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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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Höhlen. Diese Frage hatte er sich selbst schon mehr als einmal gestellt. Aber über die Gefühle, die er in dieser Hinsicht hegte, ausgerechnet mit Marina zu sprechen, war denn doch eine unerhörte Zumutung. Er biß sich auf die Lippen, daß sie weiß wurden, und schwieg.
    Aber die Gräfin respektierte sein Schweigen nicht. Mit einem schnellen Blick schätzte sie ihn ein.
    »Seid Ihr nicht ein wenig zu empfindlich?« fragte sie wieder, »Ihr hättet jetzt ebensogut tot sein können, statt mit mir an die Küste zu reiten.«
    »Schweigt«, schrie sie der Kapitän wütend an, »schweigt, wenn Ihr noch einen Funken Gefühl im Leibe habt.«
    Achselzuckend wandte Marina sich ab. Sie würde ja sehen. Insgeheim hatte sie befürchtet, daß die Mannschaft vielleicht von Reue gepackt werden könnte, wenn sie den Alten wiedersah. Aber hatten die Leute ihr nicht tausend Beweise der Anhänglichkeit, ja fast der Liebe, gegeben? Jardin warf Marina finstere Blicke zu. Guillermo sagte zwar nichts; aber er wachte ängstlich, daß nicht plötzlich einer der beiden die Beherrschung verlieren und ihr ein Leid antun könnte.
    So ritten sie in gespannter Stimmung ihres Weges.
    Gegen Mittag verhielt Marina die Zügel. Sie befanden sich am Anfang eines Hohlweges. »Wenn wir diesen Weg durchritten haben, liegt das Mittelmeer vor uns«, sagte sie mit einem frohen Ton in der Stimme.
    »Der Hohlweg verläuft ins offene Gestade. Und dort ankert die »Trueno«.Auf, verlieren wir keine Zeit!«
    Ibn Kuteiba übersetzte Abu Hanufa die Worte. Dessen dunkle Augen strahlten bei der Aussicht, in Kürze wieder Planken unter die Füße zu bekommen. Mit nervösen Händen fuhr er sich ein paarmal durch den struppigen Bart.
    Sie ritten in den Hohlweg ein. Er schlängelte sich wie eine enge Paßstraße durch den letzten Ausläufer des Gebirges.
    Als sie eine der nächsten Biegungen erreicht hatten und gerade um die Ecke reiten wollten, scholl ihnen in spanischer Sprache ein »Halt!« entgegen.
    »Was gibt es? Wer seid Ihr?« fragte Marina erstaunt. Sie hatte keinen Befehl gegeben, diesen Durchgang zur Küste zu bewachen. Ohne daß sich der Sprecher zeigte, erscholl seine Stimme wieder:
    »Reitet keinen Schritt weiter, wenn euch euer Leben lieb ist. Wir schießen sofort. Sagt uns eure Namen. Andernfalls müßt ihr umkehren.«Marina gab ihrem getreuen Guillermo einen Wink. Der antwortete für sie:
    »Wir gehören zur Besatzung des Schiffes, das weiter vorn in der Bucht ankert. Nun sagt endlich, was Ihr von uns wollt?«
    Wieder ließ sich eine harte Stimme vernehmen, in der sogar ein wenig Überraschung mitklang:
    »Ah! Dann seid ihr die Richtigen. Auf euch haben wir bereits gewartet. Ist die Frau dabei, eine gewisse Marina de Villaverde y Bielsa oder so ähnlich?«
    Guillermo blickte seine Herrin fragend an. Marina überlegte einen Augenblick.
    Da sahen sich die Ankömmlinge auch schon von acht Männern umringt, die ihre Gewehre im Anschlag hielten.
    »Hola«, grüßte einer der Männer, »da ist ja unsere holde Kapitänin! Wir haben Glück gehabt, amigos, daß wir gleich beim erstenmal die Richtige erwischten.«
    Marinas Augen weiteten sich vor Schreck. Sie erkannte den Sprecher. Es war Jose von der Besatzung. Die anderen waren ihr fremd. Sie konnten nicht von der »Trueno« stammen. Krampfhaft überlegte sie, woher diese Männer gekommen sein mochten. Da entdeckte sie, daß die meisten von ihnen Fetzen ehemaliger spanischer Uniformen trugen. Demnach konnten es nur flüchtige Soldaten der geschlagenen Armee sein.
    Marina riß sich zusammen. Mit freundlicher Stimme wandte sie sich an Jose: »Buenos dias, amigo, ich freue mich, dich bereits hier zu unserem Empfang begrüßen zu können. Hat dich Senor Virgen vorausgeschickt, um uns sicher zum Schiff zu geleiten? Wer sind diese Männer hier, die ich nicht kenne?«
    »Viele Fragen auf einmal, muchacha [3] «, meinte Jose in respektlosem Ton. »Ich glaube, es lohnt sich nicht, sie alle zu beantworten«. Er wandte sich an seine Leute: »Bindet die Frau, aber nicht zu fest, daß ihre zarten Handgelenke nicht zerbrechen.«
    Einer der Burschen wollte dem Befehl nachkommen. Da aber schnellte Guillermo dazwischen und stürzte sich auf ihn.
    »Geh zur Hölle, tramposo, und rühre diese Frau nicht an, wenn du noch ein wenig am Leben bleiben willst!«
    Jardin und Porquez waren viel zu überrascht, um an Hilfe für die Gräfin zu denken. Und bevor Ibn Kuteiba seinem Kapitän die Szene verdolmetscht hatte, vergingen kostbare

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