Keraban Der Starrkopf
Seigneur Saffar, den er für alles Unheil verantwortlich machte, die grimmigsten Verwünschungen an den Kopf.
Für Amasia und Nedjeb gab es hingegen gar nichts Angenehmeres, als diese Fahrt in einer Araba. Ja, das war etwas Neues, Unerwartetes. Sie hätten diesen elenden Karren gegen keine Staatscarrosse des Padischah vertauscht! Wie wohl befanden sie sich unter der undurchlässigen Plane auf einem frischen Strohsitze, den sie auf jedem Relais erneuern konnten. Von Zeit zu Zeit boten sie darin auch einen Platz dem Seigneur Keraban, dem jungen Ahmet oder Van Mitten an. Und dann die Reiter, die sie escortirten, wie Prinzessinnen!… O, das war ja reizend!
Es versteht sich von selbst, daß derartige Betrachtungen von der Närrin Nedjeb ausgingen, welche so geneigt war, alle Dinge von der besten Seite anzusehen. Amasia dagegen fiel es wieder deswegen nicht ein, sich zu beklagen, weil jetzt ja Ahmet bei ihr war, und die Reise unter ganz anderen Umständen und in kurzer Zeit vollendet werden sollte. Dazu gelangten sie damit nach Scutari… nach Scutari!
»Ich glaube bestimmt, sagte Nedjeb öfters, indem sie sich auf den Zehen erhob, daß man es von hier aus schon sehen kann!«
Unter der kleinen Gesellschaft gab es wirklich nur zwei Personen, welche in unangenehmer Stimmung waren, der Seigneur Keraban, der wegen Mangels eines schnelleren Fuhrwerkes eine Verzögerung fürchtete, und Bruno, den eine Wegstrecke von fünfunddreißig Lieues – fünfunddreißig Lieues auf dem Rücken eines Maulesels – noch von Trapezunt trennten.
Dort erst würde es, wie ihm Nizib versicherte, ein Leichtes sein, sich ein, für die weiten Ebenen Anatoliens geeigneteres Transportmittel zu beschaffen.
An diesem Tage, dem 15. September, verließ die ganze Karawane Atina gegen elf Uhr Morgens; der Sturm war so heftig gewesen, daß er nicht lange hatte andauern können. Jetzt herrschte eine fast vollständige Windstille. Die nach den höheren Luftschichten aufgestiegenen Wolken hingen regungslos am Firmament, erschienen aber alle zersetzt von dem Toben des Orcans. Zeitweilig sandte die Sonne einige Strahlen herab, welche der Landschaft mehr Leben verliehen. Nur das noch hochgehende Meer schlug donnernd an den Felsengrund des Ufers.
Der Seigneur Keraban und seine Begleiter zogen jetzt die Straße des westlichen Lasistan hinab und beeilten sich nach Kräften, um noch vor Anbruch des Abends das Paschalik Trapezunt zu erreichen.
Die Straßen hier waren nicht verlassen.
Lange Karawanen belebten dieselben mit Hunderten von Kameelen; die Ohren wurden fast betäubt von den Tönen der Schellen, Glöckchen und wirklichen Glocken, welche jene am Halse trugen, während das Auge sich an den lebhaften, wechselnden Farben ihrer Kopfzierden und mit Muscheln geschmückten Haarflechten ergötzte. Diese Karawanen kamen entweder von Persien oder zogen dahin zurück.
Die Küste war ebensowenig menschenleer wie die Landstraße, denn hier strömten eine Menge Fischer und Jäger zusammen. Bei Anbruch der Nacht singen die Fischer hier, auf Booten, an deren Hintertheil harzige Aeste entzündet werden, sehr viele der unter dem Namen »Khansi« bekannten Sardellen, welche auf der ganzen Küste Anatoliens ein Lieblingsgericht bilden und auch in den mittleren Provinzen Armeniens vielfach verzehrt werden. Die Jäger wieder haben keine Ursache, die Fischer zu beneiden, denn sie finden hier das von ihnen gesuchte Wild in Ueberfluß. Abertausende von Seevögeln von der Gattung der Silbertaucher, »Kukarinas« genannt, siedeln an den Ufern dieses Theiles von Kleinasien, und zu Hunderttausenden gewinnen Jene die beliebten Federbälge derselben, deren ziemlich hoher Preis die Reisekosten, den Zeitaufwand und die Mühe, von dem zur Jagd selbst verbrauchten Pulver zu schweigen hinreichend deckt.
Gegen drei Uhr Nachmittags machte die kleine Karawane Halt in dem Flecken Mapavra, an der Mündung des gleichnamigen Flusses, dessen klares Wasser sich mit der übelriechenden Flüssigkeit einer Petroleumquelle vermischt, die aus der Nachbarschaft herabfließt. Zu dieser Stunde erschien es zwar noch etwas zeitig, um zu essen, da das Nachtquartier aber nur ziemlich spät erreicht werden konnte, zog man es vor, hier etwas Nahrung zu nehmen. Das war wenigstens Brunos Ansicht, und dieser wußte der schlaue Bursche schon Geltung zu verschaffen.
Daß es an der Gasthofstafel, an der der Seigneur Keraban und die Seinigen Platz genommen hatten, Khansi in großer Menge gab, versteht sich von
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