Kennen Wir Uns Nicht?
andere Zeug, das wir verkaufen? Sie fahren mit Lastwagen rum?« Er klingt zwar höflich, grinst aber breit.
»Ja, ich erinnere mich an Southey‘s«, sage ich scharf. »Danke. Worum geht es bei diesem Termin?«
»Nun ...«, sagt Byron nach einer Pause. »Offen gesagt, haben sie sich verzettelt. Es knirscht im Gebälk. Wenn die ihr System nicht verbessern, müssen wir uns woanders umsehen.«
»Okay.« Ich nicke chefmäßig. »Gut, halten Sie mich auf dem Laufenden.« Wir sind bei meinem Büro angekommen. »Bis später, Byron.«
Ich schließe die Tür hinter mir, werfe meine Geschenktüten auf das Sofa, öffne den Aktenschrank und nehme eine ganze Schublade voller Unterlagen heraus. Ich will mich nicht entmutigen lassen! Ich setze mich an den Schreibtisch und klappe den ersten Ordner auf, mit den Protokollen der Abteilungsleiterkonferenzen.
Drei Jahre. Die drei Jahre kann ich aufholen. So lang ist das nicht.
Zwanzig Minuten später raucht mir der Schädel. Es kommt mir vor, als hätte ich seit Monaten nichts Ernsthaftes oder Anspruchsvolles mehr gelesen ... und dieses Zeug ist zäh wie Sirup. Budgetbesprechungen. Verträge, die zur Verlängerung anstehen.
Leistungsbeurteilungen. Ich komme mir vor wie auf dem College, als wollte ich sechs Abschlüsse gleichzeitig machen.
Ich habe eine Liste angelegt: Was ich fragen muss, und bin jetzt schon auf der zweiten Seite.
»Wie läuft‘s?« Die Tür geht lautlos auf, und Byron sieht herein. Klopft der etwa nicht an?
»Gut«, sage ich frostig. »Sehr gut. Ich hätte nur ein paar klitzekleine Fragen ...«
»Schießen Sie los.« Er lehnt sich an den Türrahmen.
»Okay. Erstens: Was ist QAS?«
»Das ist unsere neue Buchhaltungssoftware. Alle sind darin geschult.«
»Na, ich kann mich auch schulen lassen«, sage ich forsch und schreibe auf meinem Zettel herum. »Und wer ist services.com?«
»Unser Online-Provider für den Kundenservice.«
»Wie?« Verdutzt runzle ich die Stirn. »Und was ist mit unserer Service-Abteilung?«
»Die wurde schon Vorjahren überflüssig«, sagt Byron gelangweilt. »Die Firma wurde umstrukturiert und die Arbeit einiger Abteilungen extern vergeben.«
»Aha.« Ich nicke, versuche, mir das alles zu merken, und werfe noch einen Blick auf meinen Zettel. »Und was ist mit BD Brooks? Was ist das?«
»Das ist unsere Werbeagentur«, sagt Byron übertrieben geduldig. »Sie machen die Werbung für uns. Radio und Fernsehen ...«
»Ich weiß, was eine Werbeagentur ist!«, fahre ich ihn an, aufgebrachter als beabsichtigt. »Und was ist mit Pinkham Smith passiert? Zu denen hatten wir doch so ein gutes Verhältnis ...«
»Die gibt es nicht mehr.« Byron rollt mit den Augen. »Die sind pleite. Meine Güte, Lexi, Sie wissen ja wirklich überhaupt nichts mehr, was?«
Ich mache den Mund auf, um etwas zu entgegnen, bringe aber nichts heraus. Er hat recht. Es ist, als hätte ein Sturm die Welt weggefegt. Jetzt ist alles neu, und ich kenne mich nicht mehr aus.
»Das kriegen Sie doch nie wieder alles zusammen.« Byron mustert mich mitleidig.
»Krieg ich doch!«
»Lexi, sehen Sie den Tatsachen doch lieber ins Gesicht. Sie sind geisteskrank. Sie sollten Ihren Kopf nicht einer solchen Belastung ...«
»Ich bin nicht geisteskrank!.«, rufe ich wütend und springe auf. Rüde stürme ich an Byron vorbei aus dem Büro. Cläre blickt bestürzt auf und klappt ihr Handy zu.
»Hi, Lexi. Kann ich etwas für Sie tun? Eine Tasse Kaffee?«
Sie sieht richtig entsetzt aus, als würde ich ihr gleich den Kopf abreißen oder sie feuern oder irgendwas. Okay, das ist jetzt meine Chance, ihr zu zeigen, dass ich keine Bossbitch aus der Hölle bin. Ich bin ich.
»Hi, Cläre!«, sage ich freundlich und setze mich auf die Ecke ihres Schreibtischs. »Alles okay?«
»Mh ... ja.« Ihre Augen sind groß und argwöhnisch.
»Ich dachte nur gerade, ob ich Ihnen vielleicht einen Kaffee holen soll?«
»Sie?« Sie starrt mich an, als wollte ich sie in eine Falle locken. »Mir einen Kaffee holen?«
»Ja, warum nicht?« Ich strahle sie an, und sie zuckt zusammen.
»Ist ... ist schon okay.« Sie gleitet von ihrem Stuhl, lässt mich nicht aus den Augen, als würde sie mich tatsächlich für eine Kobra halten. »Ich geh schon.«
»Moment!«, sage ich fast verzweifelt. »Wissen Sie, Cläre, ich würde Sie gern besser kennenlernen. Vielleicht könnten wir irgendwann mal zusammen Mittag essen ... plaudern ... shoppen gehen ...«
Cläre sieht aus, wie eine Kuh wenn‘s donnert.
»Ah ...
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