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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht? Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Vielleicht war es nicht genau so, wie ich es dir erzählt habe. Ich wollte dich nur schützen.«
    »Wovor wolltest du mich schützen? Warst du bei der Beerdigung?«
    »Ja, ich bin mitgekommen«, sagt er nach kurzer Pause. »Ich habe Schnittchen verteilt. Mich nützlich gemacht. Dich unterstützt.«
    »Und was ist dann passiert?«
    »Dann habe ich ...« Er räuspert sich.
    » Was?«
    »Eine von den Kellnerinnen gevögelt. Es lag nur am emotionalen Stress!«, fugt er winselnd hinzu. »Da macht man alle möglichen verrückten Sachen. Ich dachte, ich hätte die Tür abgeschlossen ...«
    »Ich habe dich auf frischer Tat ertappt?«, sage ich ungläubig.
    »Ja. Wir waren nicht nackt oder so. Naja, schon ein bisschen natürlich ...«
    »Aufhören!« Ich halte das Telefon weit weg von meinem Ohr.
    Ich brauche eine Weile, um das alles in meinen Kopf zu kriegen. Schwer atmend knirsche ich über den Kies, setze mich auf die Gartenmauer und sehe hinüber zu den Schafen auf der Weide, ignoriere die »Lexi! Lexi!«-Rufe aus dem Telefon.
    Ich habe Loser Dave dabei erwischt, wie er mich betrügt. Na, was auch sonst? Es überrascht mich nicht mal.
    Endlich nehme ich das Handy wieder ans Ohr. »Und wie habe ich reagiert? Und sag jetzt nicht, ich hätte dir eine Rose geschenkt und es war wunderschön.«
    »Naja.« Loser Dave atmet aus. »Ehrlich gesagt, bist du völlig ausgeflippt. Du hast rumgeschrien. Dein ganzes Leben soll sich ändern, es ist alles Scheiße, du hasst mich, du hasst alles ... ich kann dir sagen, Lexi: Es war echt heftig. Ich hab versucht, dich zu beruhigen, hab dir ein Krabbenbrötchen geholt. Aber du wolltest nicht. Dann bist du rausgerannt.«
    »Und dann?«
    »Dann war Schluss! Das nächste Mal habe ich dich in dieser Sendung gesehen, und da sahst du total anders aus.«
    »Allerdings.« Ich beobachte zwei Vögel, die am Himmel kreisen. »Weißt du, du hättest mir gleich beim ersten Mal die Wahrheit sagen können.«
    »Ich weiß. Tut mir leid.«
    »Na, klar.«
    « Nein, wirklich.« Ehrlicher als jetzt hat er noch nie geklungen. »Und es tut mir leid, dass ich dieses Mädchen gevögelt habe. Und mir tut auch leid, wie sie dich genannt hat. Das war nicht in Ordnung.«
    Ich setze mich auf, bin plötzlich hellwach. »Wie hat sie mich genannt?«
    »Oh. Du kannst dich nicht erinnern«, sagt er hastig. »Ah ... nichts. Ich kann mich auch nicht mehr erinnern.«
    »Was hat sie gesagt?« Ich stehe auf, presse das Handy an mein Ohr. »Sag mir, wie sie mich genannt hat! Loser Dave!«
    »Ich muss los. Viel Glück beim Arzt.« Er legt auf. Sofort wähle ich seine Nummer, aber es ist besetzt. Schweinepriester.
    Ich stampfe ins Haus zurück und finde Jon auf dem Sofa, wo er eine Ausgabe von Whippet World ‘liest.
    »Hi!« Seine Miene leuchtet auf. »Wie ist es gelaufen?«
    »Wie hat mich die Kellnerin bei der Beerdigung genannt?«
    Sofort sieht Jon aus, als wollte er mir ausweichen. »Ich weiß nicht, was du meinst. Hey, hast du schon mal Whippet World ‘gelesen?« Er hält sie hoch. »Ist überraschend gut...«
    »Du weißt sehr wohl, was ich meine.« Ich setze mich neben ihn und ziehe sein Kinn herum, so dass er mich ansehen muss. »Ich weiß, dass ich es dir erzählt habe. Sag es mir.«
    Jon seufzt. »Lexi, es ist nur ein winziges Detail. Warum ist es so wichtig?«
    »Weil ... weil es das ist. Hör zu, Jon, du kannst nicht meiner Mum eine Predigt halten und mir dann etwas verschweigen, was in meinem Leben vorgefallen ist. Ich habe ein Recht, es zu erfahren. Sag mir, wie mich die Kellnerin genannt hat! Sofort.« Wütend starre ich ihn an.
    »Na, gut.« Jon hebt die Hände wie zur Kapitulation. »Wenn du es unbedingt wissen musst. Sie nannte dich ... Draculas Tochter.«
    Draculas Tochter? Unwillkürlich - obwohl ich weiß, dass meine Zähne gar nicht mehr so spitz sind - spüre ich, wie meine Wangen vor Scham rot anlaufen.
    »Lexi ...« Jon windet sich.
    »Nein.« Ich streife Jons Hand ab. »Kein Problem.«
    Mit heißem Kopf stehe ich auf und trete ans Fenster, versuche, mir die Szene vorzustellen, mich in die geknickte Lexi hineinzuversetzen. Es ist 2004. Ich habe keine Prämie bekommen. Mein Vater wird beerdigt. Der Gerichtsvollzieher steht vor der Tür, um uns alles wegzunehmen. Ich erwische meinen Freund dabei, wie er eine Kellnerin bumst ... und sie sieht mich an und nennt mich »Draculas Tochter«.
    Okay. Langsam passt alles zusammen.

ACHTZEHN
    Auf dem Rückweg sitze ich sehr lange schweigend da. Ich halte den

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