Kennen Wir Uns Nicht?
ein.
»Hi, Lexi.«
»Eric, ich habe gerade die DVD von dieser Fernsehshow gesehen!« Meine Stimme schießt nur so heraus. »Die haben mich Kobra genannt! Ich war einfach nur gemein zu allen! Wieso hast du mir nie was davon erzählt?«
»Liebling, es war eine grandiose Sendung!«, sagt Eric beschwichtigend. »Du kamst extrem gut rüber.«
»Aber sie haben mich als Schlange bezeichnet!«
»Na, und?«
»Na ... ich will keine Schlange sein!« Ich weiß, ich klinge fast hysterisch, aber ich kann nichts dagegen tun. »Kein Mensch mag Schlangen! Ich bin viel eher ein ... Eichhörnchen. Oder ein Koala.«
Koalas sind weich und kuschelig. Und ein bisschen zottelig.
»Ein Koala? Lexi!« Eric lacht. »Schatz, du bist eine Kobra! Du hast das perfekte Timing. Du hast Biss. Das macht dich zu einer großartigen Geschäftsfrau.«
»Aber ich will gar keine ...« Mein Satz erstirbt, weil es an der Tür klingelt. »Mein Taxi ist da. Ich muss los.«
Ich gehe ins Schlafzimmer, schnappe mir die drei Geschenktüten und versuche, meinen ursprünglichen Optimismus wiederzufinden, mich auf diesen Tag zu freuen. Doch mittlerweile hat sich meine Zuversicht in Luft aufgelöst.
Ich bin eine Schlange. Kein Wunder, dass mich alle hassen.
Während sich mein Taxi zur Victoria Palace Road vorankämpft, sitze ich starr auf der Rückbank, klammere mich an meine Tüten und versuche, mich aufzumuntern. Erstens weiß doch jeder, dass das Fernsehen immer alles verzerrt darstellt. Niemand hält mich wirklich für eine Schlange. Außerdem ist die Sendung schon Ewigkeiten her, und wahrscheinlich denkt heute kein Mensch mehr daran ...
Oh, Gott. Das große Problem mit der Selbstaufmunterung ist, dass man im Grunde weiß, dass man Blödsinn redet.
Das Taxi setzt mich direkt vor dem Gebäude ab, und ich hole tief Luft, zupfe mein beigefarbenes Armani-Kostüm zurecht. Beklommen mache ich mich auf den Weg in den dritten Stock. Als ich aus dem Fahrstuhl trete, sehe ich als Erstes Fi, Carolyn und Debs an der Kaffeemaschine stehen. Fi deutet auf ihr Haar, redet mit Händen und Füßen, während Carolyn ihr widerspricht, doch als ich auftauche, reißt das Gespräch sofort ab, als hätte jemand den Stecker aus einem Radio gezogen.
»Hey, Leute!« Ich setze das freundlichste Lächeln auf, das ich zustande bringe. »Ich bin wieder da!«
»Hi, Lexi.« Allgemeines Gemurmel antwortet mir, und Fi zuckt mit den Schultern. Okay, das war kein Lächeln, aber zumindest eine Reaktion.
»Du siehst wirklich toll aus, Fi! Dieses Top steht dir total gut.« Ich deute auf ihre cremefarbene Bluse, und überrascht folgt sie meinem Blick. »Und, Debs! Du siehst auch richtig klasse aus. Und, Carolyn! Deine Haare sind so was von cool, so superkurz, und ... diese Wildlederstiefel sind fantastisch!«
»Die hier?« Carolyn schnaubt vor Lachen und tippt mit dem einen braunen Stiefel gegen den anderen. »Die hab ich doch schon seit Jahren.«
»Na, trotzdem ... die sind echt klasse!«
Aus reiner Nervosität quassle ich einfach drauflos und rede einen Haufen Müll. Kein Wunder, dass sie mich so entgeistert ansehen. Fi hat ihre Arme verschränkt, und Debs sieht aus, als würde sie gleich loskichern.
»Also, jedenfalls ...« Ich zwinge mich, etwas langsamer zu sprechen. »Ich habe euch was mitgebracht. Fi, das hier ist für dich, und Debs ...«
Als ich die Geschenktüten verteile, kommen sie mir plötzlich lächerlich glänzend und verdächtig schleimig vor.
»Wofür sind die?«, sagt Debs mit leerem Blick.
»Ach, wisst ihr ... einfach nur ... ahm ...« Ich fange an zu stottern. »Schließlich sind wir doch befreundet, und ... na los! Macht sie auf!«
Die drei sehen einander skeptisch an, dann reißen sie das Geschenkpapier auf.
»Gucci?«, sagt Fi ungläubig, als sie ein grünes Schmuckkästchen hervorholt. »Lexi, das kann ich nicht...«
»Doch, das kannst du! Bitte. Mach es auf... du wirst sehen ...«
Wortlos klappt Fi das Kästchen auf und bringt eine goldene Armreifuhr zum Vorschein.
»Weißt du noch?«, sage ich eifrig. »Wir haben sie uns immer im Schaufenster angesehen. Jedes Wochenende. Und jetzt hast du eine!«
»Ehrlich gesagt ...« Fi seufzt und macht einen betretenen Eindruck. »Lexi, ich hab schon seit zwei Jahren eine.«
Sie schiebt ihren Ärmel hoch und trägt genau die gleiche Uhr, nur etwas matter und älter.
»Oh«, sage ich etwas entmutigt. »Na, gut. Macht nichts. Ich kann sie umtauschen. Wir können dir was anderes ...«
»Lexi, das kann ich nicht
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