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Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sich etwas bei Seite. Er wußte nicht, was er seinem Onkel hätte antworten sollen, und er wollte keine Verhandlung hervorrufen, die gar so leicht schlimm abgelaufen wäre.
    »Nun, Herr Neffe, sagte Keraban trockenen Tones, wie werden wir dann über den Strom kommen, da eine Brücke doch nicht mehr vorhanden ist?
    – O, wir werden wohl eine Furth finden, sagte Ahmet nachlässig; es ist ja so wenig Wasser darin….
    – Man taucht kaum mit den Stiefelabsätzen hinein! fügte der Holländer bei, der freilich besser gethan hätte, zu schweigen.
    – O, dann, Van Mitten, rief Keraban, dann streifen Sie einmal das Beinkleid auf, treten Sie hinein in den Strom, wir werden Ihnen nachfolgen…
    – Ja… aber… ich…
    – Schnell! Schnell! Streifen Sie nur auf!«
    Der getreue Bruno glaubte nun sich einmischen zu müssen, um seinen Herrn aus der fatalen Lage zu befreien.
    »Das wäre unnütz, Seigneur Keraban, sagte er. Wir werden darüber kommen, ohne uns den Fuß naß zu machen. Es gibt hier eine Fähre.
    – Ah, es gibt eine Fähre? antwortete Keraban. ‘S ist ein wahres Glück, daß man auf den Gedanken gekommen ist, auf diesem Strome eine Fähre einzurichten… um die weggerissene Brücke zu ersetzen, jenen berühmten Pont-Euxin! – Warum hat Er nicht vorher gesagt, daß es hier eine Fähre gibt?… Und wo ist sie denn, diese Fähre?
    – Hier, lieber Onkel, sagte Ahmet, indem er auf die am Quai festgelegte Fähre hinwies. Unser Wagen ist schon darauf.
    – Wirklich! Unser Wagen ist schon darauf?
    – Ja! Mit der vollen Bespannung!
    – Völlig bespannt? – Und wer hat das angeordnet?
    – Niemand, lieber Onkel, antwortete Ahmet. Der Posthalter hat ihn selbst dahingebracht, wie das stets zu geschehen pflegt…
    – Seitdem keine Brücke mehr vorhanden ist, nicht wahr?
    – Uebrigens, lieber Onkel, gab es gar kein anderes Mittel, unsere Reise fortzusetzen.
    – Es gäbe gewiß ein Anderes, Herr Neffe! Wir brauchten nur umzukehren und höher im Norden um das Asow’sche Meer zu fahren.
    – Noch zweihundert Lieues weiter, liebster Onkel! Und meine Hochzeit und das Datum des 30. Ramazan? Hast Du denn den 30. Ramazan ganz vergessen?
    – Nein, Herr Neffe! Und vor diesem Zeitpunkte werde ich schon zurück zu sein wissen. Brechen wir auf!«
    Einen Augenblick schwebte Ahmet in peinigender Ungewißheit. Würde sein Onkel dem unsinnigen Gedanken nachgeben, wieder über die Halbinsel umzukehren oder würde er in der Fähre Platz nehmen, um die Meerenge von Jenikaleh zu überschiffen?
    Der Seigneur Keraban hatte sich nach der Fähre begeben. Van Mitten, Ahmet, Bruno und Nizib folgten ihm und wollten ja keinen Vorwand zu der stürmischen Auseinandersetzung geben, welche auszubrechen drohte.
    Auf dem Quai blieb Keraban ziemlich lange stehen, um sich überall umzusehen.
    Seine Begleiter hielten an.
    Keraban betrat die Fähre.
    Seine Gefährten thaten dasselbe.
    Keraban stieg in den Wagen.
    Die Anderen kletterten augenblicklich hinter ihm drein.
    Dann wurde die Fähre von ihren Tauen gelöst, sie stieß ab, und die Strömung trieb sie nach der entgegengesetzten Seite.
    Keraban sprach kein Wort und Jedermann ahmte sein Stillschweigen nach.
    Das Wasser war zum Glück sehr ruhig und die Fährleute hatten keine Mühe, das Fahrzeug in gewünschter Richtung fortzubewegen, einmal mit Hilfe langer Stangen und dann wieder mit breiten Schaufelrudern, je nachdem die Tiefenverhältnisse es erheischten. Dennoch war ein Unfall dabei ziemlich nahe.
    Eine übrigens leichte, durch den südlichen Theil der Bai von Taman abgelenkte Strömung hatte die Fähre schräg erfaßt. Statt an der Landspitze anzulegen, drohte damit die Nothwendigkeit, bis zum Grunde der Bai zu fahren, oder mit anderen Worten fünf Seemeilen statt einer zurückzulegen, und der Seigneur Keraban, dessen Ungeduld immer deutlicher wurde, konnte vielleicht gar den Befehl geben, wieder nach rückwärts zu fahren.
    Die Bootsleute aber, denen Ahmet vor der Einschiffung einige Worte zugeflüstert – in denen der Lockruf Rubel wiederholt vorkam – manövrirten so geschickt, daß sie noch Herren der Fähre blieben.
    So landeten denn, eine Stunde nach der Abfahrt aus Jenikaleh, Reisende, Pferde und Wagen an jenem südlichen Pfeil, der russisch Jujnaïa-Kossa genannt wird.
    Der Wagen gelangte ohne Schwierigkeit auf festen Grund und Boden und die Fährleute erhielten eine beträchtliche Summe Rubel ausgehändigt.
    Früher bildete dieser Pfeil, diese Landzunge, zwei Inseln und eine

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