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Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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das war für einen armen Gastwirth entschieden zu theuer.
    Unterstützt von seinem Freunde Van Mitten, glaubte der Seigneur Keraban die Rolle des »Hakim« oder Doctors übernehmen zu sollen, und verschrieb einige ganz einfache Droguen, welche in Trapezunt leicht zu haben sein mußten.
    »Allah segne Sie, Herr, rief der sparsame Gatte der Wirthin, doch was kann diese Arznei wohl in der Stadt kosten?
    – Etwa zwanzig Piaster, antwortete Keraban.
    – Zwanzig Piaster! wiederholte der Gastwirth verdutzt. Ach, für einen solchen Preis könnte ich mir ja eine neue Frau kaufen…«
    Damit ging er davon, ohne sich weiter für den guten Rath seiner Gäste, den er gewiß nicht zu befolgen gedachte, zu bedanken.
    »Das ist ein praktischer Ehemann! lachte Keraban. Sie hätten sich hier zu Lande verheiraten sollen, Van Mitten.
    – Vielleicht!« meinte der Holländer.
    Um fünf Uhr Abends machten die Reisenden, um zu essen, in dem Flecken Surmaneh Halt, und brachen um sechs Uhr wieder auf, da sie Trapezunt noch vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen wünschten. Da gab es aber eine Verzögerung. Zwei Lieues vor der Stadt und gegen neun Uhr Abends brach ein Rad der Araba. Die Gesellschaft sah sich also genöthigt, in einer an der Straße liegenden Karawanserai zu übernachten, eine Karawanserai übrigens, welche den Reisenden in diesem Theile Kleinasiens ziemlich bekannt ist.
Sechstes Capitel.
Worin von neuen Persönlichkeiten die Rede ist, welchen der Seigneur Keraban in der Karawanserei von Rissar begegnet.
    Die Karawanserai von Rissar ist, wie überhaupt die Stationen dieser Art, ganz gut eingerichtet, die Bedürfnisse der Reisenden zu befriedigen, welche hier anhalten, bevor sie nach Trapezunt hineingehen. Ihr Vorstand oder Wärter, wie er gewöhnlich genannt wird – ein Türke Namens Kidros, ein verschlagener Fuchs und schlauer, als es sonst die Leute seiner Rasse sind – sorgte für Alles mit großem Eifer, freilich zum Nutzen seines eigenen Geldbeutels, den er vortrefflich wahrzunehmen wußte, suchte alle Reisenden zufrieden zu stellen und war stets ihrer Ansicht, selbst wenn es sich darum handelte, die Rechnung auszugleichen, die er im Voraus tüchtig verlängert hatte, so daß er sie gewöhnlich stark herabsetzen konnte, ohne dabei seinen Vortheil einzubüßen – natürlich nur aus reiner Zuvorkommenheit gegen seine verehrten Gäste.
    Die Karawanserai bestand übrigens Alles in Allem aus einem weiten Hofraum, den vier Mauern umschlossen, mit einem nach der Landstraße zu offenen Thorwege. Zu beiden Seiten dieses Thores erhoben sich zwei kleine Thürmchen mit türkischer Flagge, für den Fall, daß die Straßen unsicher gewesen wären.
    In der Mauerumfriedung waren eine gewisse Anzahl Thüren angebracht, welche den Eingang zu kleinen, von einander abgeschlossenen Zimmern bildeten, in denen die Reisenden übernachten konnten, denn während des Tages wurden dieselben nur sehr selten in Anspruch genommen. Am Rande des Hofraumes verbreiteten einige Maulbeerfeigenbäume etwas Schatten auf dem sandigen
    Boden, den die Mittagssonne oft zum Glühen erhitzte. In der Mitte befand sich ein mit der Erde gleicher Brunnen, getrieben von der endlosen Kette des Wasserschöpfrades, dessen Eimer sich in eine Art Trog, in Form eines halbrunden Bassins, ergießen konnten. Außerhalb der Umfassungsmauer gab es noch eine Reihe Krippen in den Wagenschuppen, wo die Pferde Futter und ausreichende Streu fanden, und dahinter stand eine Anzahl Pfähle, an welche die Maulesel und Kameele gebunden wurden, welche an Unterbringung in Ställen weniger gewöhnt sind.
    An diesem Abende beherbergte die Karawanserai – ohne gerade überfüllt zu sein – eine gewisse Zahl Reisende, von denen einige auf dem Weg nach Trapezunt, andere auf dem nach Osten, nach Armenien, Persien oder Kurdistan waren. Etwa zwanzig Zimmer waren besetzt und die Leute hatten sich darin meist zur Ruhe begeben.
    Gegen neun Uhr Abends gingen nur noch zwei Männer im Hofe auf und ab. Sie sprachen sehr lebhaft und unterbrachen sich nur, um einmal hinaus zu treten und einen ungeduldigen Blick in die Ferne schweifen zu lassen.
    Die Männer gingen sehr einfach gekleidet, so als ob sie es geflissentlich vermeiden wollten, die Aufmerksamkeit Vorübergehender oder anderer Reisender zu erregen. Es waren der Seigneur Saffar und sein Intendant Scarpante.
    »Ich wiederhole Ihnen, Seigneur Saffar, sagte der Letztere, das ist hier die Karawanserai von Rissar. Eben hierher und zwar heute hatte

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