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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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nichts ausrichten konnten, ritten sie einen Bogen und verschwanden wieder in der Senkung.
    Jardin wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Gott sei Dank«, sagte er. »Das ging wenigstens ohne Verluste ab. Ob sie wohl nochmals kommen?« »Da sind sie schon«, schrie Ojo und legte an. »Maldito, die Schufte kommen jetzt zu Fuß und weit zerstreut! Das kann gefährlich werden!«
    Michel versuchte sich ein genaues Bild von der Lage zu machen. Zu seinem Schrecken sah er die Soldaten sorglos hinter den Felsen und großen Steinen liegen. Sie ahnten nicht, daß sie von den Feinden auf einfachste Art und Weise umgangen werden konnten. Wenn nicht in den nächsten Minuten ein Wunder geschah, dann war es um die meisten dieser unvorsichtigen Leute geschehen. Schuld daran allein trug der Teniente, der unbedingt demonstrieren wollte, daß er über spanische Soldaten als spanischer Offizier den absoluten Befehl habe. Es scheint in jeder Armee der Welt und zu allen Zeiten solche Offiziere gegeben zu haben. Michel sagte zu Deste:
    »Carlos, es bleibt uns nichts weiter übrig, als einen Ausfall zu Pferde zu machen und wie ein Ungewitter über die Janitscharen zu kommen. Sonst geht es uns allen an den Kragen. Sag Bescheid, daß sich die ändern zu den Pferden begeben sollen. Ich werde hier noch ein wenig schießen, damit wir nicht zu früh unsere Absicht verraten. Betet ein Vaterunser. Es könnte unter Umständen das letzte sein.« Deste nickte und gab die Botschaft weiter.
    »Ihr bleibt natürlich hier, Marina«, befahl Michel. »Für Frauen ist ein Kavallerieangriff nicht das Geeignete«, versuchte er zu scherzen.
    »Seit wann seid Ihr so besorgt um mich? Sagtet Ihr nicht oft, ich solle zur Hölle gehen? Nun, jetzt ist dazu die beste Gelegenheit.«
    »Macht keine Dummheiten«, warnte Michel. »Ich möchte nicht, daß es nachher heißt, Ihr wärt durch meine Anweisung in den Tod gejagt worden.«
    »Ich möchte den sehen, dessen Anweisung mich in meiner Handlungsweise beeinträchtigen würde. Ich reite mit.«
    Michel zuckte die Achseln.
    »Tut, was Ihr nicht lassen könnt!«
    Marina war schon verschwunden.
    Michel schoß noch einigemal Dann zog auch er sich zu den Pferden zurück. Marina, Hawbury, Guillermo, Ojo, Jardin, Deste, Porquez und die beiden Araber waren aufgesessen. Michel sprang in den Sattel.
    Dann faßte er die Flinte beim Kolben, begann plötzlich zu pfeifen und ritt wie der Sturmwind los. Die anderen neun folgten ihm.
    Sie fegten auf den dichtesten Haufen der zu Fuß Angreifenden zu.
    Die Feinde hielten erschrocken inne, als sie die höllischen Triller hörten, die der Rasende an der Spitze der Reiter ausstieß. Sie stoben auseinander. Weiter ging der Sturmritt, dorthin, wo die Pferde der Gegner standen.
    Man hatte sie erreicht und machte sich jetzt daran, sie auseinanderzutreiben. Da stieß Deste einen erschrockenen Ruf aus:
    »Dort!---Eine ganz neue Janitscharenabteilung! Seht doch! Reguläre Kavallerie des Daj.«
    Zum Fliehen war es zu spät.
    Michel hatte dem einen der niedergeschlagenen Pferdewächter den Säbel entrissen. Eine unheimliche Wut packte ihn. Lieber tot als zurück in die Steinbrüche, dachte er. »Drauf!« schrie er und sprengte mit geschwungenem Säbel den anrückenden Reitern entgegen. Die anderen wurden unwillkürlich von ihm mitgerissen. Dicht hinter ihm ritt Marina. Neben ihm Ojo.
    Es war Wahnsinn. Die heransprengende Abteilung war mindestens fünfundzwanzig Mann stark.
    Fünfundzwanzig bis an die Zähne bewaffnete Janitscharen gegen zehn ausgehungerte, entkräftete Sträflinge, die nichts als ihre Gewehrkolben hatten.
    Jetzt prallten sie aufeinander. Michel schlug um sich wie ein Rasender. Marina hatte dem ersten von seiner Hand Gefallenen den Säbel genommen und war dicht auf Michels Fersen. Da sah sie, wie einer der Reiter Raum zu gewinnen suchte, um sich an den »pfeifenden Teufel« heranzuarbeiten. Er hatte ihn sofort als den Gefährlichsten erkannt. Fuß um Fuß kam er dem ahnungslosen Michel näher.
    Jetzt war er nur noch eine Elle außer Reichweite. Noch ein Stück.
    »Miguel!« schrie Marina entsetzt auf. Es war das erstemal, daß sie ihn wieder bei seinem Vornamen nannte.
    Aber er hörte nicht.
    Da packte Marina den erbeuteten Säbel und stieß ihn ihrem eigenen Tier in die Hinterhand. Das Pferd bäumte sich auf und raste geradeaus, direkt auf den Janitscharen zu, der es auf Michel abgesehen hatte. Im allerletzten Augenblick, der Kerl hatte schon zugeschlagen, durchbohrte ihn die

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