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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht? Kostenlos Bücher Online Lesen
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mir eine DVD hin, ohne Hülle. »Schatz, die hast du auf dem Teppich liegen lassen. Keine sonderlich sinnvolle Aufbewahrung für eine DVD ...«
    Ich nehme ihm die Disc ab. »Entschuldige, Eric«, sage ich eilig. Es ist die Ambition: Folge 1-DVD, von der ich mir neulich den Anfang angesehen habe. »Ich weiß gar nicht, wie die dahin gekommen ist.«
    Das ist gelogen. Sie ist dahin gekommen, als Eric weg war und ich mindestens fünfzig DVDs auf dem Teppich verteilt hatte, zusammen mit Zeitschriften und Fotoalben und Schokoladenpapier. Gut, dass er nicht da war, sonst hätte er bestimmt einen Herzinfarkt bekommen.
    »Dein Taxi ist für zehn Uhr bestellt«, sagt Eric. »Ich bin jetzt weg.«
    »Gut!« Ich küsse ihn wie inzwischen jeden Morgen. Langsam kommt es mir schon ganz normal vor. »Hab einen schönen Tag!«
    »Du auch.« Er drückt meine Schulter. »Hoffentlich geht alles gut.«
    »Wird schon«, sage ich zuversichtlich.
    Heute gehe ich wieder zur Arbeit, Vollzeit. Nicht, um die Abteilung zu übernehmen - so weit bin ich noch nicht. Aber um meinen Job neu zu lernen, um aufzuholen, was ich verpasst habe. Fünf Wochen sind seit dem Unfall vergangen. Ich kann nicht mehr nur zu Hause herumsitzen. Ich muss was tun. Ich muss mir mein Leben zurückerobern. Uhd meine Freundinnen ...
    Auf dem Bett stehen drei glänzende Präsenttüten bereit -mit Geschenken für Fi, Debs und Carolyn, die ich ihnen heute mitbringen will. Ich habe eine Ewigkeit gebraucht, das Richtige auszuwählen, und offen gesagt, möchte ich mich jedes Mal, wenn ich nur daran denke, vor Freude am liebsten selbst umarmen.
    Summend gehe ich ins Wohnzimmer und schiebe die Ambition-DVD in den Player. Ich habe sie noch gar nicht zu Ende gesehen. Vielleicht hilft es mir, mich in »Büro«-Stimmung zu versetzen. Ich spule bis zu der Stelle, wo ich mit zwei Schlipsträgern in einer Limo sitze, und drücke auf START.
    »... Lexi und ihre Mitspieler werden es heute sicher nicht ruhig angehen lassen«, sagt eine männliche Stimme aus dem Off. Die Kamera macht eine Nahaufnahme von mir, und ich halte die Luft an.
    »Wir werden diese Aufgabe meistern!«, sage ich mit scharfer Stimme und klatsche dabei in die Hände. »Und wenn wir rund um die Uhr arbeiten müssen, wir werden gewinnen! Okay? Keine Ausflüchte!«
    Mir fällt die Kinnlade herunter. Bin ich wirklich dieses gruselige Karriereweib? So habe ich in meinem ganzen Leben noch nie geredet.
    »Wie immer treibt Lexi ihr Team an«, sagt die männliche Stimme aus dem Off. »Doch ist die Kobra dieses Mal zu weit gegangen?«
    Ich verstehe nicht ganz, wovon er redet. Welche Kobra?
    Dann wechselt das Bild zu einem der beiden Männer, die eben noch mit mir in der Limo saßen. Er kauert auf einem Bürostuhl vor einer Fensterfront. Man sieht, dass Nacht ist. »Sie ist kein Mensch«, murmelt er. »Der Tag hat nun mal nur vierundzwanzig Stunden. Wir geben alle unser Bestes, aber interessiert sie das überhaupt?«
    Während er redet, sieht man mich auf dem Bildschirm, wie ich in irgendeinem Lagerhaus herumlaufe. Spricht er etwa von mir? Ich bin irritiert. Dann wechselt das Bild zu einem lautstarken, heftigen Streit zwischen mir und diesem Mann. Wir stehen irgendwo in London auf der Straße, und er versucht, sich zu verteidigen, aber ich lasse ihn gar nicht erst zu Wort kommen.
    »Du bist raus!«, schnauze ich ihn an, mit derart schneidender Stimme, dass ich zusammenzucke. »Du bist raus aus meinem Team!«
    »Und wieder hat die Kobra zugeschlagen!«, meldet sich die unbeschwerte Stimme. »Sehen wir uns diese Szene ruhig noch einmal an!«
    Sekunde mal. Soll das etwa heißen ...
    Ich bin die Kobra? Zu bedrohlicher Musik sieht man auf dem Bildschirm eine Zeitlupenwiederholung, und mein Gesicht wird herangezoomt.
    »Du bist raussssss!«, zische ich. »Du bist rausssss aussss meinem Team.«
    Entsetzt starre ich den Bildschirm an, leicht benommen. Was zum Teufel haben die gemacht? Sie haben meine Stimme bearbeitet. Ich klinge wie eine Schlange.
    »Und auch in dieser Woche ist Lexi in giftiger Höchstform!«, sagt die Männerstimme aus dem Off. »Währenddessen, drüben bei unserem anderen Team ...«
    Eine weitere Gruppe von Schlipsträgern erscheint auf dem Bildschirm und streitet über Preisvorstellungen. Aber ich bin viel zu verstört, als dass ich mich noch rühren könnte.
    Warum ... wie ...
    Warum hat mir keiner was gesagt? Warum hat mich keiner davor gewarnt? Wie ferngesteuert greife ich nach dem Telefon und tippe Erics Nummer

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