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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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Stimme.
    »Weshalb seid Ihr so schweigsam?«
    Der Mann hielt plötzlich sein Pferd an, beugte sich zu dem Mädchen hinüber und nahm es in die Arme.
    Erschrocken stieß sie ihn zurück.
    »Ihr seid kein Gentleman. Wie könnt Ihr es wagen, eine Dame zu belästigen?« Da lachte der junge Mann herzhaft auf und sagte:
    »Schwesterchen, sei nicht kratzbürstig. Du wirst doch deinem Bruder einen Kuß geben? Oh, wie ich froh bin, daß wir dich aus diesem vermaledeiten Loch herausgeholt haben.«
    »Steve!« schrie Isolde auf. »Steve — — Steve — — bist du es wirklich?«
    »Na, hör mal, wozu soll ich dir etwas vorflunkern, Isolde? Ich bin es, so wahr mein Vater einen hartnäckigen Kopf hat, mit dem er mich unbedingt mit einer reichen Amerikanerin verheiraten wollte. Weißt du das nicht mehr, Schwesterchen?«
    »Oh, Steve — — du glaubst ja nicht, wie glücklich ich bin! Ich bin so schrecklich allein gewesen die ganzenMonate hindurch, seit man mich von Vaters Seite gerissen hat.« Sie stieg vom Pferd.
    »Sei nicht dumm. Kleines, wir müssen weiter. Hier können wir unmöglich rasten. Wissen wir, ob die Sache für unsere Freunde in Algier gut ausgegangen ist? Wenn nicht, dann wird es höchste Zeit, daß wir Boden gewinnen. Komm, sitz auf!«
    Bald trieben sie die Pferde zu neuem Galopp an. Sie hatten noch gut fünfzehn Meilen vor sich bis zur Nordspitze des Kap Matifu.
    Im Morgengrauen erreichten sie endlich die See und ritten im ersten Sonnenschein am hellen Ufer dahin. Gegen Mittag war das Ziel, die Landspitze, erreicht. Sie stiegen von den Pferden und ließen sich erschöpft hinter einer Düne nieder.
    Stundenlang mochten sie so gelegen und geschlafen haben, als Steve Hawbury erschrocken emporfuhr. Irgend jemand hatte ihn an der Schulter gerüttelt. Die Sonne stand schon tief im Westen.
    »Ich hoffe, Ihr habt ausgeschlafen, Steve«, sagte eine muntere Stimme.
    Michel stand mit seinem Begleiter vor ihm. Ojo grinste und zeigte sein schneeweißes Gebiß. Er verstand ja kein Wort Englisch.
    Die völlig erschöpfte Isolde schlief wie tot. Es bedurfte einiger energischer Versuche, bis sie endlich zu sich kam und vollends wach wurde.
    »Seid ihr ausgeruht?« wandte sich Michel an die beiden Geschwister.
    Sie nickten.
    »Gut denn! Reiten wir. Ich nehme an, daß wir die »Trueno« morgen abend erreichen werden.«

17
    Nachdem sich Michel und Ojo von ihren übrigen Begleitern getrennt hatten, um gemeinsam mit dem jungen Hawbury dessen Schwester zu befreien, nahmen Kapitän Porquez, der kleine Alfonso Jardin, der seiner Herrin hündisch ergebene Guillermo und die beiden Araber unter Marinas Führung Richtung nach Nordosten, wo an der Küste die spanische Korsarengaleone ankerte.
    Sie ritten unentwegt; denn sie wollten das unsichere Land, wo aus allen Ecken und Winkeln Gefahren drohten, so schnell wie möglich hinter sich bringen.
    Porquez war sehr schweigsam, denn er hatte keine Lust, sich in irgendeiner Weise mit Marina anzufreunden. Er konnte nicht vergessen, daß sie es gewesen war, die seine ehemals so festgefügte Mannschaft gegen ihn aufgebracht und sich selbst zur Herrin des Schiffes gemacht hatte.
    Zwar hatte der anfängliche Groll etwas nachgelassen. Er war Mann genug, um zuzugeben, daß er heute nicht mehr leben würde, wenn Marina nicht das Wagnis ihrer Befreiung aus den Steinbrüchen von El Mengub auf sich genommen hätte. Andererseits aber sagte er sich, daß sie nie nach El Mengub gekommen wären, hätte die tolle Gräfin nicht jene Meuterei angezettelt. Ähnliche Gedanken hegte wohl auch Jardin. Seine Schweigsamkeit war um so auffälliger, als er sich sonst gern stundenlang unterhielt.
    Guillermo kümmerte sich nur um das Wohlergehen Marinas. Anderes schien ihm nicht am Herzen zu liegen. Die Gräfin hätte ihn wahrscheinlich mitten in die Hölle schicken können — er wäre ohne Bedenken gegangen.
    Die beiden Araber unterhielten sich über ihre Zukunft. Da sich Abu Hanufa nicht mit den anderen verständigen konnte, wenn sein Steuermann nicht den Dolmetscher spielte, verzichtete er trotz seines lebhaften Temperaments auf jede Unterhaltung mit den Spaniern. Ibn Kuteiba betrachtete ihn immer noch als seinen Vorgesetzten und behandelte ihn auch so. Am Morgen des Tages, als Marina glaubte, in wenigen Stunden die Küste zu erreichen, fragte sie Kapitän Porquez unvermittelt:
    »Sagt, Senor Porquez, wie wird Euch zu Mute sein, wenn Ihr jetzt die »Trueno« wiedersehen werdet?«
    Dem Alten traten die Augen aus den

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