheitsbeauftragte des Hotels, wohnt gleich nebenan. Er wird in zehn Minuten hiersein.«
    »Danke, daß Sie mir helfen.«
    Vor dreißig Jahren wäre ich bei ihm schwach geworden, dachte sie. Genauso wie ich bei einem Mann auf einem Flug nach Schottland schwach geworden bin. Aber jetzt nicht mehr. Weder bei ihm noch bei Aron, den ich in Australien ausgegraben habe und der jetzt wieder verschwunden ist.
    Sie wartete. Xavier servierte ihr eine Tasse Kaffee. Die Angst bohrte tiefe Löcher in sie. Ein alter Mann mit einer Putzschürze schlurfte vorbei.
    Senor Castells war ein Mann an die Sechzig. Er trat lautlos durch die Eingangstür, trug einen langen Mantel und einen Borsalino-Hut. Xavier nickte zu Louise hin.
    »Frau Cantor, Zimmer 533, die ihren Mann verloren hat.«
    Es klang wie eine Replik aus einem Film, dachte Louise. Senor Castells nahm den Hut ab, musterte sie mit scharfem Blick und führte sie in einen Raum unmittelbar neben der Rezeption. Es war ein kleiner fensterloser Raum, doch mit bequemen Möbeln.
    Er bat sie, Platz zu nehmen, und zog den Mantel aus. »Erzählen Sie. Lassen Sie nichts aus. Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen.«
    Sie sprach langsam, faßte ebenso für sich selbst zusammen wie für Senor Castells, der sich hin und wieder Notizen auf einem Block machte. Er schien jedesmal mit geschärfter Aufmerksamkeit zuzuhören, wenn sie Henrik und seinen Tod berührte. Sie kam zum Schluß, ohne daß er sie unterbrochen hätte. Danach war er für einen Augenblick in

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