Kennen Wir Uns Nicht?
nimm dir einen Gin Tonic.«
Wie kann er so reagieren? Ist er denn kein Mensch?
»Ich will keinen Gin Tonic, okay?« Mir ist, als würde ich gleich die Beherrschung verlieren. »Ich will keinen beschissenen Gin Tonic!«
»Gläschen Wein vielleicht?«
»Eric, begreifst du denn nicht?«, schreie ich fast. »Begreifst du nicht, wie furchtbar das ist?«
Mein ganzer Zorn auf Simon Johnson und die Abteilungsleiter ändert seine Richtung wie ein Tornado, steuert direkt auf Eric zu, mit seiner ruhigen Dachterrasse und seinem Waterford-Glas und seinem ganzen selbstgefälligen Leben.
»Lexi ...«
»Diese Leute brauchen ihre Jobs! Die sind nicht alle ... beschissene Milliardäre!« Ich zeige auf unsere Terrasse. »Die haben Hypotheken laufen. Die Miete muss bezahlt werden. Hochzeiten müssen bezahlt werden.«
»Du überreagierst«, sagt Eric knapp und blättert seine Zeitung um.
»Und dich juckt das nicht! Ich verstehe dich nicht. Ich versteh dich einfach nicht!« Ich spreche ihn direkt an. Will, dass er aufblickt. Mir seine Ansichten erklärt. Mit mir redet.
Aber er tut es nicht. Es ist, als hätte er mich gar nicht gehört.
Ich bebe am ganzen Leib. Am liebsten würde ich seinen Gin Tonic vom Balkon werfen.
»Gut«, sage ich schließlich. »Reden wir nicht mehr darüber. Tun wir einfach so, als sei alles in Ordnung, und wir wären einer Meinung, auch wenn wir es nicht sind ...« Ich fahre herum und atme scharf ein.
Jon steht in der Terrassentür. Er trägt schwarze Jeans, ein weißes T-Shirt und eine Sonnenbrille, so dass ich seinen Gesichtsausdruck nicht lesen kann.
»Hi.« Er tritt auf die Terrasse hinaus. »Gianna hat mich reingelassen. Ich ... störe doch nicht?«
»Nein!« Eilig wende ich mich ab, damit er mein Gesicht nicht sehen kann. »Natürlich nicht. Schon gut. Alles ist gut.«
Ausgerechnet er muss hier auftauchen. Der hat mir heute gerade noch gefehlt. Ich werde ihn keines Blickes würdigen. Ich werde ihn nicht mal wahrnehmen.
»Lexi ist ein wenig aufgebracht«, sagte Eric zu Jon, so von Mann zu Mann. »In ihrer Firma verlieren ein paar Leute ihren Job.«
»Nicht nur ein paar Leute!«, protestiere ich. »Meine ganze Abteilung! Und ich habe nichts dagegen unternommen. Ich sollte ihre Chefin sein, aber ich hab es versaut.« Mir läuft eine Träne über die Wange, und grob wische ich sie weg.
»Jon.« Eric hört mir nicht mal zu. »Ich hole dir einen Drink. Ich hab die Bayswater-Pläne hier. Es gibt da einiges zu besprechen ...« Er steht auf und geht ins Wohnzimmer. »Gianna! Gianna, sind Sie da?«
»Lexi.« Jon kommt über die Terrasse zu mir, spricht mit leiser, eindringlicher Stimme.
Er versucht es schon wieder. Ich kann es nicht fassen.
»Lass mich in Ruhel«, fahre ich ihn an. »Hast du meine Nachricht nicht bekommen? Kein Interesse! Du bist doch nur ein Frauenheld. Und selbst wenn ich Interesse hätte, wäre jetzt kein guter Zeitpunkt, okay? Meine gesamte Abteilung ist gerade den Bach runtergegangen. Also, wenn du dafür keine Lösung anzubieten hast: Verpiss dich!«
Was folgt, ist Schweigen. Ich erwarte, dass Jon mit irgendeinem blöden Spruch kommt, aber stattdessen nimmt er seine Sonnenbrille ab und kratzt sich am Kopf, als wüsste er nicht, was er sagen sollte.
»Versteh ich nicht. Was ist mit deinem Plan passiert?«
»Plan?«, sage ich aggressiv. »Welcher Plan?«
»Dein großer Teppich-Deal.«
»Was für ein Teppich-Deal?«
Jon reißt vor Schreck die Augen auf. Eine Weile starrt er mich nur an, als wollte ich ihn auf den Arm nehmen. »Das ist doch nicht dein Ernst. Du weißt nichts davon?«
»Wovon weiß ich nichts?«, rufe ich am Rande der Verzweiflung. »Ich habe keine Ahnung, wovon zum Henker du redest!«
»Verdammt!« Jon atmet aus. »Okay. Lexi. Hör zu. Du hattest diesen riesigen Teppich-Deal an Land gezogen. Du hast gesagt, dadurch würde sich alles ändern, dadurch käme viel Geld rein, und es würde die ganze Sachlage ändern ... Oh! Du genießt also die Aussicht, hm?« Ubergangslos wechselt er das Thema, als Eric in der Tür steht, mit einem Gin Tonic in der Hand.
Riesiger Teppich-Deal?
Mein Herz rast, während ich dort stehe und mir ansehe, wie Eric Jon seinen Drink reicht und einen Stuhl unter dem großen Sonnenschirm hervorzieht.
Hör nicht auf ihn, sagt eine Stimme in meinem Kopf. Das denkt er sich aus. Er spielt mit dir. Das gehört alles zu seiner Masche ...
Und was, wenn nicht?
»Eric, Darling. Tut mir leid mit vorhin.« Die Worte kommen mir fast schon zu
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