Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
im äußersten Süden der Dobrudscha und am Fuße der letzten Vorberge der Balkankette, die Provinz Bulgarien.
    Bei dieser mühseligen Fahrt stießen sie auf so manche Hindernisse, bald inmitten der sumpfigen Thäler, bald in Wäldern mit üppiger Vegetation von Wasserpflanzen, durch welche der Wagen manchmal gar nicht hindurchzubringen war, dafür aber Tausende von langgeschwänzten Enten, Schnepfen und Wasserschnepfen aus ihren Schlupflöchern aufstörte, von welchen der leicht wellenförmige Boden durchsetzt war.
    Die Balkanberge bilden bekanntlich eine gewaltige Kette. Zwischen Rumelien und Bulgarien nach dem Schwarzen Meere verlaufend, entsendet dieselbe an ihrem Nordabhange zahlreiche Ausläufer, deren Bewegung sich fast bis zum Donaubette hin bemerkbar macht.
    Der Seigneur Keraban fand hier reichlich Gelegenheit, seine Ungeduld auf harte Proben gestellt zu sehen.
    Als es galt, das Ende des Gebirgskammes zu überschreiten, um nach der Niederung der Dobrudscha zu gelangen, wo sich fast unzugängliche Abhänge vorfanden, Straßenbiegungen mit so scharfem Winkel, daß zuweilen nicht einmal alle Pferde gleichzeitig anziehen konnten, enge, von Schluchten begrenzte Wege, welche zur Noth für ein Reitpferd, aber kaum für einen Wagen geeignet waren, da nahm das Alles unerwartet viel Zeit weg und wurde nie ohne großen Aufwand übler Laune und unverhehlter Verwünschungen durchgeführt. Manchmal mußte man sogar ausspannen und die Räder mit Hemmschuhen versehen, um erst aus gefährlicher Lage freizukommen – außerdem jene auch noch mit einer tüchtigen Anzahl Piaster beschweren, welche den Rosselenkern, die alle Augenblicke mit der Umkehr drohten, in die Tasche fielen.
    O, Seigneur Keraban hatte hier leichtes Spiel, gegen die heutige Regierung loszuwettern, welche die Straßen des Reiches so schlecht unterhielt und sich so blutwenig darum bekümmerte, ob man durch die Provinzen bequem gelangen könne oder nicht. Der Divan war ja sonst gleich bei der Hand, wenn es sich um Auferlegung neuer Zölle, Steuern oder um sonst welche belästigende Maßregeln handelte – was Seigneur Keraban ja aus eigener Erfahrung kannte.
    Zehn Paras, um über den Bosporus zu fahren! Er kam, wie besessen von fixer Idee, immer wieder darauf zurück. Zehn Paras! Zehn Paras!
     

    Enge, von Schluchten begrenzte Wege… (S. 63.)
     
    Van Mitten hütete sich wohl, seinem Reisegefährten irgendwie zu widersprechen; nur der Schein einer anderen Ansicht hätte eine Scene herbeigeführt. Um ihn zu beruhigen, schimpfte er vielmehr ein wenig mit auf die türkische Regierung, wie überhaupt auf alle Regierungen.
    »Es kann aber nicht möglich sein, erwiderte Keraban, daß in Holland eine solche Mißwirthschaft herrscht.
     

    Das Wageninnere erfüllte sich bald mit dichten blauen Wolken. (S. 66.)
     
    – Und doch ist’s nicht anders, Freund Keraban, antwortete Van Mitten, der vor Allem seinen Gefährten besänftigt sehen wollte.
    – Ich sag’ Ihnen aber nein! versetzte dieser. Ich erkläre Ihnen, daß solche miserable Zustände nur in Constantinopel möglich sind. Ist es in Rotterdam schon vorgekommen, die Kajiks mit einem Zolle zu belegen?
    – Wir haben dort keine Kajiks!
    – Das ändert an der Sache nichts.
    – Wie, das ändert nichts?
    – Nun, wenn Sie solche hätten, würde Ihr König nicht gewagt haben, sie zu besteuern. Wollen Sie mir etwa weismachen, die Regierung unserer Jungtürken wäre nicht die erbärmlichste der ganzen Welt?
    – Die schlechteste, unzweifelhaft!« gab ihm Van Mitten zu, um kurz eine Streitfrage zu beendigen, welche einen unangenehmen Charakter zu gewinnen drohte.
    Um das sich jetzt noch in nicht allzu gereiztem Tone bewegende Gespräch noch bestimmter zu beendigen, zog er seine lange holländische Pfeife hervor. Das machte Seigneur Keraban ebenfalls Lust, sich in den Rauchwolken seines Narghiles zu betäuben. Das Wageninnere erfüllte sich denn bald mit so dichten blauen Wolken, daß die Thürfenster geöffnet werden mußten, um sie hinauszulassen. In der narkotischen Schlaftrunkenheit, die sich schließlich seiner bemächtigte, wurde der starrsinnige Reisende dann stumm und ruhig bis zu dem Moment, wo irgend ein Ereigniß ihn wieder zur Wirklichkeit zurückführte.
    In Ermanglung einer Haltestelle in diesem halbwilden Lande, verbrachte man die Nacht vom 21. zum 22. August im Wagen. Erst gegen Morgen, nach Ueberschreitung der letzten Balkanausläufer, befand man sich jenseits der rumänischen Grenze, auf den

Weitere Kostenlose Bücher