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Kerrion 3 - Traumwelt

Kerrion 3 - Traumwelt

Titel: Kerrion 3 - Traumwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Hinsetzen und Mittrinken aufforderte. Ein Bück aus seinen unruhigen Augen mußte genügen, den Äthiopier ins Haus und an den großen
    Eisschrank mit den Getränken zu beordern, denn inzwischen hatte das Telephon an Souads Brust gezittert. Er wollte in seiner Rastlosigkeit immer an mehreren Orten zugleich wirken.
    Neben ihm saß eine Frau mit blonder Löwenmähne, einer Allonge-Perücke des siebzehnten Jahrhunderts ähnlich, die herabstürzenden dicken Locken ließen der spitzen Nase kaum genug Raum, aus ihnen hervorzustoßen. Souad hatte das Telephongespräch schnell und ungeduldig abgebrochen. Man schien am anderen Ende der Leitung nicht sofort gehorchen zu wollen. Jetzt übernahm er die Vorstellung.
    »Das ist Monsieur Hans.« Die Löwenmähnen-Dame sagte: »Ich bin die Barbara.«
    Erfreulich war es dem jungen Mann nicht, dies »Monsieur Hans«. Er fühlte, daß es ein Fehler war, sich so früh schon von Souad auf seinen Vornamen reduzieren zu lassen. Er war dann aber doch bereit, bei einem Ausländer, auch wenn der flüssig und mühelos und beinahe akzentfrei deutsch sprach, die Schwierigkeit in Rechnung zu stellen, sich einen langen Nachnamen mit ungewöhnlicher Buchstabenfolge zu merken. Man kann eine fremde Sprache bekanntlich vorzüglich beherrschen und kommt dennoch der Natur der einzelnen Wörter nicht näher, weil man deren Genese und Wurzeln nicht kennt und weil deren Umfeld und Stimmung einem unbekannt geblieben sind. Frau von Klein hatte ihrer Tochter mitgeteilt, daß sie den Namen Hans einfältig finde, sie gebrauchte den englischen Ausdruck »plain«, darin war auch das abschließende Urteil über den Träger eines solchen Namens enthalten. Ina hatte ihm versichert, daß es ihr gleichgültig sei, wie ihre Mutter über den Namen Hans denke, denn er sei der einzige Hans in ihrem Leben, tatsächlich sei sie niemals zuvor einem Träger dieses an sich häufigen Namens begegnet, und nun habe er diesen Namen derart mit seiner Person gefüllt, daß Überlegungen, wie vorteilhaft »Hans« klinge, gar nicht mehr aufkommen könnten, und er glaubte ihr. Aber eine Scharte in seinem Selbstgefühl hatte Frau von Klein doch hinterlassen. Jetzt im Hinterhof von jedermann Hans genannt zu werden und diesen Namen freudig-ironisch ausgesprochen zu hören, machte ihn befangen, als sei er in Wirklichkeit gar kein Hans, als segle er hier unter der Flagge eines unpassenden Pseudonyms.
    Große Harmonie war dem Kreis im Hinterhof übrigens nicht anzumerken. Ein Mann war betrunken und mischte sich in die Gespräche ein, wurde aber stets abgewiesen und mißachtet und manchmal auch bös angefahren - diesen Part über nahm Souad -, worauf er dann ein Weilchen leise brabbelnd wieder in den Hintergrund trat, dort aber von dem Äthiopier fleißig und mit nichtssagender Miene bedient wurde. Souad hatte mit Barbara zu schimpfen, was sie aber nicht weiter ernst zu nehmen schien, sie lachte auf seine Vorwürfe. Im Schatten saß eine Dame, die gar nicht hierher paßte, so streng und würdig sah sie aus; aber ihre Miene mit ausdrucksvollen, beweglichen Augen bewies, daß sie jedem Wort mit höchster und ernster Aufmerksamkeit folgte. Ihr Haar war rabenschwarz, wie es das in ihrem vorgerückten Alter natürlicherweise nicht mehr sein konnte, und mit Kämmen zu einer altmodischen Frisur hochgesteckt. Sie war so mager wie die Herzogin von Windsor, die Knochen des Gesichts und der Hände traten vor in jener erbarmungslosen Eleganz, die der Nordmensch mit dem Typus der spanischen Hofdame alten Stils verbinden mag, einer allwissenden, alles verschweigenden, alles bedenkenden
    Duena höchsten Niveaus. Auch ihr Kleid war bemerkenswert: übermäßig großgeblümt in oliv und schwarz, von erhabener Trostlosigkeit, ein Seidenkleid mit kleinem, gleich gemusterten Bolerojäckchen, das in keinem Geschäft der Erde mehr hätte erworben werden können, ein echtes Hausschneiderinnen produkt levantinischer Damengesinnung und kolonialer Rückständigkeit. Die Dame hatte ihren vor fünfzig Jahren weit weg von Deutschland entwickelten Stil kompromißlos bewahrt und trotzte in ihrer Haltung aller Zufälligkeit, die sie nun in diesen Hinterhof verschlagen hatte. Sie hätte in Kairo auf einem vergoldeten »Louis-Quinze-Fantaisie«-Thron nicht anders den Tee getrunken. Für sie nämlich bereitete der Äthiopier Tee, die Tasse mit dem Teebeutel stand auf der Buntsandsteinfensterbank eines Parterre-Fensters.
    Souad sagte in eigentümlich wegwerfendem Ton, bei Hans

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