Kennen Wir Uns Nicht?
Solange ich das nicht vergesse, ist alles gut.
»Hi.« Ich setze mich zu ihm an den Tisch und lege meine Aktenmappe auf einen freien Stuhl. Jon trinkt Kaffee. »Okay. Wir sind beide viel beschäftigt. Sprechen wir über diesen Deal.«
Jon starrt mich nur fragend an.
»Kannst du mir noch mehr darüber sagen?«, füge ich hinzu und gebe mir Mühe, seinen Gesichtsausdruck zu ignorieren. »Ich glaube, ich nehme einen Cappuccino.«
»Lexi, was war das? Was ist auf der Party neulich passiert?«
»Ich ... ich weiß nicht, was du meinst.« Ich nehme die Speisekarte und tue so, als würde ich sie lesen. »Vielleicht nehme ich lieber einen Milchkaffee.«
»Jetzt komm schon.« Jon drückt die Speisekarte herunter, damit er mein Gesicht sehen kann. »Du kannst dich nicht verstecken. Was ist passiert?«
Er findet es komisch. Ich höre es an seiner Stimme. Gekränkt knalle ich die Karte auf den Tisch.
»Wenn du es unbedingt wissen willst ...«, sage ich barsch, »... ich habe auf der Party mit Rosarie gesprochen, und sie hat mir von deinem ... Faible erzählt. Ich weiß, dass alles nur Verarschung war. Und ich lasse mich nicht gern verarschen. Vielen Dank.«
»Lexi ...«
»Gib dir keine Mühe, okay? Ich weiß, dass du es bei ihr und Margo auch versucht hast.« Meine Stimme hat so eine bittere Schärfe bekommen. »Du bist nur ein Süßholzraspler, der verheirateten Frauen erzählt, was sie hören wollen. Was du glaubst, was sie hören wollen.«
Jon zuckt mit keiner Wimper.
»Ich habe es tatsächlich bei Rosalie und Margo versucht. Und vielleicht bin ich etwas ...«, er zögert,»... zu weit gegangen. Aber wir waren uns doch einig, dass ich es tun sollte. Es war unsere Tarnung.«
Natürlich. Das muss er ja sagen.
Hilflos vor Wut starre ich ihn an. Er kann sagen, was er will. Ich habe keine Möglichkeit, herauszufinden, ob er die Wahrheit sagt oder nicht.
»Versteh doch!« Er beugt sich über den Tisch. »Es war alles nur gespielt. Wir haben uns eine Geschichte ausgedacht, die alle täuschen sollte, um eine Erklärung zu haben, falls man uns zusammen sehen sollte. Rosalie ist darauf reingefallen, genau wie wir es geplant hatten.«
»Du wolltest, dass man dich als Frauenheld sieht?«, erwidere ich und rolle mit den Augen.
»Natürlich nicht!« Plötzlich klingt er aufgebracht. »Aber ein paar Mal wäre es fast ... schiefgegangen. Besonders Rosalie ist nicht blöd. Sie hätte früher oder später was gemerkt.«
»Also hast du sie angebaggert.« Unweigerlich klinge ich sarkastisch. »Nett. Das hat Klasse.«
Ungerührt hält Jon meinem Blick stand. »Du hast recht. Das war alles nicht so schön, und wir haben Fehler gemacht...« Er greift nach meiner Hand. »Aber du musst mir vertrauen, Lexi. Bitte. Lass mich dir alles erklären ...«
»Hör auf!« Ich reiße meine Hand zurück. »Hör endlich auf damit! Wir sind nicht hergekommen, um über uns zu reden. Bleiben wir beim Thema.« Eine Kellnerin tritt an den Tisch, und ich blicke auf. »Einen Cappuccino, bitte. Also, dieser Deal ...«, sage ich scharf, »... existiert nicht. Ich habe überall nachgesehen. Ich war im Büro und habe alles abgesucht, jede einzelne Computerdatei gecheckt. Ich habe zu Hause gesucht - nichts. Das hier ist das Einzige, was ich gefunden habe.« Ich greife in die Aktenmappe und hole diesen Zettel mit dem verschlüsselten Gekritzel hervor. »Da war eine leere Schublade in meinem Schreibtisch. Das hier lag darin.«
Halb hoffe ich, dass Jons Augen aufleuchten und er sagt: »Ah! Die Lösung!«, als wären wir beim Da Vinci Code. Stattdessen zuckte er mit den Schultern. »Das ist deine Handschrift.«
»Ich weiß selbst, dass es meine Handschrift ist.« Ich versuche, die Geduld zu bewahreri. »Aber ich weiß nicht, was es bedeutet!« Entnervt werfe ich den Zettel auf den Tisch. »Wieso sind meine Notizen nicht im Computer?«
»Da ist so ein Typ bei deiner Arbeit... Byron?«
»Ja«, sage ich gefasst. »Was ist mit ihm?«
»Du hast ihm nicht getraut. Du meintest, er sei dafür, die Abteilung aufzulösen. Du dachtest, er würde dir alles vermasseln. Also wolltest du der Geschäftsleitung den Deal erst präsentieren, wenn er unter Dach und Fach war.«
Die Tür des Cafes fliegt auf, und mein schlechtes Gewissen lässt mich zusammenzucken, weil ich fürchte, es könnte Eric sein. Schon liegt mir eine Ausrede auf der Zunge: Ich war gerade shoppen, und jetzt rate mal, wen ich getroffen habe —Jon! Was für ein Zufall! Aber natürlich ist es nicht
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